„Menschen im Libanon suchen Wege aus der Krise“

Von links: Der Dekan des Ev. Kirchenkreises Hanau, Dr. Martin Lückhoff, Hélène Andréa (Verantwortliche für die Schulen in der Metropolie Beirut), EKKW-Bischöfin Dr. Beate Hofmann, Metropolit Elias Audeh, EKKW-Dezernentin Claudia Brinkmann-Weiß sowie Maha Milki Wehbe (Leiterin einer Frauenorganisation in der rum-orthodoxen Kirche). Foto: privat

Hessen
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Gebeutelt von einer schweren Wirtschaftskrise und herausgefordert bei der Unterbringung von Geflüchteten: Von der aktuellen Lage im Libanon machte sich die Bischöfin der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck (EKKW), Dr. Beate Hofmann, vor Ort ein Bild.



Gemeinsam mit Ökumene-Dezernentin Claudia Brinkmann-Weiß sowie dem Hanauer Dekan Dr. Martin Lückhoff war sie in der vergangenen Woche in den Libanon gereist. Die Delegation besuchte Christinnen und Christen der rum-orthodoxen Kirche, zu der sie seit vielen Jahren freundschaftliche Beziehungen pflegt. Außerdem übergab sie über den Middle East Council of Churches (Kirchenrat des Mittleren Ostens) 10.000 Euro Spendengeld für die Erdbebenopfer im benachbarten Syrien.

Im Mittelpunkt standen Gespräche mit Verantwortlichen in Kirche und Zivilgesellschaft. So informierte der Metropolit von Beirut, Bischof Elias Audeh, die Gäste aus Deutschland über die Herausforderungen, die sich durch die Explosion im Hafen von Beirut (2020), den massiven Verfall der heimischen Währung und die zunehmende Migration ergäben. Zum Hintergrund: Der Libanon hat nach Angaben des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit im Verhältnis zu seiner Einwohnerzahl (rund 4,4 Millionen) so viele Geflüchtete aufgenommen wie kein anderer Staat auf der Welt. Geschätzte 1,5 Millionen Menschen aus Syrien haben dort Schutz vor dem Bürgerkrieg in ihrem Land gesucht.

Energiekrise: „Nachts waren die Straßen stockdunkel“

Auch die Perspektive für junge Menschen war Thema der Gespräche: Die Metropolie Beirut verstärke vor allem die schulische und universitäre Bildungsarbeit, um Kinder und Jugendliche nachhaltig zu fördern, erläuterte Bischof Audeh. Über die sich ständig ändernden politischen Rahmenbedingungen berichtete Marwan Abboud, Gouverneur von Beirut. Die Verknappung und Verteuerung der Energie stelle die ganze Stadt vor enorme Herausforderungen. „Das war auch immer wieder direkt zu spüren, wenn der Strom ausfiel und – sofern vorhanden – Generatoren ansprangen. Nachts waren die Straßen stockdunkel“, schildert die Bischöfin ihre Eindrücke. 

Die EKKW-Delegation führte zudem Gespräche mit dem deutschen Botschafter, mit Vertretern kirchlicher Institutionen wie dem MECC (Middle East Council of Churches), der NEST (Near Eastern School of Theology) und der National Evangelical Church in Beirut sowie mit engagierten Laien. „Wir erfuhren immer wieder, wie komplex die politischen, wirtschaftlichen und religionspolitischen Herausforderungen sind, aber auch wie engagiert Menschen nach Wegen aus der Krise und nach einem friedvollen Miteinander suchen“, berichtet Bischöfin Hofmann.

Spendengeld für vom Erdbeben in Syrien betroffene Familien

Die Gespräche vor Ort nutzte sie, um persönlich Spendengeld aus Kurhessen-Waldeck zu überreichen. Samer Laham, MECC-Director of Emergency Response Services, zeigte sich darüber sehr dankbar. Er versprach, alsbald über die konkrete Verwendung des Geldes für die vom Erdbeben betroffenen Familien zu berichten. Mehr zum Thema „Hilfe für Erbebenopfer“ und zum Engagement der EKKW gibt es unter Aktuell | Ev. Kirche von Kurhessen-Waldeck (ekkw.de)

Hintergrund: Seit über 30 Jahren im Austausch
Die Evangelische Kirche von Kurhessen-Waldeck und die Rum-Orthodoxe Kirche von Antiochia haben 1992 freundschaftliche Beziehungen aufgenommen. Mehrmals reisten Delegationen der Landeskirche seither in den Libanon sowie nach Syrien und die EKKW empfing Gäste aus der antiochenischen Kirche. Zudem führten Studienreisen von Gemeinden und kirchlichen Gruppen sowie der Evangelischen Akademie Hofgeismar zu intensiven Kontakten und Gesprächen. Ein landeskirchlicher Ausschuss koordiniert und begleitet die Arbeit. Hinzu kommt ein Freundeskreis, in dem Interessierte aus dem Raum der Landeskirche zusammenkommen. Von dem seit 2011 andauernden Bürgerkrieg in Syrien ist auch die Freundschaft der beiden Kirchen betroffen. Mehrfach schickten Landeskirche und Kirchenkreise materielle Hilfe. 2019 besuchte zuletzt eine kurhessische Delegation die befreundete Kirche im Nahen Osten.

Stichwort: Was bedeutet rum-orthodox?
Das Patriarchat von Antiochia nennt sich „rum-orthodox“, wobei „rum“ die arabische Wiedergabe von „rhomäisch“ (byzantinisch-griechisch) ist: Es ist also das griechisch-orthodoxe Patriarchat arabischer Sprache. Aufgrund des Bürgerkriegs leben inzwischen mehr rum-orthodoxe Christinnern und Christen in Deutschland. Die Antiochenisch-Orthodoxe Metropolie von Deutschland und Mitteleuropa betreut sie in ihren Gemeinden. Mehr dazu im Internet unter http://rum-orthodox.de

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Von links: Der Dekan des Ev. Kirchenkreises Hanau, Dr. Martin Lückhoff, Hélène Andréa (Verantwortliche für die Schulen in der Metropolie Beirut), EKKW-Bischöfin Dr. Beate Hofmann, Metropolit Elias Audeh, EKKW-Dezernentin Claudia Brinkmann-Weiß sowie Maha Milki Wehbe (Leiterin einer Frauenorganisation in der rum-orthodoxen Kirche). Foto: privat


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