Männer abgeblitzt: Emily Nöckel ist Jahrgangsbeste im Elektrohandwerk

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Im heimischen Elektrohandwerk spielen die weiblichen Beschäftigten eine immer wichtigere Rolle. Gleich drei Frauen erhielten bei der traditionellen Freisprechungsfeier der Innung für Elektro- und Informationstechnik auf der Ronneburg jetzt ihre Gesellenbriefe ausgehändigt. Mit Emily Nöckel war eine von ihnen sogleich die Jahrgangsbeste. Sie belegte die Abschlussnote „gut“, die nur ein einziges Mal vergeben wurde.



Insgesamt fielen die Ergebnisse schlechter aus als in den Vorjahren. Von den 50 Teilnehmern bestanden nur 33 die sogenannte Winterprüfung, 13 fielen durch und vier mussten wegen Krankheit passen. Das entspricht einer Erfolgsquote von 72 Prozent, etwa drei Prozent weniger als noch 2022. „Das ist zu dünn für einen Berufszweig, der die Zukunft bestimmen wird und soll“, lautete die Bilanz von Obermeister Walter Ebert. Der Elektro-Ingenieur, der im März nach mehr als 30 Jahren an der Spitze der Innung sein Amt abgeben wird, machte kein Hehl daraus, dass er sich für seine letzte Freisprechungsfeier ein besseres Ergebnis erwartet hätte.

Erfreut zeigte sich Ebert jedoch über die große Zahl von Ehrengästen, die der Freisprechungsfeier beiwohnten. Aus der heimischen Handwerksfamilie waren Kreishandwerksmeister Martin Gutmann sowie die Geschäftsführerin der Kreishandwerkerschaft Hanau, Nicole Laupus, sowie der Vizepräsident der Handwerkskammer Wiesbaden, Joachim Wagner, auf die Ronneburg gekommen. Und auch aus der Politik waren namhafte Vertreter anwesend: unter anderem Hanaus Oberbürgermeister Claus Kaminsky (SPD) sowie der Kreisbeigeordnete Winfried Ottmann (CDU).

Dass Obermeister Walter Ebert sich kritisch mit gesellschaftlichen und politischen Entwicklungen auseinandersetzt, hat bei den Freisprechungsfeiern der Innung bereits eine gewisse Tradition. Und auch dieses Mal sparte er nicht mit Seitenhieben. Er prangerte die „überbordende Bürokratie“ in Deutschland an, die schon an „Halbverstaatlichung“ grenze und dafür sorge, dass große Betriebe immer größer und die Zahl der kleinen Unternehmen und deren Beschäftigte immer kleiner werde.

Aber der Obermeister hatte auch positive Tendenzen ausgemacht. Zumindest die Politik habe angesichts des Mangels an Handwerkern nun endlich die Bedeutung der Branche erkannt. „Wir haben sehr wohl auch positiv vermerkt, dass die Politik das Handwerk und das duale Berufssystem wiederentdeckt hat. Bei Veranstaltungen wird fast nicht mehr nur über Studienmöglichkeiten gesprochen, sondern es wird das Handwerk hervorgehoben. Da werden Berufe wie Maler, Fliesenleger, Heizung-Sanitär und Elektro angesprochen! Toll, habe ich all die Jahre nicht erlebt“, so Ebert.

Er lobte Initiativen wie die Kür zum „Handwerker des Monats“, die darauf abzielen, das Image der Branche aufzupolieren. Doch goss Ebert auch gleich noch einen Schuss Essig in den Wein: „Das sind alles richtige Entwicklungen, die jedoch zehn bis 15 Jahre zu spät kommen“, sagte er. Zwar lasse sich das Rad noch herumdrehen, analysierte der Obermeister, doch weil jetzt die Babyboomer mit ihrer großen Erfahrung und ihrem Wissen peu a peu in Rente gingen, werde die Ausbildung von Nachwuchs teurer, hektischer und schwieriger.

Als einen Schritt in die richtige Richtung bewertete der Obermeister den Einstieg von jungen Frauen in die Branche. Gerade das Elektrohandwerk biete für sie ein fast unbegrenztes Betätigungsfeld. „Unser Beruf wird immer anspruchsvoller und digitaler“, so Ebert. Er besteht nicht nur aus der „Drecksarbeit“, sondern es gehe auch um Parametrieren und Programmieren. „Und bei der Kopfarbeit sind viele junge Mädchen den Herren der Schöpfung voraus“, meinte der Obermeister. Er plädierte dafür, „alte Denkstrukturen und Dünkel über Bord zu werfen“. Viele Betriebe  hätten das mittlerweile erkannt. Jetzt gelte es, die bereits eingesetzte Entwicklung weiter zu forcieren.

Kurzporträt Emily Nöckel

Sie installiert Wämepumpen und Zählerkästen, aber sie „kloppt“ auch Schlitze „Das mache ich sogar ganz gerne“, sagt Emily Nöckel und lacht. Sie hat auch allen Grund zur Freude, denn die 20-Jährige aus Hammersbach hat die beste Abschlussprüfung ihres Jahrgangs hingelegt. Die Note „gut“ hat ansonsten keiner der 33 frisch gebackenen Gesellen und Gesellinnen erreicht, die jetzt ihren Brief ausgehändigt bekamen. Die Liebe zu ihrem Beruf begann mit einem Ferienjob bei der Firma Buss in Hammersbach. Emily Nöckel erinnert sich genau an die Worte ihres Chefs Roland Buss: „Mädchen, bevor du studierst, lerne erst einmal was Richtiges. Dann weißt du auch, wovon du redest.“ Worte, die die begabte Handwerkerin beherzigte. Statt Abitur machte sie eine Lehre. Und statt Studium, wie eigentlich geplant, peilt sie nun den Meistertitel an.“Zunächst will ich jedoch noch eine Zeit als Gesellin arbeiten, um noch mehr Erfahrungen zu sammeln“, berichtet sie. In der Firma Buss ist übrigens jetzt ihr sieben jahre älterer Bruder Leon der Chef, der das Unternehmen von Unternehmensgründer Roland Buss übernommen hat. Da tut sich in Hammersbach also ein neues altes Familienunternehmen auf.

Das sind die neuen Gesellen der Elektro-Innung:

Ahmad Anadani, Büdingen (Elektro Essel GmbH & Co. KG, Bad Soden-Salmünster); Nils Bergmann, Mainhausen (Heidi Schiwietz-Vogel, Hanau); Awet Berhane Weldegebriel, Bad Soden-Salmünster (Elektro Essel GmbH & Co. KG, Bad Soden-Salmünster); Andreas Bernhard, Schlüchtern (Elektro Essel GmbH & Co. KG, Bad Soden-Salmünster); Luca Bricl, Hanau (Elektro Knaak GmbH & Co. KG, Hanau); Lucas Budzynski, Hanau (Elektro Knaak GmbH & Co. KG, Hanau); Maximilian Cieslak, Hanau(Markus Herbert, Hanau); Christopher Desch, Biebergemünd (Hock Elektroanlagen GmbH, Freigericht); Timm-Thomas Dietz, Karben (Ernst Pemsel Steuerungsbau GmbH, Bruchköbel); Domenic Fischer, Rodenbach (Elektro-Jung Gründau); Giulio Galante, Freigericht (LORENZ ENERGIE GmbH, Gründau); Pascal Guth, Hanau (R + S solutions GmbH, Maintal); Mohmmad Fahim Ibrahimkhil, Bad Soden-Salmünster (Kur und Freizeit GmbH, Bad Soden-Salmünster); Marius Kamionka, Steinau (ELEKTRO KLEIN AG, Biebergemünd); Beran Karadag, Hanau (R + S solutions GmbH, Maintal); Marvin Kosche, Bruchköbel (Elektro Knaak GmbH & Co. KG, Hanau); Avdyl Kryeziu, Großkrotzenburg; Hannes Langner, Sinntal (Norbert Albinger, Sinntal); Feisal Mangal, Frankfurt am Main (Piepenbrock Technischer Gebäudeservice GmbH + Co. KG, Hanau); Anatol Mezler, Gründau (Gross u. Andrej Dizer, Hasselroth); Hüseyin Moroglu, Erlensee (Elektro Knaak GmbH & Co. KG, Hanau); Nico Müller, Birstein (Wilfried Weber, Birstein); Alexander Neubert, Offenbach (Elektro Essel GmbH & Co. KG, Bad Soden-Salmünster); Emily Nöckel, Hammersbach (Elektro Buss, Hammersbach); Luca Joel Raudnitzky, Maintal (Mesa Mess-u.Steuerungsanlagen GmbH, Maintal); Niklas Schmidt, Biebergemünd (Günter Rieger, Biebergemünd); Norman Schwarzer, Schlüchtern (Elektro Bueti GmbH & Co. KG, Steinau); Vanessa Theiß, Gründau (Stephan Schmidt, Bruchköbel); Anna-Marie Tomec, Birstein (ELEKTRO KLEIN AG, Biebergemünd); Carsten Wagner, Linsengericht (Bettner & Ebert GmbH, Hanau); Kevin Wittner, Gelnhausen (Rohr ElektroKom GmbH, Gelnhausen); Nico Wolf, Gründau (Stefan Wolf, Gründau); Ömer Furkan Yildirim, Hanau (Melda Kamali, Hanau)

elektrogruppenfoto az

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Von links: Kreisbeigeordneter Winfried Ottmann, Innungsbeste Emily Nöckel, Vanessa Theiß, Obermeister Walter Ebert und Oberbürgermeister Claus Kaminsky.


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