Wann haben Sie das letzte Mal vor Ihrer Haustür gekehrt?

Ei Gude wie
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Dass wir uns über Missgeschicke anderer amüsieren, liegt in der Natur des Menschen und ist so alt, wie wir selbst.



Die eigenen Missgeschicke indes vertuschen wir am liebsten, kehren sie sozusagen unter den Teppich. Und da sind wir schon bei meinem heutigen Thema. Dem Kehren. Vor der eigenen Haustüre meine ich.

Frage: Wann haben Sie das letzte Mal vor Ihrer Haustür gekehrt? Wir sind ja alle, ob Eigentümer oder Mieter, von Zeit zu Zeit verpflichtet, das steht in der „Kehrordnung“ ihrer Gemeinde, die Straße und den Gehweg zu reinigen. Ja, so ist das, denn im Grundsatz müssen Stadtverwaltungen und Gemeinden dafür sorgen, dass sich Fußgänger gefahrlos auf Straßen und Gehwegen bewegen können. Per Satzung übertragen sie diese Pflicht jedoch meist an die Hauseigentümer. Die Straßenreinigung erfasst auch den Winterdienst und somit die Beseitigung von Eis und Schnee und das Streuen bei Eisglätte. Und da haben wir den Ball. Ob wir das regelmäßig machen, wird kaum kontrolliert. Allerdings werden „Niemals“-Kehrer, wenn es denn augenscheinlich ist, schon von den Kommunen an ihre Pflichten erinnert und es wird mit Bußgeldern gedroht. Für Kommunen eine undankbare Sache. Da dürfen keine Fehler im „Verwaltungsakt“ gemacht werden. Alles muss sauber dokumentiert werden. Zum Glück für alle hält es sich mit solchen „Dreckspatzen“ in überschaubaren Grenzen. Kleiner Ausflug: Woher kommt der Begriff Dreckspatz? Sie baden im Wasser, nehmen aber auch Bäder im Staub. Das hilft gegen Schädlinge in den Federn. Dadurch sieht der Spatz dreckig aus. So entstand der schlechte Ruf des „Dreckspatzen“.

Ja, der Dreckspatz kehrt im übertragenen Sinne lieber vor der Haustür des Nachbarn. Es soll schon Nachbarn geben, die so viel Zeit übrighaben, dass Sie die Nachbarn akribisch genau beobachten und ausspionieren. Und zu guter Letzt haben Sie noch die Zeit, anderen über die gewonnenen Erkenntnisse über die Nachbarschaft zu berichten. Das nennt man auch tratschen, viel und nicht sehr freundlich über andere Leute reden. Macht vielen Spaß. Lenkt es doch von den eigenen Problemen ab. Sicher ist, das wird nicht aussterben. Wir müssen damit leben und damit umgehen können. Leichter gesagt als getan. Wohl dem, der keine Tratschtanten und -onkels in seinem Umfeld hat. Sie gibt es aber in jedem Dorf, das ist gewiss. Am besten lässt man sie „links“ liegen, also absichtlich nicht beachten. Mag manchem schwerfallen, ist aber eine bewährte Methode, um Tratschern das Wasser abzugraben.

Ich kehre unsere Straße und den Gehweg, wenn ich kehre, mit einem Original Kasseler Reisigbesen, zu erkennen an den vier Ringen. Sie sind mittlerweile sehr selten. Ich werde oft von Passanten nach dem Besen gefragt. Gerne gebe ich darüber Auskunft, ob es die Leute hören wollen oder nicht. Gelegentlich sind auch Tratscher darunter. Ich erkläre ihnen, dass dieser Kasseler Reisigbesen mit den vier Ringen aus unserem „Besenkassel“ stammt und ein wahrer Zauberkünstler ist, was das Kehren anbelangt. Er kehrt sehr gut und das besonders vor der eigenen Haustüre. Nur vor Nachbars Haustüre, da bockt er, da will er nicht kehren. So mancher versteht den Hinweis und zieht lächelnd von dannen. Ei Gude, wie!

Zum Autor

Er sei ein waschechter Neuenhaßlauer, sagt er von sich selbst. Helmut Müller (70) ist in Neuenhaßlau als 4. von 7 Kindern geboren und ein typisches Nachkriegskind dazu. Seine Mutter Hessin und evangelisch, sein Vater Sudetendeutscher und katholisch, aber kein Flüchtling, sondern Kriegsgefangener, der nicht in seine angestammte Heimat zurückkonnte. Er wächst in einem 4 Generationen Haus mit den Eltern, sechs Geschwistern, Oma und Opa sowie Onkel und der Ur-Großmutter auf. Der Spielplatz war die Straße. In der Volksschule, die er mit dem Hauptschulabschluss beendete, war deutsch seine erste Fremdsprache die er lernen musste. In späteren Jahren hat er seine mittlere Reife und das Fachabitur für Wirtschaft und Verwaltung nachgeholt und das Ganze als Diplom Verwaltungswirt (FH) abgeschlossen. Er war in etlichen Vereinen aktiv. Man könnte ihn getrost als „Vereinsmeier“ bezeichnen. Er hat dabei fast alle Positionen, die ein Vorstand hat, begleitet. Kontakt: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!


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