Vorkaufsrecht: Wundermittel oder Papiertiger?

Leserbriefe
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VORSPRUNG-Leser Dr. Ralf-Rainer Piesold nimmt in einem Leserbrief zu den Ankaufplänen der Stadt Hanau in der Innenstadt Stellung.



"Bevor man die obige Frage beantwortet, muss man feststellen, dass die Ankündigung Billigläden durch ein Vorkaufsrecht oder Planungsrecht zu verhindern, zumindest eine geschickte PR-Maßnahme ist. Man weist auf einen Missstand hin und suggeriert gleichzeitig, dass man eine Lösung hat. Das trifft noch stärker zu, wenn man ein allgemeines Spekulantentum damit verbindet. Diese sozialistische Sichtweise kennt man aus Berlin nur zu gut, wobei man dort sogar vor dem Instrument der Enteignung nicht zurückschreckt. Doch weder das Vorkaufsrecht noch das Planungsrecht werden den Umstand ändern, dass Besitzer von Immobilien diese marktkonform anbieten müssen. Es war schon länger bekannt, dass die „Pradas“ und „Armanis“ nicht nach Hanau kommen. Dass sich nun vermehrt 1 € - Läden in der Innenstadt ansiedeln, ist sicherlich ein schlechtes Zeichen. Jedoch scheint niemand die Ursache zu kennen oder er scheut sich diese zu benennen.

Auf jeden Fall scheint die Attraktivität der Innenstadt einer Ansiedlung höher wertiger Läden diametral entgegen zustehen. Gründe könnten u.a. die Verkehrssituation, hohe Parkplatzgebühren oder die subjektiv empfundene Sicherheit sein. Es könnten aber noch weitere Gründe dafür verantwortlich sein. Hier wäre eine Aufklärung notwendig. Falls nun die Stadt mit dem Planungsrecht in den Markt eingreifen will, um Billigläden zu verhindern, begibt sie sich auf ein dünnes rechtliches Eis. Noch gravierender ist der Versuch, das Vorkaufsrecht anzuwenden, da die Stadt einen angemessenen Preis für die Immobilie zahlen muss und für deren Vermarktung zuständig ist. Die Stadt trägt damit ein hohes finanzielles Risiko. Schon die sozialistische DDR hatte versucht, durch einschneidende Marktrestriktionen die Produktion des Trabis zu schützen. An diesem - vielleicht überspitzten - Vergleich kann man sehen, dass staatliche Eingriffe eher das Problem verschärfen statt es zu lösen. Insofern kann man froh sein, wenn die angekündigten Maßnahmen nur ein Papiertiger sind und nicht weitere Investoren abgeschreckt werden. Was tunlichst aber unterbleiben sollte, ist der Versuch, Immobilienbesitzer als herzlose Spekulanten darzustellen, die nur an der Mehrung ihres Reichtums interessiert sind. Sie sind ein wichtiger Bestandteil des ökonomischen Systems eines Staates und der Privatbesitz ein wichtiges Gut, das unsere Verfassung schützt."

Dr. Ralf-Rainer Piesold (FDP)
Stadtrat a. D.
Ehrenamtl. Kreisbeigeordneter
63457 Hanau

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