Beschlussfindungen an wissenschaftliche Ergebnisse anpassen

Gelnhausen
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"Die CO2-Uhr tickt. Laut IPCC (Weltklimarat) dürfen wir voraussichtlich in 6 Jahren kein einziges Molekül CO2 mehr in die Atmosphäre freisetzen, wenn wir das 1,5°Grad Ziel noch erreichen wollen", melden sich die Initiativen People for Future Gelnhausen und Psychologists for Future MKK zur Rodung im Fechenheimer Wald für den Ausbau der Autobahn 66 zu Wort.



"Dieses 2015 im Pariser Abkommen von 195 Nationen, auch der Europäischen Union, festgelegte Ziel ist bedeutsam, da mehrere ökologische Kipppunkte nach den neuesten Berichten der Klimaforschung bereits bei dieser Grenze erreicht werden (u.a. von Ricarda Winkelmann vom Potsdamer Institut für Klimafolgenforschung verfasst). Da drängt sich die Frage nach dem Sinn weiterer Autobahnkilometer in Deutschland auf. Besonders Großstädte wie Frankfurt sind vom Klimawandel betroffen. Hier steigen die Temperaturen durch Beton und fehlende kühlende Waldflächen stärker als auf dem Land an. Ist dann nicht jeder einzelne Baum, der kostenlos CO2 in sich und Wasser im Boden speichert in einer Stadt, die heute schon nicht mehr weiß, wie sie ihren Wasserbedarf decken soll, ein kostbares Gut? Gerade auch angesichts der Tatsache, dass der Grundwasserspiegel durch den Bau des Riederwaldtunnels nachweislich sinken wird. Das Bundesverfassungsgericht entschied in einem spektakulären Urteil 2021, dass die Bundesregierung ihre Klimaschutzgesetzgebung nachbessern muss, um die Freiheitsrechte der jüngeren Generation zu schützen. Aber das FDP geführte Verkehrsministerium, das bekanntlich den größten Nachbesserungsbedarf zur Erreichung von Deutschlands Klimazielen hat, plant 850 km weitere Autobahnen auszubauen, statt diese finanziellen Mittel in den konsequenten Ausbau eines verlässlichen Nahverkehrs zu investieren. Dieser ist unbedingt notwendig, damit zukünftig Menschen aus ländlichen Regionen Frankfurt pünktlich und bequem erreichen können. Leider stimmt auch die hessische Landesregierung unter Beteiligung der Grünen dem klimaschädlichen Verkehrskonzept des Riederwaldtunnels zu. „Ist es da nicht nur zu gut verständlich, wenn gerade jüngere Menschen selbst nach der Rechtsprechung des höchsten Deutschen Gerichts keine andere Möglichkeit sehen, als durch auffallendere Aktionen, als Demonstrationen und ewiges Reden auf ihre bedrohte Lebenszukunft aufmerksam machen“, fragen die Sprecher:innen der People und der Psychologists For Future.

„Wir werden unsere Beschlussfindungen an die heutigen wissenschaftlichen Ergebnisse anpassen müssen, anstatt klimaschädliche Verkehrskonzepte aus den 70er Jahren durchzusetzen. Um das Pariser Klimaziel noch einigermaßen zu erreichen, sollten wir alle Pläne und Beschlüsse kritisch überdenken“, sagen die Sprecher:innen der People for Future Gelnhausen, Bettina Kullak und der Psychotherapists for Future MKK, Dirk Wehrsig. Genau darauf würden engagierte junge wie auch ältere Menschen, Wissenschaftler der Meteorologie, Forstwissenschaft und weiterer Disziplinen im Fechenheimer Wald hinweisen. Hunderte Einwohner:innen aus Frankfurt und der weiteren Umgebung informieren sich in ihrer sonntäglichen Freizeit auf den wöchentlichen „Waldspaziergängen“. Auch Mitglieder der genannten regionalen For Future Initiativen haben diese besucht, um sich eine objektive Meinung bilden zu können.

„Wir treffen hier auf junge, gebildete und sehr gut informierte Menschen, die Baumhäuser errichten, um auf jahrzehntelang gewachsenen Baumbestand aufmerksam zu machen. Dieser soll einer Schneise zum Bau des sogenannten Riederwaldtunnels zum Opfer fallen. Auf der Landkarte sieht das wie ein kleiner Fleck aus, real handelt es sich um circa eintausend Bäume, die auf außergewöhnlich fruchtbarem Boden stehen, der bestimmte Buchenarten zu überraschenden Höhen wachsen lässt“, wie Harald Geib (Parents For Future) und Mareike Scala (Psychotherapists For Future) von einem vortragenden Forstwirt erfahren, einer der Fachleute, die jeden Sonntag seit Monaten die Bevölkerung auf den Waldbesichtigungen informieren.

"Ja, es gibt die juristischen Ebenen vertraglicher Vereinbarungen, laut deren die Autobahngesellschaft das Recht hat, den Riederwald abzuholzen und den Tunnel zu bauen, genauso, wie den Rheinisch-Westfälischen-Elektrizitätswerken (RWE) das Recht zugesprochen wurde, weitere 280 Millionen Tonnen Braunkohle in Lützerath abzubauen. Aber gibt es nicht auch eine moralisch-ethische Ebene der Umsetzung von Vereinbarungen, die uns gebietet, über die Folgen einmal getroffener Verträge gut nachzudenken und sie den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen anzupassen?", heißt es in der Pressemitteilung abschließend.


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