Familien in Mongla: Nicht mehr bei Null anfangen

Gelnhausen
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"Früher war mein Haus da draußen", erklärt Sukanta und zeigt einige Bootslängen auf den offenen Fluss hinaus.

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"Aber das Flussufer ist immer weiter eingebrochen, also hab ich die Hütte weiter ins Land gebaut. Bis hierher, wo es feucht ist, kommt das Wasser, wenn die Flut am höchsten steht."

„Warum baust du denn hier, so nah am Fluss?“ fragen wir. "Ich besitze kein Land", antwortet Sukanta. "Ich habe keine andere Wahl." Ein Häuschen direkt am Flussufer, wo die sanft anrollenden Wellen einen abends in den Schlaf flüstern – wie idyllisch klingt das! Doch für die Leute in Chila und Chandpai im Bezirk Mongla in Bangladesch ist es eher lebensbedrohlich. Nur zwei, drei Meter weiter bricht das Flussufer jäh ab – mürbe, vom Wasser ausgefressen, nur ein paar Wurzeln halten den Lehm zusammen. Nicht nur die Wellen aus der Bucht von Bengalen drücken immer weiter ins Land. Seit Jahren werden Gebiete wie Mongla immer häufiger von verheerenden Wirbelstürmen heimgesucht. Sintflutartiger Regen und orkanstarker Wind verbinden sich mit baumhohen Flutwellen, und Hütten wie die von Sukanta können nicht standhalten.

"Beim Zyklon Amphan ist alles zusammengestürzt und fortgeschwemmt worden", berichtet er. "Aber ich bin das gewöhnt – 33 Jahre bin ich jetzt alt, und ich kann mich erinnern, dass es seit meiner Kindheit bei jedem Wirbelsturm so war - und ich hab viele Wirbelstürme erlebt!" Wie die meisten in dieser Gegend ist Sukanta beeindruckend unbeugsam und fängt mutig wieder und wieder neu an. Trotzdem wünscht er sich für seine Familie etwas anderes, für seine Frau und die zwei Söhne, 9 Jahre und 9 Monate alt. "Beim letzten Wirbelsturm hatte ich Glück. Es wurde hier zwar alles weggeschwemmt, aber nur ein kurzes Stück. Nach dem Wirbelsturm konnte ich die Einzelteile wieder einsammeln – Holzpfosten und so. Dann hab ich erstmal eine provisorische Unterkunft gebaut, wo wir als Familie wohnen konnten. Und danach haben wir Nachbarn uns alle gegenseitig geholfen, unsere Häuser wiederaufzubauen. Das machen wir immer so."

Den Mut, nach solch einer Katastrophe wieder bei Null anzufangen – das haben die Menschen in Mongla jedenfalls. Aber das muss nicht sein! Sicherlich, sie können den Klimawandel und die daraus folgenden Naturkatastrophen nicht stoppen. Aber durch die richtigen Vorsorgemaßnahmen können Familien und Kommunen dafür sorgen, dass der Schaden nicht so groß ausfällt. Und durch entsprechende Bildung und ein erhöhtes Einkommen wappnen sich die Menschen, schützen ihr Eigentum und müssen nach der nächsten Katastrophe eben nicht bei Null anfangen.

"Mein größter Wunsch ist, dass ich ein besseres Haus für meine Familie an einem sicheren Ort bauen kann", sagt Sukanta. "Aber dafür verdiene ich als Fischer nicht genug. Wenn ich durch das neue Projekt die Chance bekomme, ein höheres Einkommen zu verdienen – das würde mir und meiner Familie immens helfen." Ein besseres und vor allem durchgehendes Einkommen für die über 5.000 bedürftigsten Familien in Chila und Chandpai, ihre Lebensgrundlagen an den Klimawandel anpassen, ihre Haushalte und Dörfer so auf Katastrophen vorbereiten, dass möglichst wenig an Menschenleben oder Hab und Gut verlorengeht, sie motivieren und ausrüsten, sodass sie ihr gesamtes Fortkommen selbst in die Hand nehmen können – das sind einige der Ziele, die sich Helping Hands und die Leute vor Ort für das Klimawandel-Projekt in Mongla gesteckt haben. Seit Oktober 2021 und noch bis Frühjahr 2025 läuft es. Doch schon jetzt zeichnet sich die Hoffnung auf den Gesichtern der Projektteilnehmer ab.

Als wir uns von Sukanta verabschieden, kann man in seinem Gesicht lesen: all die Träume, die er für seine Söhne hegt, die hoffnungsvollen Erwartungen – dass sie ihr Leben nicht damit zubringen werden, vor dem heranrückenden Flussufer zu fliehen, dass sie Notlagen zuversichtlich ins Auge schauen können, weil sie nicht nur den Mut, sondern auch die Ressourcen haben, dort weiterzumachen, wo der Sturm sie unterbrochen hat: und dass sie dann nicht mehr bei Null anfangen müssen.

Dieses Projekt wird zu 75% von der Bundesregierung gefördert. Helping Hands e.V. muss einen Eigenanteil von ca. 60.000 EUR aufbringen. Wenn Sie die Familien in Mongla im Kampf gegen die Folgen des Klimawandels unterstützen möchten, spenden Sie bitte mit Vermerk "Mongla" auf das Konto IBAN DE56 5075 0094 0000 022394 bei der Kreissparkasse Gelnhausen oder online: https://helpinghandsev.org/spenden/.


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