Gelnhäuser Großsporthalle heißt jetzt „Rudi-Lechleidner-Halle“

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1.200 Zuschauer in einer restlos ausverkauften Großsporthalle bildeten einen überragenden Rahmen für eine Abend, den man in Gelnhausen immer in Erinnerung behalten wird. Gänsehautmomente im Sekundentakt, Emotionen am Anschlag, unzählige Tränen der Rührung, eine Überraschung von sporthistorischer Bedeutung für die Region, eine legendäre Feier bis spät in die Nacht und am Ende noch ein sensationeller 28:25 (13:10)-Sieg der stark ersatzgeschwächten Barbarossastädter am 23. Spieltag in der 3. Handball-Liga Süd-West gegen die HG Saarlouis.



Die Handballfans erlebten wahrlich unvergessliche Momente in der ohnehin schon großen Geschichte des TV Gelnhausen.

Bereits 20 Minuten vor Spielbeginn platzte die Halle aus allen Nähten. Der TVG hatte mit der „Nacht der Legenden“ um das Spiel herum ein Klub-Event organisiert, dass bisher einzigartig ist und aufgrund seines Premierencharakters auch für immer bleiben wird. Vor wenigen Monaten hatten die Fans ihre 50 größten Klub-Ikonen der vergangenen 57 Jahre gewählt, so lange existiert die Handballabteilung des TVG und sage und schreibe 44 Legenden waren der Einladung gefolgt. Dafür war ihnen kein Weg zu weit. Extra aus Dänemark kam der 84fache grönländische Nationalspieler Hans-Peter Motzfeldt und der 159fache polnischen Nationalspieler Jerzy Garpiel reiste aus Polen an, um gemeinsam mit Uli Schaus, Rainer Dotzauer, Anders Indset und Co. zu feiern.

„Nach all den Jahren wieder hier zu sein und diese spezielle TVG-Gefühl zu erleben, ist einfach überragend“, sagte Garpiel und Motzfeld fügte hinzu: „Ich bin sehr gerne aus Dänemark hierhergekommen, um das mitzuerleben. Ich habe viele tolle Menschen wieder getroffen und bin einfach nur dankbar.“ Auch Martin Sutter war begeistert. „Es ist eine große Ehre, gemeinsam mit Namen wie Rudi Lechleidner, Uli Schaus oder Louis Rack genannt zu werden und bei einer solchen Veranstaltung dabei sein zu dürfen. Und es zeigt sich heute wie damals: Die Fans des TVG sind einfach überragend.“

Den emotionalen Höhepunkt gab es dieses Mal schon vor dem Anpfiff, als die Legenden, angeführt von Hagen Mootz, der den im Rollstuhl sitzenden Rainer Dotzauer begleitete, eine große Ehrenrunde durch die Halle drehten. Die Altstars hatten sich zuvor bereits zum Essen auf dem Gut Hühnerhof getroffen. Hier überraschte die neue Klub-Führung um Corinna Müller, Martin Heuser und Philipp Deinet den langjährigen Geschäftsführer und Macher Mootz mit der Ernennung zur „Ehren-Legende“. Die Fans begleiteten die Helden vergangener Tage mit Standing Ovations und bereits hier floss die ein oder andere Träne.

Doch als dann Hallensprecher Carsten Ullrich die Tochter des 2008 verstorbenen Rudi Lechleidner, der größten Gelnhäuser Handball-Legende, zu sich in die Hallenmitte bat, sollte sich die festliche Stimmung ihrem Höhepunkt nähern. Zu ihr gesellten sich TVG-Geschäftsführerin Müller, Gelnhausens Bürgermeister Daniel Glöckner und Landrat Thorsten Stolz. Letzterer verkündete, dass ab sofort die Großsporthalle Gelnhausen den Namen „Rudi-Lechleidner-Halle“ tragen wird. Es folgte langanhaltender und donnernder Applaus von den Rängen und Lechleidners Tochter Katharina Urban mit ihren beiden Kindern war ebenso wie alle 1200 Menschen in der Halle sichtlich gerührt. Der TVG hatte vor einigen Wochen angefragt, ob eine Hallenumbenennung möglich wäre und ist dabei auf offene Ohren gestoßen. Ein offizieller Akt wird nun im aller Ruhe vorbereit.

Nun war das Feld bestellt für den sportlichen Teil und die Mannschaft des TV Gelnhausen machte von Beginn an klar, dass sie fest entschlossen ist, sich an einem solch geschichtsträchtigen Tag nicht die Butter vom Brot nehmen zu lassen. Zum Glück konnten Max Bechert, Fynn Hilb und Jonathan Malolepzsy, die allesamt unter der Woche nicht trainiert hatten, mitspielen, so dass die stark ersatzgeschwächte TVG-Mannschaft, wenigstens ein bisschen Wechselpersonal zur Verfügung hatte. Sicherheitshalber zog Cheftrainer Matthias Geiger vier A-Jugendspieler hinzu.

„Wir haben bei Fynn und Jonathan das Warmmachen abgewartet. Zum Glück konnten sie spielen. Allerdings brauchten sie auch ihre Pausen. Dadurch mussten wir im Spiel viel rotieren, was uns anfälliger für Fehler gemacht hat. So haben wir den Gegner im Spiel gehalten. Eigentlich hätten wir den Sack sogar früher zumachen können. Aber gestützt auf eine starke Leistung der beiden Torhüter haben wir wahnsinnig gut verteidigt und um jeden Ball gekämpft. Dadurch haben wir den ein oder anderen Fehler im Angriff wettmachen können“, sagte Geiger.

Hilb eröffnete mit seinem Treffer die Partie, in der die HG Saarlouis kein einziges Mal in Führung gehen sollte. Keeper Julian Lahme war von Beginn an gut im Spiel, parierte einen Siebenmeter und gab seinen Vorderleuten die nötige Sicherheit. Nach 16 Minuten führte der TVG mit 8:4 und die Hölle Süd machte ihrem Namen alle Ehre. Die Fans peitschen die junge Gelnhäuser Mannschaft mit einer Urgewalt nach vorne und sorgten für dermaßen viel Energie, dass die Rotweißen einmal mehr zur Höchstform aufliefen. Mit 13:10 ging es in die Pause.

Im zweiten Durchgang hütete Alex Bechert das Gelnhäuser Tor und knüpfte nahtlos an Lahmes Leistung an. Mit einem 4:1-Lauf setzte sich der TVG bereits nach 36 Minuten auf 17:11 ab und es schien alles nach Plan zu verlaufen. Doch die Gäste wollten sich nicht so schnell geschlagen geben. In einer nun immer härter umkämpften Partie gelangen ihnen vier Tore in Folge und in der 49. Minute stand es nach dem Treffer von Tom Paetow nur noch 20:18.  

Doch der TV Gelnhausen mobilisierte noch einmal die letzten Kraftreserven. Hilb, Benjamin Wörner und Nils Bergau beruhigten mit drei Toren schnell die Nerven der Fans, die jede noch so kleine gelungene Aktionen ihrer Mannschaft wie eine Meisterschaft feierten. „Die Jungs waren total heiß und hatten sich sehr auf dieses Spiel gefreut. Sie wollten natürlich unbedingt zeigen, was in ihnen steckt. Diese Mentalität, sich trotz der vielen Verletzten nicht unterkriegen zu lassen, ist bemerkenswert“, stellte Geiger seinem Team ein Generallob aus. Malolepszy mit sieben Treffern sowie Nils Bergau und Yannik Mocken mit jeweils fünf Toren waren die treffsichersten Schützen.

Am Ende stand ein verdienter 28:25-Erfolg und der erster Sieg in der „alten neuen Heimat“ Rudi- Lechleidner-Halle war perfekt. Es war eine grandiose Ouvertüre für eine legendäre Partynacht. Bis Mitternacht feierten anschließend rund 500 TVG-Fans den Sieg und ihre Legenden. Diese wurden noch einmal einzeln auf der Bühne mit einer Medaille und einem besonderen Trikot geehrt. „Eine überragende Idee wurde sensationell umgesetzt. Glückwunsch an den TVG für dieses super Ereignis“, sagte Klub-Legende Anders Indset.

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