Biebergemünd: Brutaler Einbruch fast 30 Jahre später vor Gericht

Wirtheim
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3. Juni 1991, gegen 23 Uhr: Vermutlich drei Männer brechen in ein Einfamilienhaus im Biebergemünder Ortsteil Neuwirtheim ein, schlagen die beiden betagten Bewohner brutal zusammen und rauben unter anderem eine Münzsammlung. Von den Tätern fehlte zunächst jede Spur. Fast 30 Jahre später hat die Staatsanwaltschaft Hanau nun Anklage gegen einen 50-jährigen Serben erhoben, beim Prozessauftakt vor der 1. Großen Strafkammer am Landgericht Hanau bestritt er allerdings eine Tatbeteiligung. Anfang der 1990er Jahre will er von einer kriminellen Bande hereingelegt worden sein.

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Laut den damaligen Ermittlungen kletterten die Einbrecher zunächst auf das Dach der Garage und öffneten dann ein Badfenster an dem Einfamilienhaus in der Wächtersbacher Straße. Die damals 78-jährige Bewohnerin wurde durch die Geräusche wach und begegneten den Tätern an einem Treppenaufstieg. Dort wurde sie mit einem Holzknüppel niedergeschlagen, erlitt dabei schwere Kopfverletzungen, die aus Sicht der Staatsanwaltschaft potenziell lebensbedrohlich waren. Ihren damals 80 Jahre alte Ehemann überraschten die Täter im Bett und schlugen ebenfalls mit dem Holzknüppel auf ihn ein. Er lag noch am nächsten Morgen schwerverletzt am Boden im Schlafzimmer in seinem Blut. Beide überlebten den Überfall damals, sind inzwischen aber verstorben.

Am Tatort fand die Polizei einen Fingerabdruck, der zunächst nicht zu den Tätern führte. Erst vor drei Jahren kam es bei erneuten Untersuchungen zu einem Treffer: Die Spur kann eindeutig dem Angeklagten zugeordnet werden, der Mitte der 1990er Jahre wegen eines ähnlichen Deliktes bereits in Bayern im Gefängnis saß und nach der Verbüßung seiner Haftstrafe in sein Heimatland Serbien abgeschoben wurde. Dort war er zunächst nicht auffindbar, wurde dann aber im Sommer des vergangenen Jahres in Montenegro verhaftet und an die deutschen Behörden überstellt.

Seitdem sitzt der 50-Jährige in Untersuchungshaft und hat sich auf den Prozess gut vorbereitet. Auf mehreren Seiten hat er in Serbisch das niedergeschrieben, was aus seiner Sicht der Wahrheit entspricht. Eine Übersetzung las sein Verteidiger Thomas Fürsattel für seinen Mandanten vor: Demnach wurde er Anfang der 1990er von drei Personen angesprochen, die dem kriminellen Milieu angehört hätten und die er auch namentlich nannte. Diese hätten ihn aufgefordert, für sie zu arbeiten, und als er das abgelehnt hatte, ihn schließlich reingelegt. Im Restaurant seines ehemaligen Chefs hätte sie ihm zwölf Folien in die Hand gedrückt, die er ihnen zwar sofort wieder vor die Füße geschmissen hätte, erst danach aber gesehen habe, dass seine Gegenüber Handschuhe trugen. So will der Angeklagte erklären, wie eine Folie mit seinem Fingerabdruck in den Garten des Einfamilienhauses in Biebergemünd gekommen sei. Mehrere Personen sollen so reingelegt worden und unschuldig im Gefängnis gelandet sein, so der 50-Jährige.

Weil ihm zwischenzeitlich eine Tasche mit Beute gezeigt worden sei, hätten ihn diese Personen allerdings viele Jahre weiterhin verfolgt und nach dem Leben getrachtet. Deshalb sei er wieder in seine Heimat Serbien zurückkehrt und habe sogar seinen Namen gewechselt; einen Gefängnisaufenthalt in Deutschland erwähnte er nicht. Zuletzt habe er 2012 von seinen kriminellen Verfolgern gehört, da sollen diese auf der Zeil in Frankfurt am hellichten Tage einen Geschäftsmann aus Serbien um 150.000 Euro erleichtert haben. Anschließend habe es allerdings Streit ums Geld gegeben und mindestens zwei seiner ehemaligen Verfolger sind demnach wohl inzwischen tot. Einer soll gemeinsam mit seinem Bodyguard ebenfalls in Frankfurt erschossen worden sein. Auch sein ehemaliger Chef, der seine Auseinandersetzung in dessen Lokal bezeugen könnte, sei inzwischen verstorben. „Ich hätte auch in Jugoslawien rauben und töten können, dafür hätte ich nicht vor dem Krieg nach Deutschland flüchten müssen“, schloss er seine Erklärung.

Das Gericht verzichtete wie geplant am ersten Verhandlungstag auf die Vernehmung von Zeugen, nach der Aussage des Angeklagten soll nun die Staatsanwaltschaft prüfen, ob es die vom Angeklagten angeführten Verbrechen in Frankfurt tatsächlich gegeben hat. Diskutiert wurde auch kurz über eine mögliche Verjährung der Taten: Angeklagt ist der 50-Jährigen wegen versuchten Mordes, was nicht verjährt, Verteidiger Fürsattel ließ allerdings anklingen, dass die lebensbedrohlichen Verletzungen der Opfer keineswegs nachgewiesen seien. Dann blieben noch Einbruch und gefährliche Körperverletzung als Tatvorwürfe übrig, beides verjährt nach 10 Jahren. Der Prozess wird am Dienstag, 19. März, ab 9 Uhr im Landgericht Hanau (Saal A215) fortgesetzt.


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