Erst am Mittwoch wurden nach intensiven zunächst verdeckt geführten Ermittlungen des Hessischen Landeskriminalamtes strafrechtliche und disziplinarische Verfahren gegen mehrere Mitarbeiter und Dienstgruppenleiter des SEK Frankfurt eröffnet.
„Wir stoßen heute einen fundamentalen Neustart für das SEK an. Es wird beim Spezialeinsatzkommando ein grundlegender organisatorischer Umbau erfolgen. Zudem muss dort eine gänzlich neue Führungskultur auf den unteren und mittleren Vorgesetztenebenen geschaffen werden. Natürlich sind unsere Spezialkräfte auch in Zukunft unverzichtbar, aber die Rahmenbedingungen werden andere sein. Diesen Neustart wird Stefan Müller fachkundig gestalten. Er wird gemeinsam mit erfahrenen Fachleuten einen Expertenstab bilden, der die erfolgten Fehlentwicklungen genauestens analysieren und darauf aufbauend einen Vorschlag zur Neustrukturierung des SEK erarbeiten wird,“ sagte Hessens Innenminister Peter Beuth.
Ermittlungen des Hessischen Landeskriminalamtes haben strafbewährte Aussagen in Chats zwischen Mitarbeitern des SEK Frankfurt zu Tage gefördert, denen strafrechtlich und disziplinarisch nachgegangen wird. Die Chats stammen überwiegend aus den Jahren 2016 und 2017. Einige möglicherweise auch strafbewährte Text- oder Bildnachrichten in den Chats legen den Verdacht einer rechtsextremen Gesinnung einiger Mitglieder des SEK Frankfurt nahe. 18 Beamten des SEK Franfkurt wurden am Mittwoch, 9. Juni 2021, die bis dahin verdeckt geführten Ermittlungen gegen sie eröffnet und gleichzeitig das Verbot des Führens der Dienstgeschäfte ausgesprochen. Drei von ihnen, allein weil sie Teilnehmer der relevanten Chatgruppen waren und als Vorgesetzte die in Rede stehende Kommunikation nicht unterbunden und geahndet haben. Zudem erstrecken sich die strafrechtlichen Ermittlungen auf einen ehemaligen Beamten. Eine Person wird angesichts der Schwere der strafrechtlichen Vorwürfe suspendiert.
Da neben Mitarbeitern auch Teile der ersten Führungsebene des SEK Frankfurt in den Chatgruppen waren und dort die potentiell strafbewährten Inhalte unkommentiert wahrgenommen haben, wird gegen drei Dienstgruppenleiter wegen Strafvereitelung im Amt strafrechtlich und disziplinarisch vorgegangen.
„Das inakzeptable Fehlverhalten gleich mehrerer Mitarbeiter sowie das Wegsehen unmittelbarer Vorgesetzter im SEK Frankfurt hat dessen komplette Auflösung nötig gemacht. Zahlreiche Spezialkräfte haben sich nichts zu schulden kommen lassen, sie werden ihrer wichtigen Tätigkeit künftig in neuen Strukturen nachgehen. Dennoch war dieser eindeutige Schritt nötig. Damit unterstreichen wir, dass diskriminierenden Äußerungen und Fehlverhalten konsequent nachgegangen wird. Es kann dort nichts bleiben, wie es bislang war. Auch wer wegsieht und dadurch seiner direkten Vorgesetztenrolle nicht nachkommt, muss mit disziplinarischen Konsequenzen rechnen. Die unmittelbare Vorgesetztenebene muss jederzeit eine klare Haltung zeigen, hinsehen und bei Fehlverhalten entschlossen einschreiten. Seit mittlerweile mehreren Jahren arbeiten wir daran, eine Fehlerkultur des Hinsehens und unmittelbaren Ahndens zu etablieren. Diese muss ausnahmslos überall Einzug halten und das gilt ganz besonders für Spezialeinheiten“, so Innenminister Peter Beuth.
Expertenstab um Polizeipräsident Stefan Müller organisiert Neustrukturierung
Die strafrechtlichen Ermittlungen gegen die beschuldigten Beamten werden von den Strafverfolgungsbehörden mit aller Konsequenz weitergeführt. Der Expertenstab um Stefan Müller, Polizeipräsident des Polizeipräsidiums Westhessen, wird die durch die Ermittlungen zutage getretenen Fehlentwicklungen des SEK Frankfurt analysieren und darauf aufbauend einen Vorschlag zur Neustrukturierung des Spezialeinsatzkommandos erarbeiten. Besondere Beachtung wird dabei auch die Stärkung der Führungskultur innerhalb des SEK einnehmen. Der Expertenstab erhält dafür uneingeschränkten Zugang zu dafür erforderlichen Unterlagen (ausgenommen jenen, die den strafrechtlichen Ermittlungen vorbehalten sind), wird Gespräche mit Mitarbeitern und Vorgesetzten führen, kann die Expertise des Zentralpsychologischen Dienstes (ZPD) der Polizei nutzen und wird situativ auch externes Fachwissen zur Organisationsentwicklung miteinbeziehen.
„Die Spezialeinsatzkommandos sind besonders geschulte Spezialisten. Sie rücken an, wenn es gefährlich wird. Dann müssen sie einen kühlen Kopf bewahren. Wir stellen besondere fachliche Anforderungen an diese Spezialeinheiten. Wir erwarten von ihnen aber auch besondere moralische Ansprüche und ein festes Wertefundament. Wer der Gesamtheit dieser Ansprüche nicht gerecht wird, hat in diesen Einheiten nichts zu suchen. Wir werden den Fehlentwicklungen im Frankfurter SEK akribisch auf den Grund gehen, uns die Führungsstrukturen bis ins Detail ansehen und konkrete Vorschläge zur Neustrukturierung ebenso schlagkräftiger wie integrer Spezialisten erarbeiten. Klar ist, die hessische Polizei braucht diese hochspezialisierten Einheiten. Sie sind mit ein Garant für die Sicherheit und müssen daher umso mehr frei von inakzeptablem Fehlverhalten sein“, sagte Polizeipräsident Stefan Müller.
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