Gesundheitsförderung als Teil kommunaler Daseinsvorsorge

Biebergemünd
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Quer durch die Republik gibt es aus Sicht des parteilosen Bürgermeisterkandidaten Matthias Schmitt mittlerweile einen Mangel an Fachärzten für Allgemeinmedizin im ländlichen Raum.


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"Altgediente Hausärzte gehen in den Ruhestand, junge Nachwuchskräfte aber zieht es meist in die großen Städte. Bundesweit sind derzeit rund 3000 Hausarztpraxen unbesetzt, bis 2030 sollen es bereits 10.000 sein. Auch in Biebergemünd ist dies ein Thema, das vielen Bürgerinnen und Bürgern unter den Nägeln brennt, denn die aktuell praktizierenden Hausärztinnen und -ärzte haben allesamt bereits ein gewisses Alter erreicht und die Nachfolge ist noch ungeklärt", heißt es in einer Presseerklärung.

Der Bürgermeisterkandidat Matthias Schmitt (parteilos) traf sich daher kürzlich mit Dr. Thomas Bonin zu einem Gedankenaustausch. „Dr. Bonin ist nicht nur ein renommierter Allgemeinmediziner, der seit vielen Jahren für die Menschen in Bieber und in den umliegenden Ortschaften da ist. Er hat sich auch vermehrt öffentlich zu Wort gemeldet, um die Bevölkerung und die politischen Gremien in Biebergemünd wachzurütteln“, so Schmitt. „Auch ich bin der Meinung: Gesundheits­förderung ist ein wichtiger Teil der kommunalen Daseinsvorsorge. Sie ist weit mehr als ein reiner Standortfaktor und ich teile Dr. Bonins Anliegen, dass unsere Gemeinde hier beherzt und zügig die Weichen für die Zukunft stellen muss.“

Um die allgemeinmedizinische Situation in Biebergemünd sicherzustellen, seien einige Kraftanstrengungen notwendig, meint Dr. Bonin. Ein Bürgermeister spiele dabei eine Schlüsselrolle. Mit der Ankermiete in einer neuen Liegenschaft an der Grünen Mitte, die in absehbarer Zeit durch einen privaten Investor gebaut wird, sowie dem geplanten Ärztehaus in Bieber seien bereits zwei wichtige Voraussetzungen geschaffen worden. „Es ist gut, dass diese Projekte nun endlich in Angriff genommen werden.“ Matthias Schmitt ergänzt: „Doch eine Mammutaufgabe wird die Anwerbung von jungen Ärztinnen und Ärzten bleiben, denn ohne sie nützen uns auch die besten Praxen nichts.“ Eine Kommune auf der Suche nach neuen Medizinern müsse engagiert auftreten und besondere Anreize bieten. Dr. Thomas Bonin dazu: „Nötig ist es, einen attraktiven Rahmen zu schaffen. Wer Praxisräume zur Verfügung stellen kann, hat im Standortwettbewerb bei jungen Ärzten gute Karten. Dennoch ist es wie bei allen Fachkräften: Sie wollen dort leben, wo insgesamt eine gute Infrastruktur geboten wird. Kindergartenplätze und Unterstützung bei der Kinderbetreuung im Grundschulalter sind dabei ähnlich wichtig wie Bauplätze oder Einkaufs- und Freizeitmöglichkeiten.“

Eine starke Gemeinde könne außerdem die berufliche Situation der praktizierenden Ärzte in entscheidender Weise unterstützen. Matthias Schmitt begrüßt in diesem Zusammenhang die Wiedereinsetzung der „Kommission zur Sicherstellung der ärztlichen Versorgung in Biebergemünd“: „Hier müssen intensiv verschiedene Ideen diskutiert werden, zum Beispiel auch die Gründung eines kommunalen Gesundheitlichen Versorgungszentrums (GVZ) als Anstalt des öffentlichen Rechts“. Dies sei für Ärzte und Ärztinnen ein besonders attraktives Modell. „Bundesweit gibt es schon über 20 Beispiele dafür. Die Mediziner beziehen ein Festgehalt und werden an den potenziellen Gewinnen beteiligt. Darüber hinaus können hier auch Teilzeitkräfte beschäftigt werden – keine Selbstverständlichkeit im Arztberuf, doch flexible Arbeitszeiten sind ein weiterer Anreiz, um sie in die Gemeinde zu locken. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist auch für Ärzte und Ärztinnen ein wichtiges Thema. Gerade die jüngere Generation findet das Berufsbild des rund um die Uhr ansprechbaren Landarztes wenig attraktiv – sie möchten auch hinreichend Zeit für die eigene Familie haben. Im GVZ wären sie von Verwaltungstätigkeiten freigestellt, erhalten eine leistungsgerechte Bezahlung und gute Arbeitsbedingungen in großzügigen Praxisräumlichkeiten. Auf der Gegenseite dieses Modells stehen allerdings ein hoher organisatorischer Aufwand für die Gemeinde und nicht zuletzt ein gewisses unternehmerisches Risiko. Das muss politisch diskutiert werden. Eine Alternative wäre die Gründung von Gemeinschaftspraxen, die Synergien für Ärztinnen und Ärzte bieten können. Ich möchte mich als Bürgermeister in jedem Fall dafür einsetzen, dass mit Sachverstand und Weitsicht eine vernünftige Lösung für Biebergemünd gefunden wird – und dabei drängt die Zeit“, so der unabhängige Bürgermeisterkandidat. Auch eine Wiederentdeckung von Ortskrankenschwestern oder die Ausbildung zu Versorgungsassistentinnen in der Hausarztpraxis (VerAH) seien interessante Module. „Dabei geht es darum, Ärzte zu entlasten und gleichsam Patienten in medizinischen und auch sozialen Belangen zu unterstützen.“

Ein wesentlicher Baustein sei außerdem der enge Kontakt zur Kassenärztlichen Vereinigung (KV), die den Sicherstellungsauftrag für die medizinische Versorgung innehat. Biebergemünd ist aktuell gemeinsam mit Linsengericht, Gelnhausen und Gründau als „Mittelbereich Gelnhausen“ definiert, wo rechnerisch ausreichende Versorgung festgestellt wurde. Doch Matthias Schmitt ist überzeugt: „Diese Zahlen hinken, sie haben mit der Realität in Biebergemünd nicht viel gemeinsam. Wir benötigen hier eine kleinräumigere und vorausschauende Bedarfsplanung. Ich bin froh, dass Landrat Stolz bei meiner GartenTalk-Veranstaltung im Juli zugesichert hat, mit der KV diesbezüglich im Austausch bleiben zu wollen. Außerdem begrüße ich, dass der MKK bzw. die kreiseigenen Kliniken Kooperationen mit Hochschulen im europäischen Ausland eingehen, um junge Ärzte für den eigenen Bedarf auszubilden und in die Region zu holen.“ Dr. Bonin ergänzt: „Auch für Kommunen können Stipendienmodelle vorteilhafte Maßnahmen sein: Junge Bewerber erhalten ein Studiendarlehen oder eine Beihilfe und verpflichten sich, nach Abschluss ihrer Ausbildung in der Gemeinde tätig zu werden. Diese Form gezielter Nachwuchsförderung wäre sicherlich eine interessante Option, die geprüft werden sollte.“

Beide Gesprächspartner sind sich einig, dass eine gute kommunale Gesundheitsförderung nicht nur die medizinische Versorgung berücksichtigen, sondern einen ganzheitlichen Ansatz verfolgen sollte, der beispielsweise auch Bewegungs- und Ernährungsfragen abdecke. Matthias Schmitt: „Wenn wir den Weg zu einer „Gesundheitskommune“ gehen wollen, was ich befürworte, müssen wir dafür sorgen, dass wir das auf allen Ebenen forcieren. Beispielsweise sollten Eltern besser darüber informiert werden, wie sie die Gesundheit ihrer Kinder im Alltag fördern können – und letztlich auch ihre eigene Konstitution im Blick behalten. Auch können wir die Sportvereine einbinden, um Menschen mit Bewegungsdefiziten eine Perspektive zu bieten.“

Foto: Matthias Schmitt und Dr. Thomas Bonin beim Gespräch über Gesundheitsförderung in Biebergemünd.


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