Ausbildung: Es gibt unglaublich viele Möglichkeiten

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Die Pressekonferenz zur Bilanz des Ausbildungsmarktes 2020/21 fand in diesem Jahr wieder als Präsenz-Veranstaltung in der Hanauer Agentur für Arbeit statt, selbstverständlich unter Beachtung der aktuellen Hygienevorschriften.



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Eingeladen hatte Heike Hengster, Vorsitzende der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Hanau zusammen mit Miriam Fuchs, Leiterin Ausbildung der Industrie- und Handelskammer Hanau-Gelnhausen-Schlüchtern, Nicole Laupus, Geschäftsführerin der Kreishandwerkerschaft Hanau, sowie Heiko Schreiber von der Kreishandwerkerschaft Gelnhausen-Schlüchtern.

Heike Hengster präsentierte die Entwicklung des Ausbildungsmarktes 2020/21 im Agenturbezirk. Es gab Rückgänge sowohl bei den Bewerberinnen und Bewerbern als auch bei den gemeldeten Ausbildungsplätzen. Im Ausbildungsjahr 2020/21 meldeten sich 1.912 Jugendliche bei der Berufsberatung der Arbeitsagentur ausbildungssuchend, 588 weniger als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. 1.922 offene Ausbildungsstellen wurden von Ausbildungsbetrieben zur Vermittlung bei der Arbeitsagentur gemeldet, 235 weniger als im gleichen Zeitraum des Vorjahres. 13 Jugendliche konnten im Bewerbungszeitrauem nicht mit einem Aus-bildungsplatz versorgt werden. 189 Ausbildungsstellen blieben unbesetzt, 14 mehr als im Vergleichszeitraum.

„Zum zweiten Mal berichten wir über ein Ausbildungsjahr, das von Corona geprägt wurde. Es überrascht nicht, dass Betriebe weniger offene Ausbildungsstellen gemeldet haben und dass auch die Anzahl der Bewerber/innen gesunken ist. Die allgemeine Verunsicherung, die sich durch die Pandemie gerade bei den Jugendlichen ausgebreitet hat, zeigt sich auch bei der beruflichen Orientierung. Das verstärkt den Trend, den wir schon seit Jahren beklagen: Jugendliche - und Eltern - streben nach dem höchst möglichen Schulabschluss, unabhängig von den vorhandenen Talenten und losgelöst von den tatsächlichen Erfordernissen des regionalen Arbeitsmarktes. Der Bedarf an Fachkräften, die eine duale Ausbildung absolviert haben, ist hoch und wird weiterhin wachsen. Das zieht sich mittlerweile durch nahezu alle Branchen. Die Auswirkungen werden in einigen Jahren offensichtlich werden, wenn die Generation der Babyboomer nach und nach das Renteneintrittsalter erreicht und keine ausgebildeten Fachkräfte nachkommen. Der demographische Wandel wird den Arbeitsmarkt immer mehr beeinflussen. Schon heute steht bei den Unternehmen die Sorge um den Fachkräftenachwuchs bei den Zukunftsfragen ganz oben.“

Die Arbeitsmarktexpertin appelliert an die Ausbildungsbereitschaft der Betriebe: „Sie muss sich künftig noch mehr auch auf die Jugendlichen erstrecken, die nicht auf den ersten Blick dem oder der idealtypischen Auszubildenden entsprechen. Sei es, dass die schulischen Leistungen nicht so sind, wie es nötig erscheint, oder sei es, dass soziale Kompetenzen noch ausbaufähig sind - hier lohnt häufig ein zweiter Blick. Bei Jugendlichen, die ein vermeintliches Defizit mitbringen, besteht die Gefahr, dass sie zu einer ‚Generation Corona‘ gehören werden. Dabei können oft schon kleine Unterstützungsleistungen Großes bewirken. Hier bietet die Agentur für Arbeit den Betrieben nicht nur finanzielle Fördermöglichkeiten, sondern kann auch durch fachkundige sozialpädagogische Begleitung unterstützen. Auch wenn während der laufenden Berufsausbildung Schwächen zutage treten, bieten wir Angebote, den Jugendlichen ergänzend zu Berufsschule und betrieblicher Praxis theoretisch und praktisch unter die Arme zu greifen.“

Auch im zweiten Corona-Ausbildungsjahr sei es der Berufsberatung gelungen, fast alle gemeldeten Bewerber/innen mit einem Angebot zu versorgen - und das trotz eingeschränkter Beratung in den Schulen vor Ort und dem neuen Umgang mit Telefon- und Videoberatung. Den jungen Leuten im Main-Kinzig-Kreis habe man so stets ein fundiertes Beratungsangebot machen können. „Mit unseren neuen Online-Auftritten, wie dem Selbsterkundungstool Check-U oder der Website www.arbeitsagentur.de/m/ausbildungklarmachen/, auf der alle Informationen zur Ausbildung auf einen Blick zur Verfügung gestellt werden, haben wir dabei sehr gute Erfahrungen gesammelt“, so die Agenturleiterin. „Einige Betriebe haben sich erstaunlich schnell auf die Ausbildung unter Corona-Bedingungen eingestellt und kreative Lösungen gefunden“, sagt Hengster anerkennend. „Das war aber nicht überall möglich. Viele Betriebe bilden leider nicht so viel aus, wird es wünschenswert wäre. Die Pandemie hat sie auf vielen Ebenen gefordert und manchmal ist es ausgerechnet die Nachwuchsförderung gewesen, die unter den Tisch gefallen ist.“

Erfolgreiche Ausbildung im Hotelfach unter Corona-Bedingungen

Zu den Unternehmen, die ihre Ausbildungsaktivitäten auch unter Corona-Bedingungen erfolgreich fortgesetzt haben, zählt das Hotel Birkenhof in Hanau. Es beherbergt normalerweise in 46 Zimmern Geschäfts- und Privatkunden und stellt Räume für Tagungen und Veranstaltungen zu Verfügung. Auch ein Restaurant mit 85 Plätzen gehört dazu. Geschäftsführer René Fichtner, der auch Zweiter Vorsitzender im Hotel- und Gaststättenverband Hanau ist, musste sein Haus im März 2020 schließen und konnte es später nur eingeschränkt weiterführen. Alle Mitarbeiter/innen mussten in Kurzarbeit gehen - mit Ausnahme der Auszubildenden. Das war möglich, weil Fichtner auch Ausbilder ist und für die Weiterführung der Ausbildung Sorge tragen konnte. Zu diesem Zeitpunkt waren vier junge Leute in Ausbildung, einer zum Koch und drei zu Hotelfachfrauen.

„Erst einmal wurde gründlich aufgeräumt und es wurden Maßnahmen umgesetzt, die im Alltagsbetrieb immer wieder liegen geblieben waren. Die Azubis bekamen in dieser Zeit mehr Freiräume und mehr Verantwortung, weil ich nicht überall gleichzeitig sein konnte“, erzählt René Fichtner. „Ich musste ihnen einfach mehr zutrauen und sie konnten daran wachsen. Das hat gut geklappt, weil ich merkte, wie ernsthaft sie bei der Sache waren. Die jungen Leute lernten in Echtzeit, übergreifend zu denken und eigenständig Entscheidungen zu fällen. Davon haben sie letzten Endes profitiert.“ Schmerzlich sei für die Auszubildenden gewesen, so der erfahrene Ausbilder, dass die Berufsschule mehr schlecht als recht auf Online-Unterricht umschalten musste. Hier sieht Fichtner Defizite. Mit Hilfe verschiedener Förderprogramme konnte er sein Haus im Ausbildungsbereich kostendeckend durch die Krise führen.

Was unter dem Stichwort ‚Ausbildung im Handwerk‘ jenseits der gängigen dreijährigen Lehre mittlerweile möglich ist, zeigen zwei weibliche Auszubildende, die ungewöhnliche Wege beschritten haben.

Ausbildung in Teilzeit

Alexandra Freitag aus Schlüchtern absolviert ihre duale Ausbildung zur Schreinerin in Teilzeit. Die Mutter dreier halbwüchsiger Kinder hat als junge Frau eine Ausbildung zur Verwaltungsfachangestellten erfolgreich abgeschlossen und auch in ihrem Beruf gearbeitet. „Ich hatte aber schon immer den Wunsch, einen Handwerksberuf zu lernen. Vor zwanzig Jahren war das aber so ungewöhnlich, dass ich dann doch in einem klassischen Mädchenberuf gelandet bin“, sagt Alexandra Freitag heute. „Unglücklich war ich nicht damit - aber glücklich auch nicht. Deswegen habe ich jetzt einen Neustart gewagt.“ Seit September macht die Power-Frau im Rahmen einer 30-Stunden-Woche eine duale Ausbildung, die sie in zwei Jahren zum Abschluss bringen will. Auch die Berufsschulzeit wurde auf diese Zeit verkürzt. „Durch die Teilzeitregelung kann ich die Ausbildung mit meiner Familienarbeit in Übereinstimmung bringen.“ Gelingen könne eine Teilzeitausbildung nur in enger Abstimmung mit dem Betrieb. „Beide Seiten müssen aufeinander zugehen, sich austauschen und hundertprozentig aufeinander verlassen können. Aber dann kann es super funktionieren“, ist sie sich sicher.

Triales Studium: Ausbildung, Meistertitel und Bachelor-Abschluss in einem

Lena Ost aus Gründau absolviert zurzeit ein ‚triales‘ Studium, ein weithin unbekannter und sehr anspruchsvoller Berufseinstieg. Die junge Frau macht seit 2018 parallel eine Ausbildung zur Schreinerin, eine Meister-Ausbildung, die Fortbildung zum Betriebswirt und das Studium „Handwerksmanagement“ an der Fachhochschule des Mittelstandes in Köln. Lena Ost ist von Kindesbeinen an in ihren Berufswunsch hineingewachsen. Gegründet wurde die Schreinerei Ost vor fast achtzig Jahren vom Großvater und vom Vater Karlheinz Ost zum Fachbetrieb für Fensterbau weiterentwickelt. „Ich wusste schon mit sechs Jahren, dass ich Schreinerin werden und den Betrieb meiner Eltern weiterführen will“, lacht Lena Ost. „Etwas Anderes kam für mich nie infrage“. Nach dem Besuch der Fachoberschule begann sie 2018 ihre Ausbildung zur Schreinerin und studiert parallel dazu „Handwerksmanagement“ mit dem Ziel, zunächst den Meistertitel und dann den Bachelor of Arts (B. A.) zu erwerben. Das Studium beinhaltet zu Beginn die Fortbildung zum Betriebswirt in Teilzeit, später wird in Vollzeit das Studium „Handwerksmanagement“ absolviert. Entscheidend für die strebsame junge Frau war, dass sie so nicht nur ihr handwerkliches Können unter Beweis stellt, sondern sich auch betriebswirtschaftliches, kaufmännisches und rechtliches Wissen aneignet, das sie brauchen wird, wenn sie den elterlichen Betrieb übernimmt. Das wird voraussichtlich 2023 passieren.

Fotos (von rechts): René Fichtner (Hotel Birkenhof), Miriam Fuchs (IHK), Heike Hengster, Sonja Nachtmann, Martina Klein (alle Agentur für Arbeit).


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