Zur Unterstützung der Lorbass-Initiative

Leserbriefe
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Die Unterstützung der Initiative, die die Szene-Kneipe "Lorbass" im Bahnhofsviertel retten will, durch die Gelnhäuser Stadtverordnetenversammlung kommentiert VORSPRUNG-Leserin Susanne Jännicke in einem Leserbrief.



"Wir alle haben mit Corona zu kämpfen. Der eine mehr, der andere weniger. Aber Corona beeinflusst unser aller Leben auf die eine oder andere Art. In den letzten Tagen und Wochen habe ich jetzt etwas verfolgt, was mir sehr sauer aufstößt. Ich muss zugeben, ich selbst war nie ein großer Lorbass-Gänger. Es war einfach nicht mein Milieu, meine 'Art von Kneipe'. Aus diesem Grund ist es auch bei einigen wenigen Besuchen in meiner Jugend geblieben. Nichtsdestotrotz hat es natürlich, wie jeder andere Gastronomiebetrieb auch, seine Lebensberechtigung, und ich möchte weder den Betrieb, noch seine Klientel schlecht reden. Nun sollte das Lorbass ja schließen, da der Wirt die Kneipe aufgrund von Corona nicht mehr halten kann.

Was mir jedoch sehr sauer aufstößt, ist die Tatsache, dass man sich seitens der Stadtväter geschlossen hinter die Initiative stellt, weil das Lorbass ja Kulturgut sei. Könnte es nicht vielleicht sein, dass es andere Motive dafür gibt, dass man sich wie ein Mann dahinter stellt? Seien es Kommunalwahlen, sei es eine Ratlosigkeit, weil man gerade der Jugend in Gelnhausen keine anderen Angebote machen könnte? Fakt ist, dass die Gastronomiebranche gemeinsam mit der Eventbranche wahrscheinlich die zwei Geschäftszweige sind, die aufgrund von Corona die meisten Probleme haben. In einer Umfrage der Dehoga gaben weit über 50% der befragten Gastronomiebetriebe an, dass sie dieses Jahr wahrscheinlich nicht überleben werden.

Man stelle sich nun mal vor, ein Gelnhausen in dem jede zweite Gaststätte, jedes zweite Restaurant nicht mehr existiert. Was ist mit dem Kulturgut einer Vielfalt an Angeboten? Was ist mit den finanziellen Ausfällen durch die wegfallende Gewerbesteuer? Was ist mit den Familien der betroffenen Wirtsleute? Was ist mit den Arbeitsplätzen der Angestellten? Was mit dem Verlust an Kaufkraft dieser Menschen? Und, und und...

In der heutigen Zeit, in der Corona noch immer die Nachrichten bestimmt, in einer Zeit, in der noch immer gewarnt wird, in der kein Tag vergeht, an dem es nicht um Corona geht. In einer Zeit, in der die Menschen aufgrund der nahenden Grippesaison wieder mehr und mehr verunsichert werden. In einer solchen Zeit ist es als Politiker, auch auf Kommunalebene, unverantwortlich sich hinter eine Initiative zu stellen, während man den Rest der Gastronomiebranche kalt auflaufen lässt. Sicher, die Stadt hat Außenplätze für viele Gastronomiebetriebe geschaffen. Haben die Stadtväter sich auch mal die Mühe gemacht, sich anzusehen, wie sehr diese Außenplätze frequentiert werden? Mir fallen auf Anhieb vier Gastronomiebetriebe ein, die jetzt Außenplätze beziehungsweise erweiterte Außenplätze haben. Nur leider werden diese meist genauso rege frequentiert, wie eine Pommesbude auf dem Mount Everest. Sicher mag es Ausnahmen geben, aber für viele Gastronomen sind die Außenplätze wie ein Pflaster auf einem Knochenbruch, ähnlich den Soforthilfen.

Unsere Stadtväter sollten sich nicht geschlossen hinter eine einzige Alternative stellen, so nobel sie auch sein mag. Sie sollten sich Gedanken darüber machen, was für unsere Stadt wichtig ist, und wie man den Gastronomiebetrieben in der Stadt helfen kann. Wirklich helfen, nicht mit gelegentlichen Treffen und Tropfen auf einen sehr heißen Stein trösten, um sagen zu können, man habe ja schließlich etwas getan. Auf kommunaler Ebene stellt die Unterstützung einer Initiative, und somit Bevorzugung eines Objektes gegenüber allen anderen Gastronomen in der Stadt ein eklatantes Versagen der Politik dar. Und da ja alle Parteien geschlossen dahinter stehen, eben ein eklatantes Versagen aller Parteien. Das sollte so nicht passieren."

Susanne Jännicke
Gelnhausen

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