Gelnhausen: Stadthalle im neuen JOH-Komplex?

Gelnhausen
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Am Mittwoch tagt in einer öffentlichen Sitzung ab 19 Uhr in der Mehrzweckhalle in Meerholz der Sonder-Haupt- und Finanzausschuss (HFA), der während der akuten Corona-Pandemie die Stadtverordnetenversammlung in dringenden und unaufschiebbaren Fällen ersetzen soll. Im Mittelpunkt dieser Sitzung stehen zwei Anträge der Verwaltung, bei denen es einerseits um die vertragliche Gestaltung des Ankaufs des Joh-Gebäudes durch die Kreissparkasse Gelnhausen vom derzeitigen Eigentümer, der Stadt Gelnhausen, geht, sowie andererseits um ein sogenanntes Parkraumkonzept für die Südstadt, zur Schaffung weiterer Parkplätze um das Joh-Areal herum.

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Die Grünen finden es äußerst bedenklich, „dass über diese beiden Anträge, die für die Zukunft der Innenstadt von Gelnhausen von entscheidender Bedeutung sind, nicht zuletzt wegen der Corona-Krise, nicht ausreichend in der Öffentlichkeit und in den Gremien diskutiert worden ist,“ wie Uwe Leinhaas, Grünes Mitglied im Haupt- und Finanzausschuss, betont. „Wenn auch alles Rechtens zu sein scheint, so hat diese eilige Vorgehensweise während der Corona-Zeit doch ein gewisses Geschmäckle. Ähnlich wie bei der Schnell-Verabschiedung des Haushaltes Anfang Mai in diesem Sonder-HFA, ist auch beim Thema 'Joh-Neugestaltung' eine breite Diskussion in der Öffentlichkeit und eine konstruktive Debatte in den Gremien bisher kaum möglich gewesen“, moniert Leinhaas.

In diesem Zusammenhang bringt der Fraktionsvorsitzende der Grünen, Bernd Wietzorek, eine völlig neue Idee ins Spiel: „Da die Investitionskosten der alten Stadthalle in die Millionen gehen und zurzeit immer noch kein Ende des ‚Kostengrabes‘ abzusehen ist, sind wir Grünen für einen Abriss der alten maroden Stadthalle, den Verkauf dieses Areals, um anschließend an dieser Stelle dringend benötigten Wohnraum mit sozialverträglichen Mieten zu schaffen.“ Die Grünen haben auch schon eine genaue Vorstellung, wo die neue Stadthalle ihren zukünftigen Platz haben sollte: Ideal wäre der Gebäudeteil, der sich vom Ziegelhaus längs der Kinzig erstrecken wird, dort, wo derzeit das neue Medienzentrum entstehen soll. Im ebenerdigen Bereich würden wie geplant Handel, Gewerbe und Gastronomie untergebracht sein und dadrüber käme das Kultur- und Medienzentrum mit eine Saal-Raum-Kombination, in der auch Großveranstaltung durchgeführt werden könnten.

Nach Meinung der Grünen könnte die Finanzierung entweder durch Anmietung oder durch Eigentumsbeteiligung erfolgen, wobei, neben Zuschüssen, ein Teil auch durch den Erlös beim Verkauf der „Alten Stadthalle“ erzielt werden könnte. „Das wäre ein toller Synergieeffekt von Kultur- und Medienzentrum, mitten im Zentrum der Stadt,“ weist Wietzorek auf die Vorteile an dieser Stelle hin. „Idealerweise könnte das Kultur- und Medienzentrum tagsüber auch von den Schulen, vor allem von den benachbarten Beruflichen Schulen, genutzt werden. Darüberhinaus wäre am Abend und am Wochenende in diesem sensiblen Bereich nicht „Tote Hose“, wenn Verwaltung und Geschäfte geschlossen sind. Und die vielen Parkplätze rund ums das gesamte Areal würden nach Feierabend keine gähnende und trostlose Leere bieten, sondern würden ihrem Zweck entsprechend weiter durch die Besucher der „Neuen Stadthalle“ genutzt und ausgelastet werden.“

Weniger statt mehr Parkplätze

Und damit wäre man auch schon, nach Ansicht der Grünen, beim zweiten neuralgischen Thema, den Parkplätzen in und um diesen zentralen Bereich. Nach den Plänen der Kreissparkasse soll nach dem Abriss des jetzigen Joh-Gebäudes der Neubau eines Verwaltungs-, Medien- und Einkaufskomplexes entstehen. Bei Realisierung des Vorhabens ist üblicherweise der jeweilige Eigentümer laut der Stellplatzsatzung für die Bereitstellung ausreichender Parkplätze verpflichtet. Doch die Kreissparkasse hat bereits jetzt schon signalisiert, dass sie von der Stadt Gelnhausen erwartet, dass sie für die erforderlichen Parkplätze sorgen soll.

Wegen der städtebaulichen Bedeutung durch das Bauvorhaben in diesem Bereich, liegt nun den Stadtverordneten des „Notparlaments“ ein Vorschlag der Verwaltung zur Abstimmung vor, nach dem drei städtische Liegenschaften vermarktet werden sollen, um, durch die Schaffung von weiterem Park-, Geschäfts- und Wohnraum, vor allem zusätzliche Parkplätze zu ermöglichen. Bei der Vermarktung der Liegenschaften handelt es sich um die drei schon bestehenden Parkplätze : 1. in der Bahnhofstraße gegenüber dem Merlin (1.200 m2), 2. in der Hailerer Straße gegenüber dem Triangulum (2.400 m2) und 3. auf der Bleiche am Uferweg (7.000 m2). „Das sind zusammen ca. 10.500 m2 versiegelte Fläche, auf denen heute schon etwa 330 Fahrzeuge parken können,“ stellt das Grünen-Mitglied, Clara vom Endt, fest. „Wenn diese Flächen jetzt noch mit Parkhäusern bzw. Parkdecks überbaut würden, dann würden die Parkplätze um das vier- bis fünffache steigen, so dass wir schnell bei ca. 1.000 bis 1.300 neuen Parkplätzen sind. Und alles nur, damit ein Großteil der Bediensteten der Verwaltung, des Handels und Gewerbes sowie anderer Dienstleister morgens ihr Auto arbeitsplatznah abstellen können, um es dann nach acht Stunden wieder wegzufahren.“

Die Grünen verweisen auf des Klimaschutzkonzept der Stadt Gelnhausen, dass von allen(!) Parteien im Stadtparlament verabschiedet worden ist und dessen Ziele noch einmal in einer Stadtverordnetensitzung im letzten Jahr erneut einstimmig bekräftigt worden sind. Danach gelte es, den Verkehr in Gelnhausen zu reduzieren, bisherige Flächen zu entsiegeln.und den ÖPNV auszubauen. „Wer dem vorliegenden Parkraumkonzept Südstadt so zustimmt, der macht deutlich, dass er es mit dem Klimaschutz in dieser Stadt nicht wirklich ernst meint,“ äußert sich Clara vom Endt enttäuscht über das bloße Lippenbekenntnis vieler Politiker. „Bevor noch weitere Parkplätze gebaut würden, müsste zunächst erst einmal der aktuelle Bestand erfasst werden, da es neben diesen drei Großparkplätzen ja auch noch die Parkhäuser in der Bahnhofstraße und in der Barbarossastraße sowie etliche am Straßenrand gibt. Vielmehr sollten verstärkt Lösungen im Rahmen des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) gesucht und gefördert werden, wie zum Beispiel das Job-Ticket,“ betont vom Endt.

Generell sehen es die Grünen als problematisch an, dass durch die Bereitstellung und Schaffung weiterer Parkplätze im Innenstadtbereich immer mehr Verkehr in die Südstadt geholt wird: „Wenn wir wirklich eine Verkehrswende wollen, und das will laut Umfragen die große Mehrheit der Bevölkerung, dann ist eine Bebauung von Parkhäusern die grundlegend falsche Lösung. Denn wer Parkraum und weiteren Straßenbau realisiert, wird zwangsläufig mehr Verkehr ernten,“ bringt Stadtrat Holger Sommer die Haltung der Grünen auf den Punkt. Und Bernd Wietzorek ergänzt: „Andere Städte sind dabei, die Autos aus den Zentren und Innenstädten zu verbannen und wir holen sie uns extra noch rein. Wie anachronistisch. Konzepte wie in den 1980er Jahren. Vielen fehlt es an Mut und Phantasie, um Gelnhausen für die nächsten 30 Jahre zukunftsfähig und attraktiv zu machen.“

Keine Bebauung auf der Bleiche

Entschieden lehnen die Grünen eine Bebauung der Bleiche am Uferweg ab. „Eigentlich müsste die Fläche renaturiert, aber zumindest entsiegelt und mit Gittersteinen versehen werden, wenn sie weiterhin als Park- und Festplatz genutzt werden soll,“ gibt Wietzorek zu Bedenken, der selbst unmittelbar am Jüdischen Friedhof wohnt und täglich die Bleiche vor Augen hat. Darüberhinaus hat für die Grünen diese ufernahe Fläche, wie überhaupt die gesamte Kinzigaue, eine natürliche Funktion, da sie bei Hochwasser als Retentionsraum dient. Durch eine Bebauung mit Dammbefestigung würde die Strömungsgeschwindigkeit nochmals erhöht, was die nachfolgenden Gemeinden bis Hanau deutlich zu spüren bekämen. Insofern gehen die Grünen davon aus, dass die Untere Naturschutzbehörde einer Bebauung der 7.000 m2-Fläche auf der Bleiche nicht zustimmen werde. „Wer dort auch nur ein Parkdeck oder gar einen massiven Baukörper hinsetzt, weiß, dass er dort viel Beton verarbeiten muss, allein um diese Objekte tief in den Ufergrund zu verankern,“ mahnt Wietzorek vor einer nächsten Bausünde in Gelnhausen und einem gewaltigen Eingriff in diese sensible Naturlandschaft.

Nach Vorstellung der Grünen dürfte eigentlich die gesamte Kinzigaue im Stadtgebiet von Haitz/Höchst bis an die Grenze von Lieblos nicht bebaut werden, sondern sollte eine Kultur- und Naturlandschaft für Mensch und Tier werden, die von einem flußnahen Fuß/Radweg durchzogen werde. „Nichtzuletzt würde bei einer Bebauung die Bleiche als bisheriger Park- und Festplatz auch für den Barbarossa- und Schelmenmarkt sowie die Flohmärkte nicht mehr zur Verfügung stehen,“ stellt das Grünen-Mitglied Sophie Abend abschließend fest, die selbst am Uferweg zu Hause ist. 


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