Schule unter Pandemie-Bedingungen gestalten – das geht nur gemeinsam!

Leserbriefe
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In eineme Offenen Brief wendet sich die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft Hessen an die Fraktionen von CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD, Freie
Demokraten und DIE LINKE im Hessischen Landtag.



"Sehr geehrte Damen und Herren, der Ausbruch der Corona-Pandemie mit seinen einschneidenden Folgen für das Leben aller Menschen kam für uns alle überraschend. Gleichwohl haben Schülerinnen und Schüler, die Eltern wie auch das gesamte pädagogische Personal so gut wie möglich – und trotz der bereits zuvor bestehenden Probleme etwa bezüglich des Lehrkräftemangels und des Sanierungsstaus bei den Schulgebäuden – auf diese Ausnahmesituation reagiert. Die Schulen haben die Notbetreuung organisiert, das Lernen zu Hause unter unzureichenden Bedingungen ad-hoc umgesetzt und inzwischen den Präsenzunterricht unter strikten Hygienebedingungen sukzessive wieder ausgeweitet.

Nun haben die Fraktion der CDU und die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN am 19. Mai 2020 einen 53 Seiten umfassenden Entwurf für ein „Gesetz zur Anpassung des Hessischen Schulgesetzes und weiterer Vorschriften an die Maßnahmen zur Bekämpfung des Corona-Virus vorgelegt.“ Dabei geht es, so heißt es, um „vorübergehende, zeitlich begrenzte Anpassungen aufgrund der Corona-Pandemie“. Dieser Entwurf soll bereits am heutigen Tag, den 26. Mai, die erste Lesung im Hessischen Landtag passieren. Vorgesehen sind Änderungen im Hessischen Schulgesetz, im Hessischen Lehrerbildungsgesetz, in der Hessischen Besoldungsordnung sowie in 22 (!) einzelnen schulrechtlichen Verordnungen.

Für die GEW Hessen steht außer Frage, dass die Entwicklung der Pandemie ein schnelles Reagieren erfordert hat. Es steht aber – leider – auch außer Frage, dass der Corona-Virus das schulische Lernen über einen zurzeit nicht absehbaren, sicher aber längeren Zeitraum beeinträchtigen wird. Die nun zur Debatte stehenden Anpassungen des Schulrechts haben weitreichende Folgen, für die Lehrkräfte ebenso wie für die Schülerinnen und Schüler. Daher verbietet es sich, ein solches Gesetz in einem Hau-Ruck-Verfahren durch den Hessischen Landtag zu bringen. So werden für Verbände, Eltern- und Schülervertretungen wie auch für die Oppositionsparteien die Chancen minimiert, diesen Entwurf inhaltlich zu prüfen und gegebenenfalls Änderungsvorschläge einzubringen.

Als Beispiel für die mangelnde Praxistauglichkeit möchten wir hier auf folgendes Problem hinweisen: Die geplanten Änderungen sollen aufgrund ihres vorübergehenden Charakters als Reaktion auf die Pandemie befristet bis zum 31. März 2021 gelten. Dieser Zeitpunkt wird jedoch im Schulalltag zu zahlreichen Problemen führen, da so die befristeten Sonderregelungen, etwa zur Stundentafel und zu den vorgesehenen Prüfungen, mitten im laufenden Schuljahr 2020/2021 außer Kraft treten werden. Der Gesetzentwurf weist aber auch große Lücken auf: So regelt Artikel 22 zwar mögliche Abweichungen von den gültigen Stundentafeln, da der Präsenzunterricht voraussichtlich nicht im vollen regulären Umfang möglich sein wird. Um das Recht auf Bildung auch unter erschwerten Bedingungen zu gewährleisten, bedarf es aber nach Auffassung der GEW spätestens ab dem kommenden Schuljahr eines ausformulierten schulrechtlichen Anspruchs der Schülerinnen und Schüler auf ein angeleitetes und strukturiertes Lernen im häuslichen Kontext, wenn der Präsenzunterricht nicht in gewohnter Form stattfinden kann.

Die von uns kritisierte, nicht gerade partizipative Vorgehensweise beim Gesetzgebungsverfahren spiegelt sich leider auch in den vorgesehenen Änderungen, die ihrerseits die demokratischen Willensbildungsprozesse in den schulischen Gremien zu beeinträchtigen drohen. So sollen Gremiensitzungen zu allen Gegenständen auch in elektronischer Form ermöglicht werden. Bei den Beratungen in den Konferenzen der inklusiven Schulbündnisse soll darüber hinaus sogar eine Verkleinerung der Teilnehmerzahl ermöglicht werden. Dies ignoriert das Wesen der demokratischen Debatte, die auf Videokonferenzen oder bei Abstimmungen per E-Mail nicht in dem Umfang möglich ist, wie es weitreichende und komplexe Entscheidungen erfordern. Daher muss dringend ein Vorbehalt vorgesehen werden, der Gremienbeschlüsse in elektronischer Form nur zu Angelegenheiten ermöglicht, die von der Natur der Sache her keinen Aufschub dulden. Wir bitten Sie daher hiermit, den vorgelegten Entwurf in dieser Form nicht zu verabschieden. Eine Landtagsanhörung der relevanten Verbände wie auch der Landesschüler*innenvertretung und des Landeselternbeirats muss kurzfristig ermöglicht werden."

Birgit Koch, Vorsitzende
Maike Wiedwald, Vorsitzende

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