"44 Prozent der Bevölkerung fühlen sich, insbesondere nach dem Messerangriff in Solingen, unsicher oder gar bedroht, obgleich nach amtlichen Statistiken in fast allen schweren Straftaten wie Mord, Totschlag, schwere Körperverletzung etc. die Fälle um bis zu 12 % gesunken sind. Auch die vor Monaten noch an erster Stelle mit 58 % rangierende Befürchtung vor weiterem Anstieg der Lebenshaltungskosten hat sich um acht Punkte abgeschwächt.

Konstant geblieben ist allerdings die mit 53 % angegebene und jetzt erstplatzierte Angst, dass Flüchtlinge und Asylbewerber die Ursache allen Übels, vor allem des Niedergangs der Wirtschaft, der hohen Kosten für die Mieten und vor allem der Fehlbeträge im Staatshaushalt seien. Pro Asyl, Amnesty und andere NGOs widersprechen vehement. Das schon eh schwer gerupfte Grundrecht auf Asyl und Schutz von Verfolgten und Bedrohten - von den Vätern und den wenigen Müttern des Grundgesetzes auf Grund der Verfolgung und Vertreibung deutscher Oppositioneller und des Genozids an der jüdischen Bevölkerung während der Nazidiktatur - dies Recht wird nun noch einmal mehr durch Gesetzesregelungen beziehungsweise -vorhaben minimiert. So dass zum Beispiel jetzt schon Abschiebungen nach Afghanistan und Syrien mit dem Hinweis, dort gäbe es auch binnenörtliche Sicherheitszonen, möglich werden.

Nun wird man einwenden: Es ist unstrittig, dass Ausländer überproportional sich strafbar machen. Das ist zutreffend in den Bereichen, in denen Deutsche sich gar nicht strafbar machen können, also zum Beispiel wenn die Residenzpflicht oder andere ausländerspezifischen Auflagen nicht beachtet werden. Zieht man solche Fälle ab und berücksichtigt man, dass in der Mehrheit junge Männer fliehen, dann gibt es in der Vergleichsgruppe mit Inländern kaum Unterschiede. Abgesehen davon gibt es auch immer noch anlasslose Überprüfungen durch Polizei oder Anzeiger gegenüber Dunkelhäutigen. Politiker haben sich angewöhnt vor das Substantiv 'Migration' das Adjektiv 'irreguläre' zu setzen. Einigen wir uns doch darauf: Es gibt keine 'irregulären Menschen' und keine irreguläre Einwanderung. Die übergroße Mehrzahl wird übrigens jetzt unter Aussetzung des Schengen-Abkommens an den Außengrenzen unter Verletzung der internationalen, europäischen und deutschen Rechtslage an den Außengrenzen abgefangen und zurückgeschickt.

Noch kurz zur finanziellen Seite der gefühlten Belastung. Auch die trügt. Erstens brauchen wir zum Ausgleich des demographischen Faktors ohnehin jährlich mehrere Hunderttausend Einwanderer, zweitens können wir in die ärmeren Länder, die an den Routen der Flüchtlinge liegen und insofern immer als erste betreten werden, nicht alle zurückschieben, wie es die Bestimmungen besagen.

Zum Schluss in aller Kürze ein Hinweis zum Haushaltsloch: Die Produktionskosten steigen, die Wettbewerbskraft sinkt stärker als in allen anderen Ländern der EU, das stimmt. Warum? Wir sind extrem abhängig als Exportnation vom Welthandel, der umkämpft längst nicht mehr die Profitraten aufweist wie früher. Vor allem unser wichtigstes Exportprodukt das Auto ist - auch durch hochbelohntes Missmanagement - längst technisch überholt durch chinesische und auf dem dortigen kaum noch absetzbar. Im Übrigen sollte wir uns alle auf Grund der Sorge Nummer eins, dem Klimawandel, auf andere Lebensweisen einstellen und den ärmeren Schichten und den ärmeren Ländern beim Verteilen des geringer werdenden Sozialprodukts mehr Gerechtigkeit widerfahren lassen."

Jörg Sternberg
Hanau

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