Die Jugendämter in Hessen haben im Jahr 2023 rund 17.770 Gefährdungseinschätzungen durchgeführt. Das waren 7 Prozent mehr als im Vorjahr. In gut jedem dritten Fall (35 Prozent) stellten sie eine akute oder latente Kindeswohlgefährdung fest. Das entsprach insgesamt 6.200 Fällen und war ein neuer Höchststand. 2022 hatte es mit insgesamt 5.600 Fällen noch 10 Prozent weniger festgestellte Kindeswohlgefährdungen in Hessen gegeben.
In 47 Prozent der Fälle von Kindeswohlgefährdung stellten die Jugendämter im Jahr 2023 psychische Misshandlungen, in 48 Prozent Vernachlässigung, in 29 Prozent körperliche Misshandlungen und in 5 Prozent Anzeichen sexueller Gewalt fest. Knapp die Hälfte (46 Prozent) aller Gefährdungseinschätzungen betrafen Kinder unter sieben Jahren.
In 705 Fällen ordneten hessische Familiengerichte 2023 Maßnahmen zum teilweisen oder vollständigen Entzug der elterlichen Sorge an. Das waren etwa genauso viele wie im Jahr 2022 (704).
Mehr vorläufige Schutzmaßnahmen durch Zunahme unbegleiteter Minderjähriger aus dem Ausland
Die hessischen Jugendämter meldeten außerdem im Jahr 2023 insgesamt gut 7.600 vorläufige Schutzmaßnahmen (Inobhutnahmen) für Kinder und Jugendliche bis 18 Jahre. Das waren 18 Prozent mehr als 2022. Der häufigste Anlass hierfür war mit 63 Prozent die unbegleitete Einreise von Minderjährigen aus dem Ausland. Die Zahl der unbegleitet eingereisten Kinder und Jugendlichen stieg von 3.500 im Jahr 2022 um 38 Prozent auf 4 800 im Jahr 2023.
In 21 Prozent aller Fälle war der Grund für die Durchführung einer Schutzmaßnahme die Überforderung der Eltern oder eines Elternteils, gefolgt von Anzeichen für psychische Misshandlungen (9 Prozent) und den Anzeichen für körperliche Misshandlungen mit 8 Prozent. In 1.000 Fällen wurden Kinder bzw. Jugendliche wiederholt in Obhut genommen.
7 Prozent mehr Hilfen zur Erziehung als im Vorjahr
Zur Unterstützung von Kindern und Jugendlichen leisteten die Träger der Kinder- und Jugendhilfe in Hessen im Jahr 2023 zudem gut 65.300 Hilfen zur Erziehung. Das waren rund 4.400 Hilfen oder 7 Prozent mehr als im Jahr 2022. Neben den Hilfen zur Erziehung erhöhte sich außerdem die Zahl der Hilfen zur Eingliederung seelisch behinderter junger Menschen um 12 Prozent oder 1.500 Hilfen auf insgesamt gut 14.100 Hilfen.
Die Zahl der Gesamthilfen betrug im Jahr 2023 rund 79.400 Hilfen. Die Zahl der Kinder und Jugendlichen, die 2023 in Hessen Hilfen erhielten, lag bei rund 90.000 jungen Menschen. Die beiden Zahlen weichen voneinander ab, da teilweise mit einer Maßnahme mehrere Kinder und Jugendliche, etwa bei familienbezogenen Hilfen, unterstützt und entsprechend in der Statistik erfasst wurden. Außerdem wurden Einzelpersonen, die mehrere Hilfen in Anspruch nahmen, mehrfach erfasst.
Die meisten Hilfen (43 Prozent) waren Erziehungsberatungen, gefolgt von 12 Prozent sozialpädagogischer Familienhilfe. 10 Prozent der Hilfen entfielen auf die Heimerziehung und 6 Prozent auf die Vollzeitpflege. Die anderen Hilfen spielten mit jeweils unter 5 Prozent eine untergeordnete Rolle.
Hoher Anteil aus sozial schwachen Familien
Die Lebenssituation spielte bei den Hilfen eine große Rolle. So wurden 41 Prozent der Hilfen jungen Menschen mit Migrationshintergrund gewährt. Besonders hoch war dieser Anteil bei der intensiven sozialpädagogischen Einzelbetreuung mit 70 Prozent, gefolgt von der Heimerziehung mit 62 Prozent. 30 Prozent der Hilfen erhielten Kinder und Jugendliche aus Familien, die Transferleistungen, beispielsweise Bürgergeld, bezogen. Besonders hoch war der Anteil bei der Vollzeitpflege mit 78 Prozent, der Erziehung in einer Tagesgruppe mit 59 Prozent und der sozialpädagogischen Familienhilfe mit 58 Prozent.
In über der Hälfte der Fälle (54 Prozent) lebten die Kinder bei Alleinerziehenden mit oder ohne Partnerin bzw. Partner. Besonders hoch war dieser Anteil bei der Vollzeitpflege und Erziehung in einer Tagesgruppe mit jeweils 69 Prozent.
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