Zur Zukunft der Arbeit: Prekäre Arbeit abschaffen

Hessen
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Erstmals nach der pandemiebedingten Pause fand der traditionelle Jahresauftakt der Katholischen Arbeitnehmer-Bewegung Diözesanverband Fulda wieder in Präsenz statt.



Nach dem einleitenden Wortgottesdienst mit Diakon Bernhard Schindler in der Kirche St. Andreas Neuenberg fand der anschließende Empfang und Impulsvortrag in der Katholischen Akademie des Bistums Fulda statt. Bei einem Gläschen Sekt konnten sich die Teilnehmenden beim Infostand der KAB Arbeitsgruppe „prekäre Arbeit“ informieren und auf das Jahresthema der KAB Fulda einstimmen. Anschließend sprach nach einführenden Worten des KAB Diözesanvorsitzenden Klaus Schmitt Generalvikar Prälat Christof Steinert ein Grußwort zu den Teilnehmenden, in dem er alle zu mehr Solidarität aufrief.

Der diesjährige Referent Dr. Michael Schäfers, Referent für Strategie und Politik beim Bundesvorstand der KAB aus Köln, machte deutlich, das prekäre Arbeit längst keine Randerscheinung mehr ist. Jeder fünfte Beschäftigte in Deutschland arbeite mittlerweile in schlechten Arbeitsverhältnissen. „Prekäre Arbeit bedeutet: zu wenig Einkommen zur Existenzsicherung, weniger Rechte und weniger sozialen Schutz, stark eingeschränkte Mitgestaltung am Arbeitsplatz, hohe gesundheitliche Risiken und nicht zuletzt in Folge Altersarmut“ – so der Sozialethiker. Prekäre Arbeit bedeute ein prekäres Leben in Unsicherheit, Angst und Ausgrenzung. „Was für andere normal ist, können sich diese Menschen nicht mehr leisten. Jede Ausgabe etwa für die Kinder muss überdacht, jeder Euro dreimal umgedreht werden. Frust und Wut über die Ausgrenzung sind die Folgen.“ Von prekärer Arbeit betroffen seien vor allem Frauen, junge Menschen und Zuwanderer. Unsichere Arbeit weite sich auch in der Mittelschicht immer mehr aus. Einen Hauptgrund für die Ausweitung machte der Referent in den falschen politischen Weichenstellungen der letzten Jahrzehnte aus: „Nach der Weltwirtschaftskrise 2008 wurde vor allem auf eine Flexibilisierung der Arbeit und den Ausbau des Niedriglohnsektor gesetzt. Diese Politik hat sich als fatal erwiesen. Die Folgekosten der Krise wurden von den Armen und Menschen mit Normaleinkommen bezahlt, während die Reichen nicht -nach dem Prinzip einer gerechten Lastenverteilung- zur Mitfinanzierung herangezogen wurden. Die Lage verschärft sich jetzt nochmals angesichts der Corona-Pandemie, der Zuspitzung durch den Krieg in der Ukraine und der steigenden Lebenshaltungskosten gerade für diejenigen, die sowieso schon am Rand stehen.“

Schäfers begrüßte erste Anzeichen für ein Umdenken in der Politik. „Von der europäischen Ebene geht mittlerweile ein starker Impuls hin zu besser bezahlter, sicherer und regulierter Arbeit in Europa aus. Arbeitnehmerrechte spielen wieder eine größere Rolle. Es wird Zeit, dass die Bundesregierung diese europäischen Regelungen ratifiziert und ein Vorreiter für gute Arbeit in Europa wird.“ Ausdrücklich begrüßte der KAB-Referent die Anhebung des gesetzlichen Mindestlohns auf 12 Euro, forderte gleichzeitig aber eine weitere deutliche Anhebung: „Die KAB fordert einen gesetzlichen Mindestlohn von 14,69 Euro. Diese Höhe ist das Mindeste, um wenigsten ansatzweise auch Altersarmut zu verhindern. Angesichts der Inflation muss auch der Mindestlohn nochmals deutlich steigen, sonst nimmt die soziale Spaltung in unserer Gesellschaft weiter zu.“ Als guten politischen Schritt bewertete Schäfers auch die Ausweitung der Tarifbindung von Unternehmen durch eine Novellierung des Tariftreuegesetzes. „Da, wo es tarifvertragliche Bindungen in den Unternehmen gibt, sind die Rechte der arbeitenden Menschen besser geschützt. Tarifverträge sind ein Beitrag zum sozialen Frieden und zur partnerschaftlichen Zusammenarbeit in den Unternehmen.“ Die Arbeitgeberverbände rief Schäfers auf, nur Unternehmen als Mitglieder aufzunehmen, die einen Tarifvertrag vorweisen könnten. Staat, Bundesländer und die Körperschaften des öffentlichen Rechts forderte er auf, ein deutliches Zeichen gegen prekäre Arbeit zu setzen und keine befristeten Arbeitsverträge mehr abzuschließen. Die Kirche erinnerte der Referent an die Aussagen von Papst Franziskus, dass der Mensch und seine Würde in den Mittelpunkt des Wirtschaftslebens gehören. „Die Kirche muss hier auch als Arbeitgeberin Vorbild sein. In unserer Kirche darf es gar keine prekäre Arbeit geben und wo es sie gibt, müssen wir sie umgehend abschaffen“ – mahnte Schäfers zum Schluss seiner Einführung.

Die folgende angeregte Diskussion, die von KAB Diözesansekretärin Linda Auth moderiert wurde, machte die Aktualität des Themas nochmals deutlich. Abschließend überreichte der Diözesanvorsitzende Egon Schütz zusammen mit der KAB Angestellten Heike-Brenzel Auth einen Präsentkorb an den Referenten, der unter großem Applaus der Teilnehmenden verabschiedet wurde. Die Veranstaltung endete mit einem Gebet und dem Segen von Generalvikar Prälat Christof Steinert.

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