Warum mit Windrädern den Spessart zerstören?

Leserbriefe
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"Warum mit Windrädern den Spessart zerstören?", fragt VORSPRUNG-Leser Heinz Josef Prehler, der auch 2. Vorsitzender des Vereins „Gegenwind Bad Orb e.V.“ ist, und meldet sich mit einem Leserbrief zu Wort.



"In Flörsbachtal und im Jossgrund versuchen die Verantwortlichen mit aller Kraft noch vor Ende Februar, also innerhalb der Winterzeit in der Waldrodung zulässig ist, rechtzeitig eine Baugenehmigung für Windkraftanlagen zu erhalten. Werden die Windmühlen gebaut, so ist ein Windpark an der hessisch-bayrischen Grenze von über 25 Windkraftanlagen zu erwarten. Jedes dieser Industrieriesen ist 200 m hoch, benötigt rund 0,5ha Fläche, welche dauerhaft nicht aufgeforstet wird, erzeugt Lärm und Schattenwurf, schreddert im wahrsten Sinn des Wortes die wertvolle Biodiversität und in der Nacht wird die Landschaft zusätzlich großflächig durch grell leuchtende, rote Warnleuchten befeuert. Die Anlagen an den Vier Fichten sind ein abschreckendes Beispiel.

Man fragt sich, ob die übereilten industriellen Baumaßnahmen in den Gemeinden Flörsbachtal und Jossgrund der Energiewende Deutschlands förderlich sind. Schließlich liegen die beiden Gemeinden im Spessart, dem größten Mischlaubwaldgebiet Deutschlands, einem ökologisch höchst wertvollem Gebiet. Werfen wir doch mal einen Blick auf das Ganze: Die Energiewende in Deutschland soll dazu dienen, ohne Kernkraftwerke auszukommen und das Treibhausgas Kohlendioxid CO₂ maßgeblich zu reduzieren. Gesetzlich ist die Abschaltung der Kernkraftwerke bis spätestens Ende 2022 festgelegt.

Wie steht es mit der CO₂ Einsparung und deren Auswirkung? Die globalen Treibhausgas-Emissionen aus CO₂ im Jahr 2011 betrugen 31 Milliarden Tonnen. Diese Menge verteilt sich auf China mit 29%, USA 16%, EU 11%, Indien 6%, Russland 6%, alle anderen Länder teilen sich die verbleibenden 32%. Deutschland erzeugte 0,8 Milliarden Tonnen, also ca. 2,6% des Weltaufkommens. Zu dieser CO₂ Menge trugen Kraftwerke mit fossilen Energieträgern ca. 40% bei. Der größere Rest von ca. 60% kommt von Verkehr, Gewerbe, Industrie, Haushalte und sonstigem. Die Stromerzeugung in Deutschland trägt also mit ca. 1% zur weltweiten CO₂ - Erzeugung bei. Weltweit nehmen diese Emissionen derzeit mit ca. 3%, d .h. mit etwa eine Milliarde Tonnen pro Jahr zu, erzeugt hauptsächlich in den Schwellenländern wie China (2010 – 2012 Zunahme 9%) und Indien.

Nimmt man die globalen und deutschen Emissionswerte für CO₂ zur Kenntnis, so muss man feststellen, dass alle möglichen Maßnahmen in Deutschland die weltweite Zunahme dieses Treibhausgases nicht verhindern werden. Egal ob wir mehr oder weniger oder gar keine konventionellen Kraftwerke einsetzen. Ein zu starker Abbau der Kohlekraftwerke wird unsere Stromversorgung gefährden. Es ist nun einmal Realität, dass eine dem Klima nützliche Reduzierung von Kohlendioxid nur von Schwellenländern wie China und Indien und bei Industriestaaten auch von den USA ausgehen muss. Deutschland will Vorbild in der Klimapolitik sein. Das hat erst vergangene Woche die Bundeskanzlerin in ihrer Regierungserklärung uns zu gerufen. Nur, wer glaubt daran? Medienberichte und eigene Erfahrungen zeigen das Gegenteil. 'Das können sich nur die reichen Deutschen erlauben', ist noch einer der milderen Kommentare.

Nähmen die Entscheidungsträger die ursprünglichen Ziele der Energiewende ernst, würden sie dafür sorgen, dass Stromerzeugung aus regenerativen Quellen mit dem tatsächlichen Strombedarf in etwa im Gleichklang liegen. Da Windkraftanlagen aber nur Strom liefern, wenn Wind weht und Photovoltaikanlagen nur, wenn die Sonne scheint, braucht man Speicher zur Überbrückung der wind- und sonnenarmen Zeiten. Selbst die leistungsfähigsten Batterietypen sind – auch in überschaubarer Zeit – technisch bei weitem nicht ausgereift, um auch nur kurzzeitig in maßgeblichem Umfange als Speicher zu dienen. Obwohl die Elektrolyse von Wasser und die Weiterverarbeitung zu Wasserstoff und Methan schon lange bekannt sind, wird auch diese Methode in den nächsten Jahren nicht in großem Maßstab zur Speicherung von Energie bereitstehen. Steigt die Stromerzeugung aus regenerativen, aber sehr schwankungsanfälligen Quellen wie Wind und Sonne über ca. 40%, wird man ohne effiziente Speicher ernsthafte Probleme mit einer zuverlässigen Stromlieferung bekommen. Die Energiewende, für viele ein Sprungbrett in eine ökologische Zukunft, wird nicht in Deutschland entschieden und Deutschland wird mit den hohen Zusatzkosten und seiner Planwirtschaft auch kein Ansporn für andere Länder hergeben.

Kommen wir zum Schluss wieder in unsere Heimatregion zurück. Mit Bezug auf die ursprünglichen Ziele der Energiewende kann nur der Schluss gezogen werden, dem derzeitigen Treiben Einhalt zu gebieten. Das bedeutet, dass bis zum Vorliegen eines schlüssigen Gesamtkonzeptes „Erneuerbare Energien“ der weitere Wildwuchs von Windkraftanlagen gestoppt werden muss. Besinnen wir uns auf die Stärken unserer Region, welche nicht die Landschaft zerstören; z. B. Tourismus, Naherholungsgebiet für das Rhein-Main gebiet, mittelständige Betriebe.

Den eigentlichen Zielen der Gemeindeverantwortlichen ist damit allerdings nicht Rechnung getragen, nämlich ihre klammen Gemeindekassen aufzufüllen. Dieses Thema übersteigt diesen Artikel und ist wert separat behandelt zu werden. Jedoch sei noch folgende Bemerkung erlaubt: Wir zahlen im Durchschnitt mehr als 50% unseres Einkommens an Steuern. Warum nur werden gerade die Kommunen, deren Leistungen den Bürgern unmittelbar zugute kommen, am schlechtesten mit Steuermitteln versorgt und müssen hauptsächlich von den Tröpfen, welche von Kreis, Land und Bund notdürftig bespeist werden, existieren?"

Heinz Josef Prehler
2. Vorsitzender Verein „Gegenwind Bad Orb e.V.“
Salmünsterer Straße 7
63619 Bad Orb

Hinweis der Redaktion: Die Redaktion behält sich vor, Leserbriefe zu kürzen oder nicht zu publizieren. Online eingesandte Leserbriefe werden nicht direkt veröffentlicht, sondern zuerst von der Redaktion geprüft. Leserbriefe sind immer mit dem Namen und der Anschrift des Autors zu versehen und spiegeln die Meinung des oder der Autoren wider. Die E-Mail-Adresse zur Einsendung von Leserbriefen lautet Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!


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