Krawatten-Räuber muss fünf Jahre in Haft

Bad Soden-Salmünster
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Zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren ist gestern ein 21-Jähriger wegen einer großen Raubserie nach Jugendstrafrecht verurteilt worden. Richterin Dr. Katharina Jost riet dem Verurteilten dringend, während seiner Haftzeit eine Ausbildung zu machen, um Stabilität in sein Leben zu bringen.



Die Zweite Große Strafkammer als Jugendkammer des Landgerichts Hanau blieb damit unter der Forderung der Staatsanwaltschaft, die fünf Jahre und acht Monate gefordert hatte. Die Verteidigung hatte um eine milde Strafe gebeten. Der Deutsch-Russe, der zur Tatzeit überwiegend in Bad Soden-Salmünster wohnte, hatte am ersten Verhandlungstag die Überfälle in der Zeit vom 7. März bis 28. Mai vergangenen Jahres auf fünf Bankfilialen, eine Tankstelle und zwei Taxifahrer in Bad Soden-Salmünster, Wächtersbach, Gelnhausen, Fulda und im Raum Karlsruhe umfassend eingeräumt, wobei es bei dem Fall in Fulda bei einem Versuch blieb, weil dort kein Bargeld verwahrt wurde. Die Gesamtbeute betrug fast 62000 Euro. Bei einem Teil der Taten trug er eine auffällige Krawatte aus den 1980er Jahren, die ihm den Beinamen „Krawatten-Räuber“ einbrachte.

Als Begründung für die Taten nannte der 21-Jährige vor Gericht Geldnot. Mit der Beute habe er Lebensmittel, Zigaretten und Drogen – Marihuana und Kokain - finanziert. Außerdem frönte er seiner Leidenschaft für teure Autos. Bei einem Kumpel mietete er sich nach seinen Angaben „schwarz“ für mehrere tausend Euro Sportwagen der Marken BMW, Mercedes sowie Audi und unternahm damit Spritztouren. Auf die Schliche kam ihm die Polizei, weil ihm beim letzten Überfall auf ein Geldinstitut im badischen Waghäusel-Wiesental (Landkreis Karlsruhe) von der Angestellten nicht nur knapp 12500 Euro Bargeld eingepackt wurde, sondern auch ein GPS-Sender. Anhand dessen konnten ihn die Ermittler schnell in einem nahen Supermarkt orten und nur gut zwei Stunden nach der Tat mit Unterstützung eines Sondereinsatzkommandos festnehmen.

Dabei waren auch zunächst seine Schwester und deren Freund von der Polizei in Gewahrsam genommen worden, weil sie in seiner Begleitung waren. Wie sich später herausstellte, wussten die beiden nichts von dem Überfall des 21-Jährigen, sondern hatten ihn ahnungslos auf seinen Wunsch hin in die Nähe des Tatortes gefahren und später wiedergetroffen. Am Tag vor der Tat war er übrigens erst mit seiner Mutter in diese badische Region gezogen. Die Vorsitzende sprach von „eigensüchtigen Motiven“, einer „erheblichen kriminellen Energie“ und einem „planvollen Vorgehen“ des jungen Mannes, obwohl er bis dato für die Justiz ein unbeschriebenes Blatt war. So habe er sich – weil seine erste Schreckschusswaffe angeblich aus einem Versteck verschwand – umgehend zwei neue Schießeisen besorgt. Fraglich sei, so die Richterin, ob die Raubserie nach dem Überfall in Waghäusel ohne die Festnahme tatsächlich – so wie von ihm angegeben - geendet hätte. Trotz seines Drogenkonsums in dieser Zeit sei er voll schuldfähig. Die Anwendung von Jugendstrafrecht sah die Vorsitzende in diesem Verfahren als „Grenzfall“, weil er einen Teil der Taten nach seinem 21. Geburtstag und damit als Erwachsener begangen hatte.

Nach Einschätzung von Katharina Jost habe es sich wegen der Persönlichkeitsstruktur des Täters um ein insgesamt „untypisches Strafverfahren“ gehandelt, was allen Beteiligten noch lange in Erinnerung bleiben werde. Dem aggressiven Auftreten bei den Tathandlungen – teilweise hatte er den Opfern die Waffe direkt an den Kopf gehalten und gedroht, sie zu erschießen - habe ein „emotional sehr kühl“ wirkender Angeklagter im Gerichtssaal gegenübergestanden, der sich immer wieder auf seinen Glauben an Gott berufen habe. Dies müsse kritisch hinterfragt werden, weil der Angeklagte teilweise „unantastbar“ und „entkoppelt von der Gesellschaft“ wirkte. Deswegen sei es dringend geboten, dass der 21-Jährige nun eine Ausbildung im Gefängnis absolviere. Dies sei der „Schlüssel für alles“, schätzte sie. Eine Arbeit gebe ihm in seinem Leben Struktur und Stabilität. Der Angeklagte nahm das Urteil weitgehend regungslos auf. Lediglich eine direkte Ansprache der Richterin quittierte er mehrfach mit einem leichten zustimmenden Kopfnicken. Abschließend erklärten sein Verteidiger und die Staatsanwältin den Verzicht auf Rechtsmittel, so dass das Urteil umgehend rechtskräftig wurde. / hd


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