Macht sich Bad Orb abhängig von der Firma Strauss?

Bad Orb
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"Walter vom Rath und andere Frankfurter Jagdherren waren es, die um etwa 1899 die Schönheit von Orb erkannten und ohne Profitdenken viel Geld in das von ihnen geschätzte Kleinod investierten. Sie schufen mit gutem Geist und ihrem Investment die Grundlagen für die Kurstadt und den Gesundheitsstandort Bad Orb", meldet sich die Wählergemeinschaft „Für Bad Orb“ (FBO) mit einer Pressemitteilung zu Wort.

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Erste Badezellen mit Solebädern, der Kurpark und andere Infrastruktur seien entstanden und das arme Städtchen Orb aufgeblüht zu einem bedeutenden Heilbad mit bis zu 1,7 Millionen Übernachtungen im Jahr: "Seit Mitte der 80er Jahre ging es mit der Kurstadt bergab, nicht nur durch unselige Kostendämpfungsmaßnahmen und Gesetze der jeweiligen Bundesregierung sondern auch aufgrund hilfloser, planloser und absolut einfallsloser Kommunalpolitik in der Spessartstadt selbst."

2016 gründete sich in Bad Orb die Wählergemeinschaft „Für Bad Orb“ (FBO), die an erfolgreiche Zeiten von Bad Orb anknüpfen und den Gesundheitsstandort wieder mehr in den Mittelpunkt einer an Aufgaben und Einnahmen gesunden Struktur der Stadt stellen wollte. Zu einem Gespräch im traditionsreichen Hotel Lorösch am Rande von Kurpark und Gradierwerk trafen sich die FBO-Granden Dr. Matthias Dickert, Nicolai Rhein, Margitta und Klaus Schulze, Joachim Schwital sowie die Gründungsmitglieder Dr. Hans-Jürgen Srocke, Werner Engel und der ehemalige Stadtverordnetenvorsteher der Stadt Bad Orb, Heinz Grüll, mit dem Vorsitzenden und Fraktionsvorsitzenden der FBO, Ralf Diener.

Zu Beginn machten Dr. Matthias Dickert und Ralf Diener deutlich, dass vieles in der Kurstadt im Augenblick mehr den Geruch von Ausverkauf und Verramschen habe als von einem chancenreichen Neuanfang: "Einziger Investor neben einer unfähigen Politik ist allein das Berufsbekleidungsunternehmen Strauss aus Biebergemünd, dem jeder Wunsch von den Augen abgelesen werde und der jedes noch verbliebene Filetstück der Orber Liegenschaften auf dem Fuß kassiert. Nun hat die FBO mehrfach deutlich gemacht, dass sie nichts gegen das Engagement eines Unternehmens hat, aber doch eine zu große Abhängigkeit von demselben befürchtet." Letzeres wird laut Diener und Dr. Dickert auch deutlich durch die Verleihung der Ehrenbürgerschaft als Bürgschaft auf die Zukunft für möglicherweise noch zu Leistendes. Beide nannten diesen Vorgang einmalig und mindestens verfrüht.

Bei aller „Goldgräberstimmung“ erinnerten die FBO-Politiker an das gefährliche Experiment des sogenannten „Chinesischen Kurparadies“, bei dem SPD, FWG und der damalige Rathauschef Wolfgang Storck den gesamten Kurpark hergegeben hatten und nur durch das beherzte Eingreifen von Landrat Erich Pipa (SPD) sei der Besitz wieder zurück in die Hände der Bad Orb Kur GmbH gelangt.

Dr. Hans-Jürgen Srocke und Ralf Diener zeigten sich enttäuscht, dass in den vergangenen Jahren der Bedarf eines Badehauses oder Therapiezentrums oder die Verabreichung von Kohlensäure-Solebädern in den Augen der CDU/FWG-Mehrheitsparteien immer eine untergeordnete Bedeutung eingenommen habe und der Wert eines Kurortes negiert worden sei. Nun sei man durch die eigene Nachlässigkeit in Bedrängnis geraten, weil die neuerliche Zertifizierung des Heilbades vor der Tür stehe und kein Badehaus da sei. Diener und Srocke: „Man legt das Schicksal des Gesundheitsstandortes in die Hände eines Unternehmers, ist abhängig, hat selbst komplett versagt und rettet somit kurz vor knapp das Zertifikat 'Bad'."

Darüber hinaus werde das neue Badehaus, ähnlich wie das vermeintliche Hotel in der Dr. Hufnagel-Anlage, eher eine Adresse für Fußballspieler und Mitarbeiter der Firma Strauss als für Kassen- und Kurpatienten und bringt nach Ansicht von Srocke und Diener keinen potentiellen Kurgast nach Bad Orb, um die Kurstadt wieder mit einem respektablen Angebot zu versorgen. Längst sei das in seiner Gesamtheit erfolgreiche Traditionsbad von einst aufgeteilt in zwei Zonen mit der Trennlinie Ludwig-Schmank-Straße, der eine Teil als Premium-Abteil für die Reichen und Schönen und der andere alles andere als positiv lebendig.

Dr. Srocke kritisierte darüber hinaus den laxen Umgang mit der lange vorhersehbaren ärztlichen Unterversorgung in Bad Orb: „Einfach nichts geschieht, außer Sprechblasen!“ Ehrenstadtverordnetenvorsteher Heinz Grüll und Nicolai Rhein machen die ernste Lage der Kurstadt an einem anderen Thema fest. Grüll hat sich seit dem Anfang seiner politischen Arbeit der Bad Orber Innenstadt verschrieben und das mit vollem Engagement. Im nächsten Jahr ist er in seinem Beruf 70 Jahre aktiv und kennt Bad Orb auch in den Nebenstraßen als sehr gut frequentiert.

Grüll und Rhein: „Schon 1997 sollte die Hauptstraße vom Kanal angefangen saniert werden. Bis heute ist nichts passiert. Die Mittel bei der Wasserversorgung waren bereits eingestellt, nichts geschah. Für viel Geld haben wir jetzt einen Salinenplatz, der niemandem gefällt, es droht eine weitere Pleite mit dem Marktplatz, die Innenstadt steht bald komplett leer und verkauft wird es als 'Lebendige Zentren'. Dabei ist es eine triste und tote Innenstadt und beileibe kein lebendiges Zentrum, obwohl CDU, SPD, FWG und Grüne sich für eine florierende Innenstadt mit Flaniermeile einsetzen wollten.“

Ralf Diener kritisierte die schamlose Versorgungspolitik mit Stellen im öffentlichen Dienst von der Klimaberaterin bis hin zu zwei Kurdirektoren, City- und Facilitymanagern. Diener wörtlich: „Wenn man es sich haushaltspolitisch vom Geld der Steuerzahler nicht leisten kann, muss man eine Verwaltung auch notfalls mit der Hälfte des vorhandenen  Personals betreiben können. Ein Filz wie in Bad Orb sei schließlich unbezahlbar und führt dazu, dass wichtige Aufgaben nicht von der Stadt, sondern von einem Unternehmen übernommen werden müssen.“ Dies lehne die FBO ab: "Man muss lernen, mit den vorhandenen Mitteln auszukommen und das Wohl der Bürger im Auge zu haben!"

Alle FBO-Aktiven kritisierten die Bohrung der neuen Leopold-Quelle am Untertor, "die zwar von Kurdirektor Dr. Dirk Thom folgerichtig angestoßen wurde, nur leider durch die jetzige Stadtregierung fast zwei Jahre zu spät realisiert". Diener und Srocke gemeinsam mit dem Kollegen Werner Engel: „70 Jahre hat man die Soleleitungen und den Brunnenraum der Ludwigs- und Philippsquelle verrotten lassen, obwohl deren Haltbarkeit auf 30 Jahre begrenzt war. Eine rechtzeitige Erneuerung und Modernisierung hätte die Bohrung einer neuen Quelle vermeidbar gemacht, zumal in Bad Orb mit der Martinusquelle sogar drei Quellen gefasst sind“, so die Kommunalpolitiker.

Heftige Kritik kam von Srocke und Diener auch zum Standort des neuen Badehauses: "Statt eines Familienhauses für die Familie Strauss, für das eigens eine Woche vor Verleihung der Ehrenbürgerschaft eine Satzung geändert werden mußte, hätte das Badehaus und Therapiezentrum am Standort des modernen ehemaligen Badehauses Orbgrund seine Heimat finden können und nicht Platz für dringend benötigten Parkraum an der Therme verschluckt." Diener weiter: „Von Balnova war man offenbar nicht genug überzeugt, um es als Ausblick vor den eigenen Luxusvillen zu haben.“ Diese Umwidmung ist nach Ansicht der FBO nicht im öffentlichen Interesse. Zur Befriedigung privater Interessen werde das öffentliche Interesse ausgehebelt, eine ehrenwerte Aufgabe für jedes Verwaltungsgericht.

Insgesamt wäre tatsächlich ohne das Engagement der Unternehmerfamilie nichts geschehen, weil politisch nicht gewollt oder versäumt. Aber ob das einseitige „Sich abhängig machen“ für die Zukunft des Gesundheitsstandortes und Kurbades Bad Orb gereicht, bleibe mehr als fraglich, das war das Resümee der FBO-Politiker.


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