Offener Brief von Landrat Pipa an die CDU Biebergemünd

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Landrat Erich Pipa antwortet mit einem offenen Brief auf die Vorwürfe von Franz-Karl Stock, CDU-Fraktionschef im Biebergemünder Gemeindeparlament, zum Thema Windkraft im Main-Kinzig-Kreis.



"Sehr geehrter Herr Stock, das Thema Energiewende elektrisiert die CDU schon seit jeher, ob auf Bundes-, Landes- oder eben kommunaler Ebene. Das ist gut so! Diesen Feuereifer wünsche ich mir, er sollte aber der Sache angemessen sein.

Dass Sie eine fachlich fundierte Abstimmung in Biebergemünd erlebt haben, begrüße ich. Das ist für Sie als Kommunalpolitiker wichtig, schließlich sollen Sie ja auch fachlich fundiert Stellung zum Thema Windkraft nehmen. Ich kann Ihnen versichern: Fachlich fundiert war auch die Stellungnahme innerhalb der Kreisverwaltung, und zwar mit Blick auf das gesamte Kreisgebiet. Sämtliche Vorgaben von artenschutzrechtlicher Art über die Auflagen der Flugsicherung – höhere Abstände als im Kriterienkatalog vorgegeben! – bis hin zum Mindestabstand von 1000 Metern zu Siedlungsflächen haben wir eingehalten. Und wir setzen uns dafür ein, dass die Bedenken und Anregungen aus den Kommunen berücksichtigt werden. Das habe ich im Kreistag deutlich gemacht und so steht es auch in dem Papier, das der Kreistag verabschiedet hat. Übrigens war dies ein Beschluss, für den nicht nur die Koalition aus SPD, Grünen und FWG gestimmt hat, sondern unter anderem auch die CDU. Insofern fußt die Stellungnahme des Main-Kinzig-Kreises auf ebenso breiter politischer Basis. Halbwissen offenbart, wer all das ausblendet.

Die Zwei-Prozent-Marke bei den Windvorrangflächen ist in der Tat eine politische Vorgabe. Es hätten auch drei, vier, fünf oder nur ein Prozent sein können. Die Zahl ist die Vorgabe aus dem Energiegipfel unter Federführung der CDU-Landesregierung an die Regionalversammlungen. Sie gilt auch als Ziel für den Main-Kinzig-Kreis. Wenn es mehr werden, dann liegt das an unseren wahrlich günstigen Bedingungen. Niemand fordert aber, dass zwei Prozent in jeder Kommune für Windkraft vorgehalten werden muss. Darauf lief im Übrigen auch weder die Stellungnahme des Kreises zum Sachlichen Teilplan Erneuerbare Energien noch meine Rede im Kreistag hinaus. Die Flächen, die Windvorrangflächen unter Berücksichtigung aller Vorgaben und Auflagen werden können, haben wir im Plan belassen. Damit liegen wir mit rund 5070 Hektar bei mehr als drei Prozent möglicher Windvorrangfläche, auf die gesamte Fläche des Main-Kinzig-Kreises bezogen.

Die Diskussionen in den einzelnen Kommunen entwickeln sich ganz unterschiedlich. Und ich weiß aus der jahrelangen Kontroverse rund um die Windanlagen in Schöneck, dass sich Meinungsbilder auch sehr schnell ändern. Heute bezweifelt selbst in der Gemeindevertretung in Schöneck niemand mehr ernsthaft den Nutzen der Windenergie. Im Gegenteil: Die Erträge für die Gemeindekasse sowie der sichtbare Beitrag zur Energiewende und den Klimaschutz werden selbst von Christdemokraten gelobt. Sie werfen mir „dumpfen Legalismus“ vor. Was, wenn nicht das geltende Recht, sind die Leitlinien bei der Beurteilung von Windvorrangflächen, auf die sich Politik, Bürger, Naturschützer und viele andere auch beziehen? Über Gegenargumente wie „Verspargelung der Landschaft“ oder die Kategorie ‚schön/hässlich‘ sollten wir doch mittlerweile hinweg sein.

Von Wildwuchs lässt sich für den Main-Kinzig-Kreis nun wirklich nicht reden. Sie führen die Diskussion auch in eine völlig falsche Richtung. Wir sollten darüber reden, warum die Energiewende in diesem Land so langsam vorankommt. Wir sollten über fehlgeleitete Investitionsanreize diskutieren – übrigens auch in den Jahrzehnten vor der ersten rot-grünen Bundesregierung. Da sind noch Hausaufgaben für den Bund und das Land zu erledigen. Unsere Aufgabe im Kreis und in den Kommunen ist es, nach unseren Möglichkeiten die Energiewende voranzutreiben. Das tun wir im Main-Kinzig-Kreis. Wir tun das im Einklang mit geltendem Recht und laden alle Bürgerinitiativen und politischen Interessensgruppen dazu ein, sich ebenfalls an diesem Prozess zu beteiligen – kritisch, aber konstruktiv.

Gestatten Sie mir noch einen Hinweis auf die persönliche Ansprache im Rahmen meiner Kreistagsrede. Sie werfen mir vor, ich ginge auf die Diskussionen und Bedenkenträger in Biebergemünd nicht ein. Mit der Kritik an meiner direkten Anrede werfen Sie mir, DASS ich reagiere. Denn die Zwischenrufe gingen von der Empore des Barbarossasaals aus, während meiner Rede, und zwar von Personen der CDU Biebergemünd. Da ich die entsprechenden Personen kenne, habe ich auf ihre lautstarken Kommentare reagiert.

Ich wünsche Ihnen: Bleiben Sie so elektrisiert und emotional beim Thema Energiewende. Verwenden Sie Ihre persönliche Energie aber hin und wieder auch der Frage, welchen Beitrag wir alle – inner- und außerhalb der Grenzen Biebergemünds – zur Energiewende leisten müssen."

Erich Pipa
Landrat des Main-Kinzig-Kreises

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