Neuer Pfarrer in Seligenstadt

Hessen
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Über Heidelberg und Worms, Brasilien und Berlin in den Osten des Kreises Offenbach: Zumindest geografisch sah so der Weg von Thomas Reitz in sein erstes evangelisches Pfarramt aus.



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Die Pröpstin für Starkenburg, Karin Held, ordinierte den Theologen am Pfingstsonntag im Rahmen eines festlichen Gottesdienstes zum Pfarrer der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN).

Und sie stellte den neuen Pfarrer seiner künftigen Gemeinde vor: Aufgewachsen in Diez, studierte Thomas Reitz nach seinem Abitur und einem Freiwilligen Sozialen Jahr Evangelische Theologie in Heidelberg und Berlin. Ein Auslandsjahr führte ihn nach Brasilien. Seine Praxiszeit nach dem Ersten Theologischen Examen absolvierte er als Vikar in der Wormser Magnus-Gemeinde und im Lampertheimer Ortsteil Rosengarten.

Sein Spezialvikariat brachte Thomas Reitz nach Berlin an den Sitz des „Bevollmächtigten des Rates der EKD bei der Bundesrepublik Deutschland und der Europäischen Union“ – und damit quasi zum diplomatischen Dienst der Evangelischen Kirche in Deutschland auf Bundes- und Europaebene. „Dort macht man das, was Lobbyisten so machen“, erzählt Thomas Reitz mit Augenzwinkern: „Abgeordnete treffen, christliche Positionen in Gesetzgebungsprozesse einbringen zwischen Büroarbeit, Gremientreffen und Empfängen.“ Auch Andachten für die Mitglieder des Bundestages und die Mitarbeitenden der Verwaltung gehörten zum Dienstauftrag. Sein Augenmerk nicht nur dort galt unter anderem den Themenbereichen Flucht, Asyl und Migration.

Für seinen künftigen Dienst sprach Pröpstin Held dem neuen Pfarrer zusammen mit ehemaligen und künftigen Wegbegleiter*innen Gottes Segen zu und gab ihm und seiner Gemeinde einige Gedanken über das Pfarramt mit auf den Weg: „Jeder Pfarrer hat zwei Auftraggeber: Gott und die Menschen in seiner Kirche. Öffentliches Handeln in Gegenwart Gottes - das ist eine doppelte Bürde und eine wunderbare Chance zugleich, denn die zweifache Verantwortung bietet gute Lernerfahrungen, weder die Menschen noch Gott aus dem Blick zu verlieren.“

Kirchen bieten Raum für Begegnung und Dialog

Wie Thomas Reitz beides unter einen Hut bringen will und was ihn theologisch leitet, ließ er in seiner Ordinationspredigt anklingen: Ausgehend vom in der Apostelgeschichte der Bibel beschriebenen Pfingstgeschehen, zog er Parallelen zur Situation der Kirche heute: „Menschen brauchen die christlichen Kirchen –heute vielleicht mehr denn je.“ In einer polarisierten Gesellschaft gehörten die Kirchen zu den wenigen Orten, an denen sich Menschen unterschiedlicher Generationen, Herkünfte und politischer Auffassungen noch begegneten: „Demokratie und friedliches Zusammenleben kommen nicht ohne Begegnung, Dialog und Austausch aus. Den Raum dafür bietet die Kirche, allen voran die Kirchengemeinde vor Ort.“

Doch nicht nur gesellschaftlich, auch für jeden Einzelnen sei die gute Nachricht heute wichtiger denn je, „nämlich die von einem Gott, der nicht exklusiv für die Reichen, Jungen, Schönen und Starken da ist“, sondern besonders für die, die gesellschaftlich aus den unterschiedlichsten Gründen am Rand stehen. „Pfingsten lässt uns ein Beispiel daran nehmen, was die Jüngerinnen und Jünger taten: Hinausgehen in die Welt und selbstbewusst mit den Menschen sprechen. Was die Zukunft der Kirche bringt, weiß am Ende nur Gott allein. Wir sind eine Kirche im Umbruch, damals wie heute. Wenn Gott uns seinen Geist schenkt, haben wir keinen Grund, resigniert in die Zukunft zu blicken.“

Einladung zur Mitarbeit und Brauchbares für den Pfarrdienst

Abschied und Neuanfang lagen beim anschließenden Gemeindeempfang für den neuen Pfarrer dicht beieinander: Der Präses des Evangelischen Dekanats Rodgau, Bernhard Rücker, wünschte „auf allen Wegen einen festen Schritt, das rechte Wort sowie Gottes Segen und Geleit.“ Er lud Thomas Reitz ein, sich und seine Interessen und Gaben in die Dienst- und Weggemeinschaft des Kirchenkreises einzubringen. Viel Brauchbares für den Pfarrdienst in Seligenstadt und Mainhausen gaben ihm die Kolleginnen und Kollegen des Hauptamtlichen-Teams der Kirchengemeinde mit auf den Weg.

„Ihre neue Gemeinde wird Sie liebhaben, wie wir es getan haben.“

Einen Reisebus musste die Wormser Vikariatsgemeinde mieten, um all die Menschen mitnehmen zu können, die Thomas Reitz in seine neue Wirkungsstätte begleiten wollten: Elli Haas und Elisabeth Thys von den Kirchenvorständen in Worms und Rosengarten konstatierten ihrem bisherigen Vikar „Persönlichkeit, Zuhören können und Einfühlungsvermögen. Bleiben Sie so – Ihre neue Gemeinde wird es Ihnen danken und Sie liebhaben, wie wir es getan haben.“

Für Thomas Reitz Heimatgemeinde in Diez war Gemeindepädagogin Sabine Günther nach Seligenstadt gekommen. „Du bringst schon einiges an Erfahrung für’s Pfarramt aus verschiedenen Blickrichtungen mit – aus der Kinder- und Jugendarbeit, dem Organisten- und dem Küsterdienst.“ Für die neue Aufgabe wünschte sie ebenso Gottes Segen wie der Bundestagsabgeordnete Jens Zimmermann und Oberkirchenrat Joachim Ochel, der für die EKD in Berlin arbeitet: „Auch die Bundeshauptstadt hat Sie nur schweren Herzens ziehen lassen. Sie haben die Herzen der Menschen in Windeseile gewonnen.“

Entscheidung für einen vielfältigen Beruf

Es war letztendlich das facettenreiche Berufsbild, das Thomas Reitz zur Entscheidung führte, evangelische Theologie zu studieren und Gemeindepfarrer zu werden. Die härteste Konkurrentin auf diesem Weg war die Musik: „Ursprünglich wollte ich Kirchenmusik studieren und hatte sogar schon begonnen, mich auf die Aufnahmeprüfungen vorzubereiten.“ Er entschied sich aber „für einen Beruf mit vielfältigeren Herausforderungen und Perspektiven“ und wird nun zusammen mit seinen Pfarrkollegen Leonie Krauß-Buck und Alexandru Lita, Kantorin Dorothea Baumann und dem Gemeindepädagogen Claus Ost Gottesdienst feiern und taufen, Gemeindeleben gestalten, „Reli“ unterrichten und Menschen in seelischer Not begleiten.

Dabei ist die Liebe zu Rhythmus und Melodie eine gute Ergänzung: Als „hervorragenden Pianisten und Organisten“ hatte Pröpstin Karin Held den 32-Jährigen im Verlauf des Ordinationsgottesdienstes seiner neuen Gemeinde vorgestellt. Passabel Gitarre spielt er auch, findet er selbst. Und er ist froh darüber, dass mit ihm auch sein Klavier in die Pfarrwohnung unter dem Spitzgiebeldach des Zellhäuser Gemeindehauses an der Wiesenstraße eingezogen ist.

Für Entspannung abseits des Pfarramts sorgen zwei weitere Leidenschaften: Thomas Reitz ist ein großer Comic-Fan und feierte zuletzt den Erfolg der „Avengers“-Kinofilme. Und ein großer Teil seiner Freizeit gehört der Körperertüchtigung: So oft es der Beruf zulässt, am liebsten mehrmals in der Woche, tut Thomas Reitz sich und seinem Rücken im Fitnessstudio Gutes – als Ausgleich für den herausfordernden Teil der pfarramtlichen Aufgaben, die vielfach aus Kopf- und Herzensarbeit bestehen.


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