Carolin Jendricke verlässt evangelisches Dekanat

Auf dem Abflug: Carolin Jendricke steht ab August voll in Diensten des Kirchlichen Sozialdienstes für Passagiere am Frankfurter Flughafen. (Foto: Stephanie Kunert)

Hessen
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Ihre Zielgruppe reichte von den 68ern bis zu den Babyboomern: Seit Oktober 2018 ist Carolin Jendricke im Evangelischen Dekanat Dreieich-Rodgau zuständig für Innovative Erwachsenenarbeit 55+.



Zum 1. August verlässt die Pädagogin den Kirchenkreis und wagt einen Neuanfang am Frankfurter Flughafen. Dekan Steffen Held wird sie am Sonntag, 24. Juli, um 16 Uhr in einem Gottesdienst in der evangelischen Martin-Luther-Kirche Langen (Berliner Allee 31) offiziell aus dem Dienst verabschieden.

Bereits seit Jahresbeginn ist Carolin Jendricke mit halber Stelle als Sozialarbeiterin beim Kirchlichen Sozialdienst für Passagiere an Deutschlands größtem Luftfahrt-Drehkreuz beschäftigt. Nun, da sich die Laufzeit ihrer Projektstelle für Innovative Erwachsenenarbeit 55+ im Evangelischen Dekanat Dreieich-Rodgau dem Ende zu neigt, will die 31-Jährige am Rhein-Main-Airport in Vollzeit durchstarten.

Reifere Erwachsene im Blick

„Auf einer von fünf Projektstellen innerhalb der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) ist es Carolin Jendricke in den vergangenen vier Jahren gelungen, mit innovativen Angeboten ältere Erwachsene anzusprechen“, stellt Pfarrer Steffen Held anerkennend fest. „Trotz der Pandemie setzte sie etliche neue und originelle Ideen um und konnte damit viele Menschen in unserer Region erreichen“, lobt der Dekan des Evangelischen Dekanats Dreieich-Rodgau. Auch zukünftig werden über die Evangelische Familienbildung und das gemeindepädagogische Team viele Aktivitäten fortgeführt.

Für ihren Anstellungsträger stellte sie die Idealbesetzung auf der Stelle dar: Geboren und aufgewachsen in Langen, mit den Strukturen in der Region vertraut, ist sie durch ihr langjähriges Engagement in der Kirchengemeinde sowie im Vereinssport perfekt vernetzt. Den inhaltlichen Anforderungen ist sie durch einen Bachelor in Sozialer Arbeit und einem Master in Alterswissenschaften gewachsen. Zudem schloss die Gerontologin noch ein berufsbegleitendes Studium der evangelischen Gemeindepädagogik ab.

Digitales Älterwerden

Die Pädagogin fand es reizvoll, dass es keine Vorgaben seitens der Landeskirche gab, was innerhalb der Projektlaufzeit umgesetzt werden musste. „Alle Koordinator*innen konnten Neues ausprobieren und an jedem Standort eigene Schwerpunkte setzen.“ Sie selbst legte besonderes Augenmerk auf „digitales Älterwerden“. Zu Beginn der Corona-Pandemie hob sie den Videotreff „Happy to meet you“ aus der Taufe, bei dem seither Interessierte in einem virtuellen Wohnzimmer zusammenkommen, um mit Gästen aus der ganzen Welt zu plaudern.

Die von ihr begleiteten Projekte „Smartphone Entdecken“ und „Di@-Lotsen“ halfen älteren Menschen dabei, den sicheren Umgang mit Smartphone, Tablet und PC zu erlernen. Während der Pilotphase der „Di@-Lotsen“ war das Dekanat Dreieich-Rodgau als siebter Standort der südlichste in Hessen – inzwischen ist er einer von insgesamt 18. „Die Besonderheit bei uns ist, dass wir die komplette Region abdecken und nicht auf eine Kommune im Kreis beschränkt sind“, erklärt sie. In den vergangenen Monaten luden die ehrenamtlichen Helfer in Dietzenbach und Hainburg ebenso zu Technik-Sprechstunden ein wie in Langen.

Gesellschaftspolitisches und Nachhaltigkeit

Beim „Politischen Nachtgebet“ brachte sie aktuelle gesellschaftspolitische Fragen mit theologischen Gedanken und Gästen aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft zusammen. Privates und Berufliches verknüpfte sie beim Thema Nachhaltigkeit: Selbst als ehrenamtliche „Lebensmittelretterin“ bei der Initiative „foodsharing“ engagiert, vermittelte sie einen „Fairteiler“ an ihre Heimatgemeinde. Dieser Schrank im Martin-Luther-Gemeindezentrum beherbergt Lebensmittel, die noch zur Weitergabe geeignet sind, damit Interessierte sie kostenlos von dort mitnehmen können.

Die Themen der Menschen sehen

Es ging ihr nicht darum, Aktionen mit einer gewissen Regelmäßigkeit und verpflichtendem Charakter zu schaffen, „sondern zu signalisieren, dass wir die Themen der Menschen sehen und so offene Angebote wie möglich zu kreieren“, sagt sie. So dachten bei einem Workshop zum Übergang in den Ruhestand Menschen in der entsprechenden Lebensphase einen Tag lang gemeinsam darüber nach, was ihnen nach dem Berufsleben wichtig ist.

Biblische Escape Games

Und sie schaute, „was machen Menschen gerne in ihrer Freizeit und wie können wir das in unsere Arbeit integrieren?“ Legendär waren die von ihr entworfenen biblischen Escape-Games, zu denen Alt und Jung an kirchlichen und außerkirchlichen Orten zusammen kamen, um gemeinsam zu rätseln. Diese Idee trug sie auch in die Gemeinden, präsentierte bei Kirchenvorstandssitzungen oder wurde zu Spielrunden in Gremiensitzungen eingeladen.

Social Networking

Großen Wert legte sie auf soziales Netzwerken, „das Kontakte knüpfen in der zweiten Lebenshälfte“. Dabei achtete Jendricke darauf, „mit den Menschen zusammen etwas zu gestalten und nicht aus dem Büro heraus Angebote zu konzipieren und zu warten, dass jemand kommt.“ Der Plan ging auf: Im Rahmen der Plattform „Route 55+“ entstanden Freundschaften, es bildeten sich Museums-, Wander- und Literaturgruppen, die sich selbstständig organisieren und gemeinsam aktiv sind.

Angebote verstetigen

„Es freut mich, dass während des Projektzeitraums so vieles möglich war und etliches auch darüber hinaus Bestand haben wird“, stellt Jendricke fest. „Beispielsweise konnten die Di@-Lotsen in Dietzenbach Hainburg und Langen verstetigt werden, und Termine für Technik-Sprechstunden liegen schon bis zum Jahresende fest.“

Innovative Erwachsenenarbeit 55+

2018 wurden in der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) fünf Projektstellen für „Innovative Arbeit mit jüngeren Seniorinnen und Senioren“ eingerichtet, um frischen Wind in die kirchliche Seniorenarbeit zu bringen – eine davon im Evangelischen Dekanat Dreieich-Rodgau. Die Projektverantwortlichen hatten den Auftrag, Bedürfnisse und Interessen der so genannten „jungen Alten“ aufzuspüren und geeignete Angebote zu entwickeln. Die Finanzierung der Vollzeitstellen der Gemeindepädagog*innen wurde für fünf Jahre sichergestellt und läuft zum Jahresende aus.

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Auf dem Abflug: Carolin Jendricke steht ab August voll in Diensten des Kirchlichen Sozialdienstes für Passagiere am Frankfurter Flughafen. (Foto: Stephanie Kunert)


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