Tarnanzug, Armbrust, Nato-Stacheldraht: 45-Jähriger rüstet sich für "Tag X"

Blaulicht
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Ein Spezialeinsatzkommando (SEK) war dieser Tage in Aktion beim Amtsgericht Gelnhausen. Doch es war keine akute Gefährdungslage, sondern ein Routineeinsatz. Die vier bewaffneten und vermummten Elite-Polizisten bewachten einen Angeklagten. Dieser 45-Jährige stammt eigentlich aus einer Gemeinde im Altkreis Gelnhausen. Doch seit dem Jahr 2020 sitzt er im Gefängnis, derzeit in der Justizvollzugsanstalt Butzbach. Im Jahr 2019 war er vor dem Landgericht Halle wegen zwei Fällen von gefährlicher Körperverletzung zu einer Haftstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt worden, die er gerade absitzt.



Zuletzt ermittelte sogar die Bundesanwaltschaft gegen den Mann beispielsweise wegen Terrorismusfinanzierung. In Gelnhausen wurde er nun wegen des Besitzes eines verbotenen Gegenstandes zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten verurteilt, ausgesetzt auf vier Jahre zur Bewährung. Angeklagt war er von der Staatsanwaltschaft Frankfurt, deren Vertreterin eine Haftstrafe ohne Bewährung gefordert hatte. Sein Verteidiger hielt eine Geldstrafe von 960 Euro für angemessen.

Das Ganze geht zurück auf einen Vorfall, der schon fast fünf Jahre zurückliegt. Am 12. September 2018 hatte das SEK seine Wohnung gestürmt. Anschließend durchsuchten Beamte des Landeskriminalamtes das Domizil und fanden zahlreiche Waffen, so fünf Armbrüste, drei Macheten und drei Messer – Teile davon griffbereit in Bettnähe. Weitere Fundstücke: Ein Tarnanzug und Nato-Stacheldraht. Doch auch rechtsradikale Utensilien, so eine Reichkriegsflagge an einer Wand und eine NS-Fahne, hatte der Mann im Besitz. Eine der Armbrüste war mit einem Tuch bedeckt, auf dem ein Hakenkreuz prangte. Und ein Klettaufkleber mit der Aufschrift „Polizei“ fand sich.

Auf die Anklagebank brachte ihn der Besitz einer Armbrust, die nicht nur mit einem Zielfernrohr ausgestattet war, sondern auch mit einer fest angebrachten Taschenlampe als Zusatzscheinwerfer, um im Dunklen Ziele sichtbar zu machen. Der Besitz der beiden Gegenstände alleine ist nicht strafbar, aber beides in Kombination schon.

Die Staatsanwaltschaft warf dem 45-Jährigen vor, diese gefährliche Waffe besessen zu haben, um am „Tag X“ damit politische Gegner zu töten. Diesen Vorwurf wies sein Verteidiger zurück. Sein Mandant erwarte zwar den „Tag X“ und dafür sei auch die Waffe gedacht, jedoch in gänzlich anderer Verwendung. Der Angeklagte bezeichne sich selbst als „Prepper“. Hinter dem Begriff verbergen sich Personen, die sich mit individuellen Maßnahmen auf Katastrophen, beispielsweise durch die Bevorratung von Lebensmitteln, Schutzkleidung und Werkzeugen, vorbereiten. Die Armbrust sei für die Jagd nach dem Untergangs-Szenario gedacht gewesen.

Zum Thema Bevorratung fand die Polizei bei der Durchsuchung lediglich einige Nato-Verpflegungspakete auf einer Couch. Auf größere Lebensmittelvorräte stießen sie nicht. Der 45-Jährige hatte dafür eine Erklärung parat: Natürlich habe er Vorräte angelegt, diese aber in einem Geheimversteck im Wald vergraben.

Der Angeklagte ist für die Justiz kein Unbekannter. 13 Eintragungen weist sein Strafregister auf. Verurteilt wurde er bereits quer durch das Strafregister von Beleidigung über den unerlaubten Besitz von Betäubungsmitteln und Diebstahls bis hin zu Bedrohung und Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen.

2018 wurde er wegen des Besitzes von verbotenen Gegenständen sowie den Umgang mit gefährlichen Stoffen verurteilt. Damals waren bei ihm eine Armbrust mit einer Laservorrichtung sowie ein Glasröhrchen mit Schwarzpulver gefunden worden.

Richter Wolfgang Ott kritisierte in seinem Urteil die hohe Rückfallgeschwindigkeit. Kurz nach dem Urteil im Jahr 2018 wurde bei dem Beschuldigten die Armbrust mit dem Lichtmodul sichergestellt. Deswegen könne nur eine erneute Bewährungsstrafe verhängt werden. Seine rechtsradikale Gesinnung spiele bei der Urteilsfindung keine Rolle. Für die Anklagevertreterin war klar, dass der 45-Jährige die gefährliche Waffe gegen Menschen einsetzen wollte. Alles andere seien Schutzbehauptungen. Sie kritisierte auch das fehlende Unrechtsbewusstsein bei dem Mann.

Der sah sich in seinem Schlusswort in der Vergangenheit schon genug bestraft durch die Behörden. Durch deren jahrelangen Ermittlungen gegen ihn wegen Gründung und Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung sowie Terrorismusfinanzierung habe er bereits seinen Arbeitsplatz verloren. / hd


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