Würdigung der frisch verlegten Stolpersteine vor Villa Sondheimer

Gelnhausen
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Zum Jahrestag der Pogromnacht trafen sich Mitglieder der IG Stolpersteine Gelnhausen mit Bürgermeister Daniel Glöckner (FDP) und dem heutigen Hauseigentümer Stefan Bohlender an den Gedenksteinen des Künstlers Gunther Demnig vor dem Haus „Alter Graben 8“.

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Genau vor 10 Jahren waren die vier Steine für Dr. Elkan Sondheimer, Ehefrau Gertrud, Tochter Lotte und den Chauffeur der Familie, Moritz Sichel, zu deren Andenken auf dem Gehweg verlegt worden. Die Jugendstilvilla, damals „Alter Graben 2“, hatte der renommierte jüdische Rechtsanwalt und Notar Dr. Sondheimer 1901 für seine Familie erbauen lassen. Hier fand die Familie mit den Kindern Hans, Fritz und Lotte ein Zuhause – bis zum 1. September 1938. Der ehemals hochangesehene Gelnhäuser Bürger vollzieht an diesem Tag mit seiner Frau die polizeiliche Abmeldung.

Vorausgegangen waren Berufsverbote, Diffamierungen, tätige Angriffe auf Würde und Leben, Anhängen von Steuerschulden in horrender Höhe und der abgepresste Verkauf von Haus und Grund an die Nationalsozialisten. Die Villa wird als Einrichtung der „Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt“ zum Entbindungs- und Kleinkinderheim. Den ehemaligen Eigentümern Elkan und Gertrud gelingt von München aus die Flucht nach New York. Auch Hans und Fritz sind gezwungen zu emigrieren. Tochter Lotte, die als Schauspielerin in Paris lebt, wird ab Mai 1940 zunächst im südfranzösischen Lager Gurs inhaftiert - als feindliche Deutsche - und später in Drancy/Paris, weil sie Jüdin ist. Von dort wird sie am 10. August 1942 nach Auschwitz deportiert und ermordet, was ihre Eltern nie erfahren werden.

Ihren Bruder Hans hatte es ebenfalls zum Theater gezogen: er studierte Bühnentechnik und war ab Juli 1933 Mitglied im Jüdischen Kulturbund Berlin, wo er für die technische Inszenierung zahlreicher Oper- und Schauspielstücke verantwortlich war. Als er 1939 nach New York emigrierte, konnte er nahtlos in seinem Metier weiterarbeiten und war zudem „Anker“ für die Migration seiner Eltern in die USA. Als er 1983 in den Ruhestand tritt, ist er technischer Leiter der New Yorker Opera. Fritz, der zum Neuhutterschen Glauben konvertiert war, gelang die Flucht quasi „undercover“ mit Glaubensbrüdern und -schwestern über Liechtenstein, Holland, England und Paraguay in die USA.

Seit 2010 hatten die vier Steine für die Eltern Sondheimer, Tochter Lotte und den 1942 in Majdanek ermordeten Moritz Sichel vor dem Haus an die ehemaligen Bewohner erinnert. Wegen Neubauten und Sanierungsarbeiten wurden die Kleinstdenkmale vorübergehend entfernt. Letzte Woche organisierte der städtische Bauhof deren Wiederverlegung. Aktuell kamen dabei zwei Steine für Hans und Fritz Sondheimer hinzu, deren Geschichte erneut Historikerin Christine Raedler von der IG Stolpersteine Gelnhausen recherchiert hatte. Anlässlich des Jahrestages der „Reichspogromnacht“ am 9. November versammelten sich Bürgermeister Daniel Glöckner, Hauseigentümer Stephan Bohlender und Mitglieder der IG Stolpersteine Gelnhausen zur Würdigung der verlegten Steine vor Ort und gedachten der jüdischen Opfer nationalsozialistischer Verfolgung.

Foto: Ortstermin Villa Sondheimer 9. November 2020 (von links): Gail und Prof. Dr. David Lupton, Christel Schmitz-Bonfigt, Christine Raedler, Rosemarie Bartel, Bürgermeister Daniel Chr. Glöckner und Stephan Bohlender.


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