Hochwasser: „Anstrengend, aber Stimmung ist gut“

Blaulicht
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Die Arbeit der Helfer aus dem Main-Kinzig-Kreis im Hochwassergebiet an der Elbe war am Sonntagabend auch erstmals im Fernsehen zu sehen. Der ARD-Brennpunkt zeigte Feuerwehrleute aus Schlüchtern bei der Absicherung eines Trafohäuschens in Mühlberg. Seit Samstag sind zirka 190 Männer und Frauen von Feuerwehr, THW, DLRG, Malteser Hilfsdienst und DRK aus dem gesamten Kreisgebiet entlang der Elbe im Einsatz.



Der Fernsehbericht verdeutlichte, wie intensiv die heimischen Helfer in die dortige Katastrophenhilfe integriert sind. Und auch die Zusammenarbeit mit der Bundeswehr klappt gut. Als nicht mehr genügend Sandsäcke für die Feuerwehrkameraden aus Schlüchtern zur Verfügung standen, sorgten die Soldaten für Nachschub und halfen auch gleich bei der Absicherung des Trafohäuschens mit. 600 Sandsäcke mussten schließlich bewegt werden, da aus der Kanalisation dringende Wassermassen die Station zu fluten drohten.

„Die Kommunikation geht nur über Faxe und E-Mails, telefonieren ist schwierig“, laufen bei Michael Trapp von der Einsatzleitstelle des Main-Kinzig-Kreises die Statusmeldungen aus der Hochwasserregion ein. Die Mitteilungen seien kurz und knapp, oberste Priorität hat natürlich die Arbeit an den Dämmen und Deichen. Alle Helfer aus dem Main-Kinzig-Kreis sind in einer Turnhalle in Beyern untergebracht, Einsatzort ist die vom Hochwasser bedrohte Stadt Mühlberg.

Als Betreuungszug im Verband Main-Kinzig sind DRK-Kräfte aus Rothenbergen, Lieblos, Großauheim, Nidderau sowie Mernes/Jossgrund sowie die Malteser Hilfsdienste aus Hasselroth und Mernes im Einsatz. „Wir kümmern uns um die Verpflegung und die Hygieneeinrichtungen für die Kollegen der Feuerwehr, der DLRG und des Gefahrenabwehrzentrums“, schreiben die Katastrophenhelfer aus Rothenbergen auf Facebook. Die Zusammenarbeit im Verband und mit den Kollegen von örtlichem Katastrophenschutz und Bundeswehr klappe super. „Anstrengend, aber Stimmung ist gut“, so der Kommentar. Trotz angespannter Lage an den Deichen ist die Rückkehr der Einsatzkräfte aus dem Main-Kinzig-Kreis für Donnerstag geplant.

Derzeit dauert der Kampf gegen das Hochwasser allerdings weiter an. Die 190 Einsatzkräfte aus dem Main-Kinzig-Kreis, die sich in der Nacht zum Samstag auf den Weg nach Mühlberg in Sachsen machten, haben bereits kräftezehrende Einsätze im Katastrophengebiet hinter sich. „Die Lage ist hier nach wie vor angespannt, auch wenn die Wasserpegel mittlerweile wieder fallen. Unsere Leute arbeiten hart und schlafen wenig, Stimmung und Motivation sind jedoch nach wie vor bestens“, ist Kreisbrandinspektor Markus Busanni von den Einheiten aus dem Kreisgebiet begeistert.

Gegen 15.30 Uhr am Samstag hatten die Helfer aus dem Main-Kinzig-Kreis ihre Unterkunft, eine Turnhalle in Beyern, einem Ortsteil von Falkenberg-Elster, bezogen. Mühlberg ist eine kleine Stadt mit 4.100 Einwohnerinnen und Einwohnern im Landkreis Elbe-Elster. Zweieinhalb Stunden später waren die Männer und Frauen einsatzbereit. Nur kurze Zeit später erhielten die Helferinnen und Helfer ihre ersten Einsatzbefehle und rückten aus.

Die von den Helfern mitgebrachte Sandsackfüllmaschine hatte im Laufe des Sonntags bereits mehr als 10.000 Sandsäcke gefüllt. Der Wasserrettungszug wurde mit der Aufgabe betraut, mehr als 1.000 Sandsäcke per Boot an besonders gefährdete Stellen zu bringen.

Prekär wurde die Lage dann noch einmal am Sonntagabend, als der Deich zu brechen drohte. „Drei Löschzüge von uns waren im Einsatz zur Deichsicherung und verbauten insgesamt mehr als 10.000 Sandsäcke“, berichtet der Kreisbrandinspektor. Bis weit in die Nacht hinein waren die Helferinnen und Helfer im Einsatz und bildeten im Verbund mit der Bundeswehr und anderen Feuerwehren eine knapp 1.000 Meter lange Helferkette. Erst um 3 Uhr nachts fielen die Einsatzkräfte in der rund 30 Minuten vom Einsatzort entfernten Turnhalle in den Schlaf. Nach mehr als acht Stunden im Dauereinsatz waren die Kräfte aufgezehrt.

„Unser Personal ist ganz große Klasse und unser Konzept voll aufgegangen“, resümiert Busanni nach dem Einsatz. Die logistische Bewältigung der Aufgabe sei eine Meisterleistung. Die Logistikfahrzeuge befinden sich quasi im Dauerbetrieb, der Tross aus dem Main-Kinzig-Kreis hat im Zuge des Hilfseinsatzes bereits tausende Liter Treibstoff verbraucht. Der Betreuungszug, der sich um die Verpflegung kümmert, ist ebenso im Dauereinsatz und bereitet am Tag vier Mahlzeiten zu. „Unsere Männer und Frauen müssen bei Kräften bleiben und Kohlenhydrate zu sich nehmen“, erläutert Busanni, der es sich außerdem nicht hat nehmen lassen, am Meldekopf die Flagge des Main-Kinzig-Kreises zu hissen.

Am Montag nach dem Einsatz bedankten sich Mühlbergs Bürgermeistern Hannelore Brendel und Landrat Christian Jaschinski in der Lagebesprechung bei den Einsatzkräften für die Hilfe. Zudem wurde entschieden, die Evakuierung der Stadt Mühlberg am Nachmittag wieder aufzuheben. „Landrat und Bürgermeisterin zollten unserer Arbeit größten Respekt, sie wollen uns gar nicht wieder weglassen“, sagt Busanni. Bei der nächsten Lagebesprechung am Dienstagmorgen wird entschieden, ob und wenn ja wie lange die 190 Fluthelfer aus dem Kreis noch vor Ort bleiben müssen.

Landrat Erich Pipa ist von dem Einsatz der Männer und Frauen aus dem Main-Kinzig-Kreis begeistert. „Jeder Mann und jede Frau vor Ort leisten wertvolle Hilfe. Ich danke allen, die sich im Flutgebiet aufopfern und wünsche mir, dass alle ohne größere Blessuren wieder nach Hause kommen“, unterstreicht der Landrat. Verletzungen gab es bislang nur wenige. Einem Helfer musste im Krankenhaus ein Faden aus dem Auge entfernt werden, ein anderer litt unter Kreislaufproblemen und wurde in der eigenen Unterkunft versorgt.

Wie die Situation vor Ort genau ist, schildert Steffen Frings von der Freiwilligen Feuerwehr Gelnhausen, der am Samstag mit dem Verband Main-Kinzig in Richtung Elbe aufgebrochen ist.

Samstag, 08.06.2013 - Tag 1 - Anreise

04.00 Treffen in Wächtersbach

04.30 Abfahrt nach Mühlberg

07.40 Raststätte Eisenach, Frühstück und tanken

08.27 Es geht weiter Richtung Mühlberg

11.10 Rastanlage Osterfeld/A9, tanken und Mittagspause, noch 123 Kilometer, Durchschnitt 65 km/h

11.43 Wir können nicht fahren, Verkehrsunfall auf der Autobahn, allerdings ohne unsere Beteiligung

12.25 weiter geht's, der Konvoi setzt sich langsam in Bewegung

14.37 Erster Wasserkontakt: Es ist viel, sehr viel, dazu kommt ein ausgewachsenes Gewitter mit Sturmböen

15.27 in Beyern angekommen, wo auch immer das ist, ein ganz kleines Örtchen. Aber die Einwohner sind nett und sehr neugierig. Unterbringung in einer Turnhalle aus Vorkriegstagen. Aber sauber und ordentlich. Mal schauen, wann es an die Front geht. Hier sind Hubschrauber am Himmel und bringen im Fünf-Minuten-Takt Bigpacks mit Material zur Stärkung des Dammes. Ach so: Das Datennetz ist hier unterirdisch, das heißt ich kann Bilder nur von anderen Orten hochladen.

18.40 Erster Einsatzbefehl für den 1. Zug, betrifft uns nicht direkt

19.00 Etwas schlafen. Auf Betten mit Matratzen im Schlafsack

19.35 Unsanftes wecken nach gefühlten fünf Minuten. Der erste Einsatzbefehl für uns. Wohin es geht, wissen wir noch nicht. Aber Richtung Wasser. Begleitet werden wir vom Wasserrettungszug des DRLG mit Rettungsbooten.

20.53 Wir haben einen Deich mit Sandsäcken abgedeckt

02.45 Mittagessen in der technischen Einsatzleitung, danach Fahrt zu Unterkunft

4.30 Endlich schlafen nach 24 Stunden

Sonntag, 09.06.2013 - Tag 2

09.30 Wecken, die Nacht war gut aber kurz. Jetzt geht es duschen in Container mit Duschabteilen. Es gibt warmes Wasser, wir freuen uns sehr. Danach Frühstück, frische Brötchen, Käse, Wurst, Marmelade, Nutella, Obst. Der Betreuungszug vom DRK ist einsame Spitze. Auf die Jungs kann man sich verlassen.

11.20 Dienstbesprechung. Der Kreisbrandinspektor klärt uns über die aktuelle Lage auf. Die Pegelstände fallen. Doch kein Grund zur Entwarnung. Die Deiche sind durchgeweicht und drohen weiterhin zu brechen. Jetzt soll heute auch noch ein Gewitter mit einer Starkregenfront auf uns zukommen. Naja, wir lassen uns überraschen.

13.00 Wir müssen in die nächste Ortschaft fahren, um Internetempfang zu haben. Mobil im Pickup sitzen wir sonnengeschützt unter einer alten Tankstelle und führen den Upload in die Dropbox durch.

13.38 Aktuelle Wetterwarnungen vom Deutschen Wetterdienst versprechen eine turbulente Entwicklung genau in unserem Gebiet, das heißt wenn Regen, Sturm und Windböen gegen die schon sehr strapazierten Deiche drücken, könnten wir schnell mehr Arbeit bekommen als uns lieb ist.

14.30 Gewitter und Starkregen. Wir fahren nach Mühlberg zur Deichbesichtigung. Die Stadt gleicht einer Geisterstadt, da alle evakuiert wurden.

15.40 Freizeit. Wir schlafen etwas.

18.58 Alarm für alle Züge. Hektisches anziehen, Fahrzeuge besetzen und mit Sondersignal wieder nach Mühlberg. Wir wissen erst mal nicht, was passiert ist.

19.24 Angekommen am Deich. Die Bundeswehr ist auch schon da. Mit Spähpanzern, schweren Lkw und viel Personal. Hier droht eine Unterspülung des Deiches. Was schnell einen kompletten Bruch darstellen könnte. Hier ist jetzt Eile geboten. Tausende Sandsäcke werden gefüllt und mit einer Menschenkette an das zirka 150 Meter entfernte Deichstück transportiert. Feuerwehr und Bundeswehr arbeiten hier Hand in Hand. Trotz der immensen körperlichen Anstrengungen herrscht super Stimmung.

22.07 Pause, essen, trinken. Es gibt Bratwurst mit Kartoffelbrei und eine Banane.

00.55 Deich gehalten. Wir freuen uns alle sehr. Jetzt geht‘s erst mal zur technischen Einsatzleitung. Da gibt‘s hoffentlich noch was zu essen. Getränke gibt‘s hier was für ein Glück in ausreichender Menge. Ich muss sagen, bis jetzt ist alles top organisiert.

01.48 Wir fahren in die Unterkunft. Dort haben wir noch Dienstbesprechung für morgen. Danach geht‘s ins Bett.

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