„Runder Tisch“ soll Ärzteproblem in Hailer und Meerholz lösen

Gelnhausen
Typographie
  • Smaller Small Medium Big Bigger
  • Default Helvetica Segoe Georgia Times

Die hausärztliche Versorgung ist in vielen Städten und Gemeinden Deutschlands zu einem echten Problem geworden.

Anzeige


Um auszuloten, welche Möglichkeiten es gibt, für die beiden Gelnhäuser Stadtteile Hailer und Meerholz eine Verbesserung zu erreichen, haben die SPD-Ortsvorsteher Daniel Dietrich (Hailer) und Klaus Brune (Meerholz) jetzt einen „runden Tisch“ einberufen. Das Gremium, in dem neben Vertretern der ortsnahen Hausarztpraxen, des Main-Kinzig-Kreises, der Stadt Gelnhausen und der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen (KVH) auch die Pflegeeinrichtungen der Inneren Mission im Schloss Meerholz vertreten sind, soll sich künftig regelmäßig treffen. Denn nach dem ersten Treffen ist eines klar: Das Problem ist nicht sofort zu lösen, sondern nur im geduldigen Austausch aller betroffenen Stellen.

Es ist ein Aufschrei, wie er derzeit nicht nur im Main-Kinzig-Kreis vielerorts zu hören ist. „Wenn morgens die Warteschlange in der Praxis bis auf die Straße reicht und ich Menschen, die ich persönlich kenne, sagen muss, dass wir keine neuen Patienten annehmen können, dann ist das einfach nur bitter.“ Tina Bayer ist Sprechstundenhilfe in der Praxis Oksana Kramer in Hailer – der einzig verbliebenen Hausarztpraxis in Hailer und Meerholz. Die Praxis ist mittlerweile erster Ansprechpartner für fast 9.000 Menschen in den beiden Stadtteilen, und Tina Bayer weiß, dass sie mit ihrer Aussage, die sie zum Schutz der Qualität der Versorgung der vorhandenen Patienten treffen muss, in den seltensten Fällen auf Verständnis stößt.

„Wir arbeiten derzeit 65 Stunden die Woche, um für unsere Patienten dazusein“, berichtet auch Dr. Michael Adam vom Hausarztzentrum Linsengericht. „Das ist eine enorme Belastung der Ärzte und Mitarbeiter, die natürlich auch droht, sich auf die Qualität der Versorgung unserer Patienten auszuwirken.“ Weil er mit seinen Kollegen neben den über 10.000 Einwohnern im Linsengericht auch die Versorgung der Bewohner des Altenpflegeheims im Schloss Meerholz sicherstellt, leistet die Praxis schon jetzt einen unverzichtbaren Beitrag zur ärztlichen Versorgung der beiden Stadtteile.

Natürlich gibt es von Seiten der Ärzte Versuche, Abhilfe zu schaffen. „Wir haben seit einem Jahr eine Arztstelle ausgeschrieben, bekommen aber einfach keinen Bewerber“, berichtet Tina Bayer. Dr. Adam verweist in diesem Zusammenhang auf das geänderte Anforderungsprofil, das potenzielle Bewerber an den „Traumjob Hausarzt“ stellen: „70% der Absolventen sind weiblich und viele von ihnen haben Schwierigkeiten, die Anforderungen dieses Jobs mit dem eigenen Familienwunsch oder einer gesunden „work-life-balance“ in Einklang zu bringen.“ Jüngst verschärfte Vorgaben des Gesetzgebers, die Arztpraxen vorschreiben, längere Sprechzeiten anzubieten, hätten das Problem noch verschärft.

Zwischen den Stühlen sitzt daher oftmals die Kassenärztliche Vereinigung Hessen, kurz KVH. Sie muss die Vorgaben der Politik umsetzen und dabei die Interessen der Ärzte vertreten. In der Öffentlichkeit bekommt sie oftmals zu Unrecht den „Schwarzen Peter“ dafür zugeschoben, dass Ärzte fehlen. Natürlich, so die KVH, sei ihr die Versorgungssituation in den ländlichen Regionen bekannt. So gebe es etwa in Hailer und Meerholz derzeit noch vier offene Arztstellen, die besetzt werden könnten. Hessenweit würde zudem in vielen Kommunen und Krankenhäusern um den Ärztenachwuchs gerungen. Die KVH versuche daher, jungen Ärztinnen und Ärzten aus gut versorgten Ballungsgebieten sowie aus dem universitären Umfeld den Weg in die Fläche schmackhaft zu machen. Dazu mache sie unter anderem attraktive Förder- und Kooperationsangebote.

„Wir müssen die Vorzüge unserer Städte und Gemeinden im Main-Kinzig-Kreis auch außerhalb der Kreisgrenzen den Ärztinnen und Ärzten vermitteln. In unserem Landkreis haben wir mindestens genauso viel zu bieten wie die Großstädte: eine attraktive Infrastruktur, ein breit gefächertes kulturelles Angebot und darüber hinaus auch noch die Vorteile des Lebens auf dem Lande“, sagt Julia Fock. Sie ist seit Anfang Juli als Koordinatorin für die ärztliche Versorgung im Gesundheitsamt des Kreises angestellt und in dieser Funktion ein Mitglied des von Dietrich und Brune einberufenen „runden Tischs“. Mit der Richtlinie zur Förderung der ärztlichen Versorgung im Main-Kinzig-Kreis unterstützt der Landkreis finanziell interessierte Ärztinnen und Ärzte. „Damit engagiert sich der Landkreis schon heute, die Niederlassung in unseren Städten und Gemeinden attraktiv zu gestalten und die wirtschaftlichen Risiken von Ärztinnen und Ärzten zu minimieren“, erläutert sie. Ein geeignetes Forum, um die Vorteile des Kreises möglichen Bewerbern nahezubringen, wird im Herbst stattfinden: Beim geplanten „Gründer/Abgeberforum“ in Gießen oder Marburg will Julia Fock die Werbetrommel für den Main-Kinzig-Kreis und Hailer/Meerholz rühren.

Ein weiteres Projekt macht Hoffnung: Wie Bürgermeister Daniel Glöckner (FDP) und Andrea Behrens von der Geschäftsführung der Pflegeeinrichtungen im Schloss Meerholz berichteten, soll im Rahmen einer ohnehin bevorstehenden „energetischen Sanierung“ des Schlossareals geprüft werden, ob dort Räumlichkeiten für eine Arztpraxis bereitgestellt werden können. Zusammen mit Angeboten für eine Kinderbetreuung, die jungen Ärztinnen die Vereinbarkeit von Beruf und Familie erleichtern soll, ist das ein wesentlicher Beitrag, den die Barbarossastadt Gelnhausen leisten kann. Ortsvorsteher Daniel Dietrich berichtete in diesem Zusammenhang von Plänen der SPD in beiden Ortsbeiräten, in die Haushaltsplanung 2020 Geld für ein solches Projekt einzubringen.

Das Projekt hätte neben der zentralen Lage für beide Ortsteile – das Pflegeheim steht sozusagen „auf der Grenze“ zwischen Hailer und Meerholz – auch den Charme, im Pflegeheim nicht mehr für die Altenbetreuung geeignete Räumlichkeiten sinnvoll zu nutzen. „Wir fühlen uns mit unseren aktuell 204 Pflegeplätzen derzeit ärztlich gut versorgt, machen uns aber schon Sorgen um die Zukunft. Wenn sich Bewerber für eine Hausarztstelle finden, würden wir unseren Beitrag in Form von Räumlichkeiten leisten“, erklärt Holger Hothum, der als Vertreter des Trägers der Pflegeeinrichtungen Schloss Meerholz und kaufmännischer Vorstand am „runden Tisch“ sitzt.

Es gibt also durchaus einige Ansatzpunkte, um die Ärzteversorgung in Hailer und Meerholz mittelfristig zu verbessern, fasste SPD-Ortsvorsteher Klaus Brune die Ergebnisse der ersten Sitzung des „runden Tischs“ zusammen. Das Gremium war sich darin einig, sich künftig in regelmäßigen Abständen zu treffen. Zudem ist durch den Austausch von Adressen jetzt ein Netzwerk geschaffen worden, das schnell miteinander in Kontakt treten kann, wenn sich an einem Ende des Netzwerks eine vielversprechende Entwicklung ergibt. Auch die KVH gibt sich optimistisch. Sie habe bereits viele positive Erfahrungen in der Zusammenarbeit mit Kommunen gemacht und oftmals auch gute Lösungen mit ansässigen Hausärzten gefunden. Wichtig sei es, geduldig zu bleiben und immer weiter an Lösungen zu arbeiten.


Ihnen ist etwas Interessantes aufgefallen im Main-Kinzig-Kreis? Schreiben Sie uns an info@vorsprung-online.de


Anzeige
Anzeige
Anzeige
Anzeige
Anzeige
Anzeige

online werben

Anzeige
Anzeige
Anzeige
Anzeige
Anzeige

vogler banner

Anzeige

vogler banner

Anzeige

Online Banner 300x250px MoPo 2