Kassensturz - öffentliche Haushalte anpassen

Leserbriefe
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Zu den finanziellen Auswirkungen der Corona-Krise nimmt Dr. Ralf-Rainer Piesold (FDP), ehrenamtlicher Kreisbeigeordneter des Main-Kinzig-Kreises, in einem Leserbrief Stellung.



"Das Gesundheitsamt des Main-Kinzig-Kreises und die Kliniken leisten hervorragende Arbeit bei der Bekämpfung der medizinischen und humanitären Coronakrise, aber das ist nur ein Teil der Gesamtkrise, denn die besteht auch aus den wirtschaftlichen und finanziellen Folgen aufgrund des „Shutdowns“ fast einer gesamten Weltwirtschaft. Das Ifo-Institut in München rechnet mit einer Rezession von 4,2% des BIP’s in diesem Jahr und einer Erholung von 5,8% im Jahr 2022. Der IWF ist da schon etwas pessimistischer und prognostiziert eine Rezession von 7% für Deutschland. Diese Auswirkungen wären schon gewaltig, aber immer noch vergleichbar mit der Finanzkrise von 2007. Die Times rechnet für Großbritannien mit einem Rückgang um fast 30% des BIP. Eine solche Zahl würde für Deutschland Kosten in Höhe von ca. 700 Mrd. € bedeuten. Die Prognosen des erfahrenen Frankfurter Kämmerers Uwe Becker sind für unsere Region aufschlussreich. Er geht von einem Rückgang der Gewerbesteuer um den Faktor 25% bis 50% aus, der u.a. bei der Stadt Frankfurt zu einem Verlust von 700 Mio. € bis 1,2 Mrd. € führen würde.

Solche Entwicklungen beeinflussen natürlich auch den Main-Kinzig-Kreis oder die Stadt Hanau. Ausgehend von der Finanzkrise 2007 könnten die Einnahmeausfälle beim Main-Kinzig-Kreis bei 80 Mio. € und bei der Stadt Hanau bei 25 Mio. € liegen. Wahrscheinlich liegen sie sogar höher. Die Stadt Hanau hat sogar noch den Vorteil als Sonderstatusstadt nicht die Soziallasten alleine tragen zu müssen. Eine „Kreisfreiheit“ wäre in dieser Situation nachteilig. Insgesamt kommen auf die öffentlichen Haushalte erhebliche Aufgaben zu. Die Bundesrepublik steht mit einer Staatsschuldenquote von 60,8 % gegenüber Italien mit 132% oder Griechenland 178% vergleichsweise gut da. Auch der Main-Kinzig-Kreis hat sich in den letzten Jahren finanziell stark konsolidiert und verfügt deshalb über ein finanzielles Polster, um auch in der Krise handeln zu können. Dass der vorkurzem genehmigte Doppelhaushaushalt 2020/21 nicht mehr aktuell sein kann, wissen alle Beteiligten und planen jetzt schon einen Nachtragshaushalt.

Für den Main-Kinzig-Kreis war es auch weitsichtig, dass er auf spektakuläre Prestigeobjekte verzichtet hat, da er deswegen finanziell wesentlich flexibler ist. Die finanzschwachen Städte Offenbach oder Hanau wird es härter treffen, da hier weniger Spielraum vorhanden ist und teilweise auch Ausgaben für teure Projekte getätigt wurden bzw. Zahlungsverpflichtungen bestehen. Logische Konsequenz daraus ist, dass die Stadt Offenbach schon nach staatlicher Unterstützung ruft, da sie kaum die Mindereinnahmen und steigenden Soziallasten kompensieren kann. Aber auch der verspätet eingebrachte und erst vor kurzem verabschiedete Doppelhaushalt 2020/2021 der Stadt Hanau hat keine plausible Grundlage mehr. Auch hier wird ein Nachtragshaushalt unumgänglich sein, der sehr wahrscheinlich zu einer erheblichen Neuverschuldung führen wird. Hier entsteht ein Dilemma, denn Städte könnten ihre Bürgerinnen und Bürger oder Unternehmen wesentlich besser entlasten als Kreise, da sie direkten Einfluss auf Gebühren und Steuern haben. Sie werden es aber nicht tun, da sie häufig keine solide Haushaltspolitik betrieben und auf Prestigeobjekte verzichtet haben und deshalb keine finanziellen Spielräume mehr haben. Für die Unternehmen gilt aber, dass ein Betriebsausfall oder eine Kurzarbeit über mehrere Wochen oder gar Monate nicht folgenlos bleiben kann. Die Betriebe gehen insolvent und die Menschen werden Sozialfälle, darauf müsste eine Kommunalpolitik reagieren, da sie sonst die Stützen des Staates verliert."

Dr. Ralf-Rainer Piesold
Hanau

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