Kirchensteuern: EKKW stellt sich auf sinkende Einnahmen ein

Hessen
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Noch steigen die Kirchensteuereinnahmen, doch der Umbruch steht bevor: Einen Überblick über die finanzpolitischen Fragen, mit denen sich die neue Landessynode der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck (EKKW) in den kommenden sechs Jahren beschäftigen wird, verschaffte Vizepräsident Dr. Volker Knöppel in seinem Finanzbericht, den er den Synodalen krankheitsbedingt nicht persönlich vortragen konnte.



„Die Kirchensteuern sind mit einem Anteil von rund 70 Prozent nach wie vor die wichtigste Einnahmequelle der EKKW“, verdeutlicht Knöppel in seinem Bericht. Trotz sinkender Gemeindegliederzahlen sei das Gesamtaufkommen mit Ausnahme des ‚Corona-Jahres‘ 2020 stetig gestiegen. Die gute Konjunktur und die hohe Erwerbstätigenquote seien dafür ursächlich, erläutert der Vizepräsident und prognostiziert: „Das wird sich auf Dauer so nicht fortsetzen.“

Im Jahr 2021 verzeichnete die Landeskirche ein Gesamtkirchensteueraufkommen von rund 204,8 Mio. Euro. Das entspreche einer Steigerung von 5,57 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Die Freude an den Mehreinnahmen bei der Kirchensteuer von über 10 Mio. Euro sei jedoch getrübt, so der Vizepräsident. Denn über das so genannte Clearing-Verfahren (Kirchenlohnsteuer-Verrechnungsverfahren zwischen den evangelischen Landeskirchen) mussten bereits rund 7,6 Mio. Euro mehr als geplant an die EKD entrichtet werden.

Um Schwankungen bei den Kirchensteuereinnahmen auszugleichen, verfügt die EKKW über ein Sondervermögen, die so genannte Kirchensteuerschwankungsreserve. Um den Doppelhaushalt 2022/23 auszugleichen, seien rund 14 Millionen Euro eingeplant – mit der Folge, dass die Reserve Ende 2023 nahezu aufgebraucht wäre, skizziert Knöppel.

Mit dem Ausscheiden der „Babyboomer-Generation“ werden Einnahmen wegbrechen

Der durchschnittliche jährliche Kirchensteuerbetrag pro Mitglied lag 2017 bei 530 Euro. „Unsere Kirche wird von vielen getragen“, unterstrich der Vizepräsident. Düster ist indes die Prognose der Experten, die einen Rückgang von 56 Prozent der Kirchenmitglieder bis 2060 voraussagen. „Hatte unsere Landeskirche im Jahr 2017 noch 386.000 Kirchensteuerzahlende, würde diese Zahl bis zum Jahr 2060 nach der Projektion auf nur noch 160.000 bei 360.000 Gemeindegliedern sinken“, so Knöppel. Ursache für den starken Schwund sei einerseits die demografische Entwicklung, die 38 Prozent des Mitgliederverlustes ausmache, andererseits Rückgänge bei den Taufen sowie Austritte. Letztere seien insbesondere bei Lebensübergängen messbar: Vor allem männliche Mitglieder zwischen 20 und 35 Jahre träten überproportional aus, beobachtet Knöppel.

Erste Veränderungen würden indes schon in den kommenden Jahren spürbar, wenn die so genannten Babyboomer-Jahrgänge (die Geburtsjahrgänge 1946 bis 1964) aus dem Erwerbsleben ausscheiden und dadurch Einnahmen wegbrechen: „Im Ergebnis heißt dies, dass wir einen landeskirchlichen Haushalt, der alle volkskirchlichen Aufgabenfelder weiterhin finanzieren soll, nur dann aufstellen können, wenn es uns gelingt, auf die Mitgliederentwicklung Einfluss zu nehmen. Gelingt uns das nicht, müssen wir recht bald unsere Handlungsfelder deutlich reduzieren.“

Haushaltsdefizit schon ab 2024?

In der Annahme von zurückgehenden Kirchensteuereinnahmen und gleichzeitigen Personal- und Sachkostensteigerungen rechnet Knöppel mit einem Haushaltsdefizit von rund 13 Mio. Euro im Jahr 2024 sowie von rund 18,7 Mio. Euro im Jahr 2025. „Die sich abzeichnenden Vakanzen beim theologischen Personal – auch durch die vermehrten Ruhestandseintritte – werden dabei helfen, dass sich die prognostizierten Defizite in der oben beschriebenen Höhe zum nächsten Doppelhaushalt voraussichtlich noch nicht einstellen werden“, hofft Knöppel. Zudem könnte eine positivere Kirchensteuerentwicklung als angenommen die Deckungslücke für den nächsten Doppelhaushalt kleiner werden lassen.

Staatsleistungen: „Faire“ Nachfolgeregelung nötig

Auch das Thema Staatsleistungen an die Kirchen greift Knöppel in seinem Finanzbericht auf. Nach den Kirchensteuern stellten sie die zweite tragende Säule der landeskirchlichen Erträge dar. Im Doppelhaushalt 2022/2023 sind sie mit einem Gesamtumfang von rund 30,2 Mio. Euro je Haushaltsjahr eingeplant, so Knöppel. Sie sollen jedoch – so plant es die Bundesregierung – abgelöst werden. „Sollte die Initiative ergriffen werden, werden auch die Kirchen grundsätzlich bereit sein, in Gespräche über eine ‚Generalbereinigung‘ der Staatsleistungen einzutreten, denn es geht um die Einlösung eines Verfassungsauftrags“, kündigt der Vizepräsident an. Dazu erwarte er eine „faire“ Nachfolgeregelung. Fallen die Staatsleistungen als regelhafte Einnahmequelle weg, „wird die EKKW vor eine weitere große finanzielle Herausforderung gestellt“.


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