Zeitkapseln im Museum dokumentieren Corona

Gelnhausen
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Fünftklässlerinnen und Fünftklässler des Grimmelshausen Gymnasiums besuchen das Museum der Stadt Gelnhausen.



Eigentlich ist das Museum geschlossen, wie so vieles seit eineinhalb Jahren. Aber genau deshalb werden die Kinder heute dennoch eingelassen. Denn es geht um die Corona-Zeit. Und zusätzlich um das, was sich Zehnjährige vorstellen. „Wie siehst du dein Leben jetzt und wie stellst du dir es dir in 50 Jahren vor?“ Die Aufgabe war nicht einfach für die Fünftklässlerinnen und Fünftklässler. Entwickelt wurde sie von der Museumsleiterin Simone Grünewald. Um Klassen zu finden, die sich an ihrer Idee beteiligen, wandte sich Grünewald an Peter Malz, den Leiter des Fachbereichs II und Mitglieds der Schulleitung des Grimmelshausen Gymnasiums. Der wiederum begeisterte sich für die Idee und bat die Deutschlehrerin Bettina Mähler, ihre zwei Deutschklassen im Februar, kurz bevor die Schulen für den Wechselunterricht öffneten, Briefe an sich selbst schreiben zu lassen.

Aber erst als die Kinder dann vier Monate später im Kreis im Grimmelshausen-Museum sitzen dürfen, werden die Briefe vorgetragen. Wer liest, darf ich Ohrensessel thronen, alle anderen umringen die Lesenden auf dem Boden, natürlich mit Mundnasenschutz. Eine Schülerin ist per iPad zugeschaltet aus Hongkong, wo sie sich derzeit in dreiwöchiger Quarantäne befindet. Auch die Museumsleiterin und Peter Malz haben sich Zeit genommen und hören zu. „Mir geht es nicht gut“, „ich bin traurig“, „ich habe schlechte Laune“, „mir ist langweilig“, beginnen viele ihre Briefe, „ich wäre lieber in der Schule“. „Man sitzt den halben Tag vor dem PC“, klagt Lucy, „aus Sicherheitsgründen müssen wir Masken tragen und Abstand halten“, berichtet Lia. „Und wir können uns nicht verabreden“, hält Collin fest. Typische Briefe von Zehnjährigen klingen anders, das Vorgelesene dokumentiert die neue Realität. Die nun zusammengefaltet in zwei Zeitkapseln der Klassen 5.3 und 5.7 aufbewahrt wird.

Begonnen haben die Briefe sehr ungewöhnlich: an „mein älteres Ich“ oder „mein späteres Ich“ oder auch so wie bei Samuel: „Hallo, du in der Zukunft! Wir sind ein- und dieselbe Person! Leider kannst du mir nicht antworten, weil man ja keinen Brief an die Vergangenheit schreiben kann.“ Das sei eigentlich gut so, äußert sich Renee sehr philosophisch, sie wolle gern in die Zukunft schauen: „Aber ich möchte auch das Dazwischen erleben, ohne Anleitung!“ Für dieses Dazwischen, die nächsten fünfzig Jahre, wünschen sich die Kinder zunächst Erwartbares, ein schönes Haus, ein großes Auto, eine Familie, viele der Mädchen möchten Tierärztin werden, viele der Jungen Architekten oder Informatiker. Einige möchten auf einem anderen Kontinent wohnen und in den Ferien ihre Eltern in Gelnhausen besuchen.

Einige rätseln aber auch, zum Beispiel, ob es fliegende Autos und bessere Medizin geben werde, auch gegen das Coronavirus. Und viele äußern Sorgen um Tiere und die Natur. Mats wünscht sich, den Urwald vergrößert zu haben, Lucy möchte bedrohte Tierarten gerettet haben und Ben hofft, dass die Massentierhaltung beendet sein wird, weil so das Coronavirus entstanden sei. Tyrese zweifelt gar daran, dass es Bäume und Natur später noch geben wird. Und Samuel schließt seinen Brief mit einer Mahnung „P.S. Ich hoffe, ihr habt die Umweltkatastrophe gelöst.“ Manche Kinder zweifeln, ob sie sich in 50 Jahren noch an ihren Brief erinnern werden, Adele aber hofft, später auf jeden Fall noch einmal die Möglichkeit zu haben, ihre Wünsche heute mit ihrem Leben abgleichen zu können. Simone Grünewald ist sich sicher, dass die Zeitkapseln dann noch im Museum stehen werden. Denn die Briefe darin seien es wert, erhalten zu werden.


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