Lindenauschule: Ethikkurs 11 zu Besuch in Hanauer Moschee

Beim Empfang vor der Moschee wurden wir von Herrn Bozkurt auf den Lebensmittelladen neben dem Eingang der Moschee aufmerksam gemacht. Die in den 1960er Jahren nach Hanau zugezogenen türkischen Arbeiter legten Wert darauf, Halal geschlachtetes Fleisch kaufen zu können und schauten sich nach einem geeigneten Gebetsraum um. So entstand aus der ehemaligen Kegelbahn die Moschee des Islamischen Vereins Hanau in der Gärtnerstraße. Den Besuch stellte Imam Bozkurt gleich zu Beginn unter das Motto „Miteinander ins Gespräch kommen“. Wir stellten unsere Schuhe ins Regal und setzten uns gemeinsam in einen Kreis auf den Teppich im Gebetsraum. Imam Bozkurt erklärte uns die rituellen und gestalterischen Elemente des Gebetsraumes. Herr Bozkurt ist seit 2017 in der muslimischen Gemeinde Imam, wurde in Hamburg geboren, ist in Köln aufgewachsen und hat in Frankfurt a.M. Soziologie und Islamische Studien studiert. Er hat seinen Master in Soziologie, seine Frau in islamischer Religion absolviert. Dass Imam Bozkurt und seiner Frau der Kontakt und das Miteinander mit anderen Menschen wichtig ist, spürten wir während unseres gesamten Besuchs. Gern gaben sie ihr Wissen über den Islam und ihre Arbeit in der Gemeinde weiter und freuten sich über die Fragen der Lernenden. Sehr eindrucksvoll waren die Ausführungen zur Bedeutung der mündlichen und schriftlichen Sprache im Islam. Einerseits sei der Islam die einzige Buchreligion in dem Sinne, dass der Koran als direkte Weitergabe Gottes an die Gläubigen gelte.

Andererseits spiele die unverfälschte Wiedergabe des Korans in arabischer Sprache eine besondere Rolle – der Koran sei wohl weltweit das Werk, welches am häufigsten auswendig gelernt werde. Auf der ganzen Welt fänden Wettbewerbe statt, in denen es darum gehe, Verse des Korans in meisterhafter Weise zu rezitieren. Imam Bozkurt gab uns ein lebendiges Beispiel, indem er sowohl den Ruf zum Gebet als auch ein Gebet für uns zelebrierte. Wir kamen auch auf die besondere Situation der Muslime in Europa zu sprechen. Zum einen würden die religiösen Wurzeln sehr gepflegt und das Leben der Muslime werde stark von einer konservativen religiösen Lebensführung im Vergleich zu den Einheimischen geprägt, was jedoch vor allem mit dem Wunsch nach Identifikation zu begründen sei. Imam Bozkurt machte darauf aufmerksam, dass beispielsweise die Sprache der Eltern oder Großeltern nur noch rudimentär beherrscht würde und gerade die Jugendlichen häufiger „zwischen den Stühlen“ säßen, da sie in den Ländern ihrer Vorfahren eher als „Deutsche“ identifiziert würden. In der jungen Generation sei ein Wandel zu beobachten und es entstehe gerade etwas wirklich Neues.

Da einige der muslimischen Schülerinnen und Schüler des Arabischen nicht mächtig sind, wächst auch unter den Jugendlichen unseres Kurses das Bedürfnis, den Koran inhaltlich besser zu durchdringen und zu verstehen. Frau Bozkurt wies darauf hin, dass es in der Moschee einen vierjährigen Korankurs für Jugendliche ab 16 Jahren gebe, in dem die Suren des Korans in deutscher Sprache gemeinsam diskutiert und ausgelegt würden. Interessant war es zu erfahren, dass die Arbeit in der Moschee alle Lebensbereiche umfasst. Da das Leben der Muslime in Deutschland sehr stark auf die Religion konzentriert sei, werden der Imam und seine Frau in allen Lebensfragen konsultiert. Um diesen Ansprüchen gerecht werden zu können, lässt sich Frau Bozkurt zur „Systemischen Therapeutin“ ausbilden. Wir bedanken uns herzlich bei Imam Mustafa Bozkurt und seiner Frau für das sehr interessante Gespräch und die lehrreichen Einblicke in das Leben eines zum Imam berufenen.

Verfasserin: Sandra Hartmann (Kurslehrerin Ethik 11)