SPD und FDP gegen politische Besetzung der LKA-Spitze

Hessen
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Die Fraktionen von SPD und Freien Demokraten im Hessischen Landtag halten die gesetzliche Regelung für die Berufung des Präsidenten oder der Präsidentin des Hessischen Landeskriminalamtes für verfassungswidrig und reichen daher am Mittwoch gemeinsam einen Normenkontrollantrag beim Hessischen Staatsgerichtshof ein.



„Die intensive juristische Prüfung durch unseren Verfahrensbevollmächtigen hat unsere Einschätzung bestätigt, dass die Besetzung der LKA-Spitze mit einem politischen Beamten oder einer politischen Beamtin weder mit dem Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland noch mit der Hessischen Landesverfassung vereinbar ist“, erklärten der Vorsitzende der SPD-Landtagsfraktion, Günter Rudolph, sowie der stellvertretende Vorsitzende und innenpolitische Sprecher der Fraktion der Freien Demokraten im Hessischen Landtag, Stefan Müller, heute in Wiesbaden.

Rudolph und Müller erläuterten bei einem Pressegespräch gemeinsam mit dem Verfahrensbevollmächtigten, dem renommierten Rechtswissenschaftler Prof. em. Dr. Dr. h.c. Ulrich Battis von der Juristischen Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin, die Hintergründe ihres Antrags.

Der SPD-Fraktionsvorsitzende Günter Rudolph stellte fest, dass die Aufnahme des LKA-Präsidenten in den Kreis der politischen Beamten sachlich nicht zu rechtfertigen sei. Er sagte: „Die Leitung einer nachgeordneten Behörde – auch wenn sie von so großer Bedeutung ist wie das Landeskriminalamt – ist eindeutig eine Aufgabe für Laufbahnbeamte, die sich durch Können und Leistung qualifiziert haben. Aber mit der Änderung des Beamtengesetzes, durch die der LKA-Präsident zum politischen Beamten gemacht wurde, sind Können und Leistung zweitrangig geworden. Entscheidend für die Berufung, die nun ohne Ausschreibung und sogar ohne Gesundheitscheck erfolgt, ist stattdessen die politische Treue zum Innenminister, der sich eine neue Möglichkeit geschaffen hat, im LKA politisch ‚durchzuregieren‘. Das gefährdet den Auftrag des Landeskriminalamtes, der allein in der Kriminalitätsbekämpfung besteht – und zwar unabhängig von politischer Einflussnahme. Das Bundesverfassungsgericht hat immer wieder darauf hingewiesen, dass der Status des politischen Beamten nur für eine sehr kleine Personengruppe in Frage kommt, die zum engsten Beraterkreis eines Ministers oder einer Ministerin zählen – der Präsident oder die Präsidentin des LKA gehört dazu keinesfalls.“

Stefan Müller ergänzte: „Das Landeskriminalamt ist eine reine Fachbehörde, deren Spitze deswegen auch nach rein fachlichen Kriterien ausgewählt werden muss, nicht nach politischen. Es fehlt auch an der unmittelbaren Nähe des LKA-Chefs zum Innenminister, denn zwischen den beiden stehen in der Hierarchie der Landespolizeipräsident und der Innenstaatssekretär, die ebenfalls als politische Beamte definiert sind. Dafür, auch den LKA-Chefposten politisch zu besetzen, gibt es also keinen Grund – außer dem Willen des amtierenden Innenministers nach noch mehr Macht. Durch die neu geschaffene Möglichkeit, selbst auf der vierten Hierarchieebene unliebsame politische Beamte zu jeder Zeit ohne Angabe von Gründen entlassen zu können, entstehen besondere Abhängigkeiten, die mit den Grundprinzipien des Beamtentums und daher mit der Verfassung nicht vereinbar sind.“

SPD und Freie Demokraten gehen in ihrem Normenkontrollantrag nicht nur auf die Position des LKA-Präsidenten ein, sondern auch auf die Präsidenten der regionalen Polizeipräsidien, die in Hessen ebenfalls als politische Beamte definiert sind. „Der Staatsgerichtshof bekommt damit die Möglichkeit, auch den Status der Polizeipräsidenten auf seine verfassungsrechtliche Zulässigkeit zu überprüfen“, sagte Günter Rudolph. Sowohl in der SPD-Landtagsfraktion als auch in der Fraktion der Freien Demokraten herrsche Einigkeit darüber, dass die Präsidenten der Flächenpräsidien ebenfalls keine politischen Beamten sein dürften. „Wir sehen uns in unserer Haltung durch einen aktuellen Beschluss des nordrhein-westfälischen Oberverwaltungsgerichts in Münster bestätigt, der festhält, dass die politische Unabhängigkeit von Polizeibehörden angesichts ihrer besonders sensiblen Aufgaben im Bereich der Strafverfolgung und der Gefahrenabwehr von besonderer rechtsstaatlicher Bedeutung ist. Aus diesem Grund hat des OVG Münster die Sache dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt, damit dieses eine grundsätzliche Entscheidung in dieser Frage trifft“, erläuterte Stefan Müller. 

Der Verfahrensbevollmächtigte der beiden Landtagsfraktionen, Prof. em. Dr. Dr. h.c. Ulrich Battis, betonte: „Der Landesgesetzgeber darf das Institut des politischen Beamten nicht beliebig ausdehnen. Die Besetzung der LKA-Spitze mit einem politischen Beamten verstößt durch die Möglichkeit der Versetzung in den einstweiligen Ruhestand gegen das Lebenszeitprinzip. Eine gerechtfertigte Ausnahme von diesem Prinzip liegt hier nicht vor. Der LKA-Präsident gehört nicht zum engsten Beraterkreis des Ministers. Er ist kein notwendiger Brückenkopf in Angelegenheiten der öffentlichen Sicherheit und Ordnung.“

Bereits Ende Juni hatten die Fraktionen von SPD und Freien Demokraten den Hessischen Staatsgerichtshof angerufen, um die rechtliche Konstruktion der Hochschule für öffentliches Management und Sicherheit (HöMS) auf ihrer Verfassungsmäßigkeit zu überprüfen. Nach Auffassung der beiden Fraktionen verstoßen die weitgehenden Durchgriffsrechte des Innenministers bei der HöMS gegen die in der Verfassung verbriefte Freiheit von Wissenschaft und Lehre an den Hochschulen. Günter Rudolph und Stefan Müller stellten vor diesem Hintergrund fest: „Es ist erschütternd, dass ausgerechnet der hessische Innenminister, dessen Amt ihn in besonderer Weise zum Schutz der Verfassung verpflichtet, ohne Skrupel zum wiederholten Male den Versuch unternimmt, sich über Verfassungsnormen hinwegzusetzen, um seine politische Macht und seinen persönlichen Einfluss zu mehren.“ 


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