Finanzielle Gratwanderung und ausgewogenes Mittagessen

Gelnhausen
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Geschäftig klappern Gabeln und Messer auf Kindertellern. Nudeln und Gemüse dampfen in den Schüsseln, die Erzieherinnen verteilen Schnitzelchen.

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Die Aufmerksamkeit der Kinder gilt aber ausnahmsweise weniger dem Essen als vielmehr einem Gast: Bürgermeister Daniel Christian Glöckner (FDP) isst mit den Kindern – und überzeugt sich persönlich vom Essensangebot in der Kita am Obermarkt. Die Gebührenerhöhung für das Mittagessen und für die Kinderbetreuung in Gelnhausen im Allgemeinen ist in die Kritik geraten. Der Bürgermeister zeigt Verständnis, verweist aber auch auf die Rahmenbedingungen. „Eine qualitativ hochwertige frühkindliche Bildung mit Ganztagsbetreuung und ausgewogenem Mittagessen kostenlos anzubieten, das können wir finanziell leider nicht schultern. Wir müssen uns entscheiden, welche Bereiche wir wie hoch subventionieren wollen, um Eltern zu entlasten, ohne dass die Qualität leidet. Und zur Qualität zählt natürlich auch gut ausgebildetes Personal in ausreichender Anzahl. Das ist eine große Herausforderung“, gibt Bürgermeister Glöckner zu bedenken.

Gemeinsames Essen und Trinken spielt in der Entwicklung eines Kindes eine große Rolle. Es schult seine sozialen Kompetenzen und fördert ein gesundes Ernährungsverhalten. In den Gelnhäuser Kindertagesstätten hat das gemeinsame Essen in ruhiger Atmosphäre einen besonders hohen Stellenwert. „In allen acht Kitas sind Köchinnen beschäftigt, die regional einkaufen und vor Ort in den Einrichtungen kochen“, setzt Bürgermeister Daniel Christian Glöckner Behauptungen entgegen, es werde nicht in allen Kitas selbst gekocht. Bislang zahlten Eltern fürs Mittagessen mit Vor-, Haupt- und Nachspeise eine Pauschale von 56 Euro im Monat. Seit 1. August sind es 100 Euro. Die Kosten für die Mahlzeiten sind für die Eltern von 3,50 Euro pro Tag auf fünf Euro gestiegen. Eine Erhöhung, die bei einigen auf Kritik stößt. „Ich höre häufig das Argument, dass ein Mittagessen für Erwachsene in einer Firmenkantine keine fünf Euro kosten würde. Dabei muss man aber bedenken, dass natürlich auch die Essen in den Firmenkantinen subventioniert sind und der Nutzer weniger zahlt, als das Essen tatsächlich kostet. Das war vorher in den Kitas auch so“, erläutert Glöckner dazu. „Unser Essen kommt heiß und frisch auf den Tisch. Es wird nicht durch die Gegend gefahren, wir brauchen keine Aufwärmgeräte, wir sparen Müll und Energie  und die Kinder können an der Verarbeitung des Essens auch teilhaben. Sie sehen einen Blumenkohl in natura, bevor er zerkleinert im Kochtopf landet und das hat seinen Preis. Natürlich sind auch die Personalkosten für die Köchinnen zu berücksichtigten, aber es war eine politische Entscheidung, dass wir diese Investition in die Entwicklung unserer Kinder und die Qualität der Betreuung tätigen wollen. Und es ist auch eine politische Entscheidung, ob wir die Gebühren oder das Mittagessen subventionieren wollen. Oder beides – und wie wir das alles dann finanzieren.“

Im Bereich der Betreuungsgebühren setzt sich seit 1. August der politische Wille der Hessischen Landesregierung gegen den Willen der Kommunen durch: Die Landesregierung hat beschlossen, ab 1. August 2018 alle Kinder, ab dem dritten Lebensjahr bis zum Schuleintritt, für bis zu sechs Stunden täglich von den Gebühren freizustellen. Zur Kompensation des wegfallenden Elternbeitrags hat das Land bei der Förderung einen Durchschnittsbetrag von 135,60 Euro im Monat angenommen. „Der Elternbeitrag für die ersten sechs Stunden in der Vormittagsbetreuung lag in Gelnhausen aber nur bei 88 Euro pro Kind und Monat und damit weit unter dem Landesdurchschnitt“, erläutert der Bürgermeister hierzu. Der Stadt Gelnhausen entstanden bei der Ganztagsbetreuung pro Kind in 2018 monatlich Kosten in Höhe von 730 Euro je Platz bei den über Dreijährigen.

Bei den Kindern unter drei Jahren sind es für zehn Stunden fast 2.000 Euro“, so der Bürgermeister. Die Stadt Gelnhausen wird 2018 etwa 5,1 Millionen Euro für die Kinderbetreuung zuschießen. Die Beiträge des Landes ab August sind hierbei bereits eingerechnet. „Wenn wir die Beiträge komplett freigestellt hätten, hätten wir 7,7 Millionen Euro zuschießen müssen. Das wären 2,6 Millionen Euro gewesen, die uns beim quantitativen, aber vor allem auch beim qualitativen Ausbau unserer Betreuungseinrichtungen und der Weiterentwicklung der Qualität unserer pädagogischen Erziehung gefehlt hätten“, erläutert Glöckner. Es ist mir wichtig, dass die Eltern verstehen, wie die Gebührenbeträge zustande kommen und warum eine komplette Gebührenbefreiung für Gelnhausen als Kommune, die noch nicht offiziell aus dem Schutzschirmprogramm entlassen ist, nur schwer zu stemmen wäre“, so Glöckner.

In der Juni-Sitzung der Stadtverordnetenversammlung wurde von allen Fraktionen beschlossen, dass die Verwaltung einen Masterplan für die Kitas in Gelnhausen zu erarbeiten hat. Dieser detaillierte Masterplan ist am 16. Oktober 2018 dem Magistrat vorgelegt worden. „Dass die Diskussion dieses Masterplans Zeit in Anspruch nimmt, habe ich in einer Sozialausschusssitzung, in dem alle Parteien vertreten sind, und dem Gesamtelternbeirat mitgeteilt, teilt Glöckner mit. In diesem Masterplan würde auch aufgezeigt, welche Investitionskosten in Zukunft auf Gelnhausen zukomme, um den derzeitigen  Stand zu halten, zu verbessern und noch weitere Plätz zu schaffen, um die aktuell fehlenden 166 Kita- und U-3-Plätze zu schaffen. „Der Masterplan zeigt auch auf, wie sich die Essenskosten zusammensetzen“, legt Bürgermeister Glöckner dar, „diese Transparenz gibt uns jetzt die Möglichkeit, nach Veränderungspotentialen zu schauen, um auch weiterhin ein Kita-Landschaft zu haben, die sich positiv von anderen abhebt.“


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