TV Gelnhausen ehrt ersten schwarzen deutschen Handball-Nationalspieler

Rudi Lechleidner im Trikot des TV Gelnhausen.

Gelnhausen
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Die Großsporthalle Gelnhausen, Heimspielstätte des Handball-Drittligisten TV Gelnhausen, wird künftig „Rudi Lechleidner-Halle“ heißen (wir berichteten). Das verkündete der Landrat des Main-Kinzig-Kreises Thorsten Stolz und der Bürgermeister der Stadt Gelnhausen Daniel Christian Glöckner gemeinsam mit den Verantwortlichen des TVG am Samstagabend beim Heimspiel in der 3. Liga Süd-West gegen die HG Saarlouis im Rahmen des Vereinsevents „Nacht der Legenden“.

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Die Hallenumbenennung ist daher bemerkenswert, da Rudi der eigentlich Rodney mit Vornamen hieß, der erste schwarze deutsche Handball-Nationalspieler war. Bis heute haben erst drei schwarze Akteure in der Nationalmannschaft gespielt. Neben Lechleidner waren das Louis Rack (Debüt 1981), der übrigens ebenfalls für den TV Gelnhausen aktiv war und Djibril M'Bengue, aktuell in Diensten des Handball-Bundesligisten Bergischer HC.

„Der TV Gelnhausen ist vor wenigen Wochen auf den Main-Kinzig-Kreis zugekommen mit der Idee, die größte Vereinslegende auf eine besondere Art und Weise zu ehren und die Großsporthalle in Gelnhausen in „Rudi-Lechleidner-Halle“ umzubenennen. Diese großartige Idee wollten wir vom Kreis gerne unterstützen. Auch Bürgermeister Daniel Glöckner und die Stadt Gelnhausen waren sofort begeistert. Vor 14 Tagen haben wir im Kreisausschuss beschlossen, dass die Großsporthalle des Main-Kinzig-Kreises ab sofort Rudi-Lechleidner-Halle heißen wird. Die Geschichte dieser Halle ist untrennbar mit der Geschichte des Handballsports in Gelnhausen verbunden und natürlich mit Rudi Lechleidner. Die offizielle Namensgebung werden wir zu einem späteren Zeitpunkt nachholen“, sagte der Landrat des Main-Kinzig-Kreises Thorsten Stolz bei der Verkündigung in der Halle.

Lechleidner verstarb am 4. März 2008 im Alter von 58 Jahren. Die Ehrung nahm daher seine Tochter Katharina entgegen, die auch ihre Zustimmung gegeben hatte, dass die Sporthalle „Rudi-Lechleidner-Halle“ heißen wird. „Sein Vorname war zwar Rodney, aber niemand hat ihn so gerufen. Auch mein Vater selbst hat sich immer als Rudi vorgestellt. Er hatte es aufgrund seiner Hautfarbe nicht immer einfach, aber der TV Gelnhausen hat es ihm immer leicht gemacht. Der Klub war seine Heimat. Er hat den TVG und die Menschen geliebt. Ich bin daher dem Verein sehr dankbar, für diese besondere Wertschätzung. Und natürlich bin ich mächtig stolz auf meinen Vater. Ich bin sicher, er hätte sich über diese Geste sehr gefreut“, sagt Lechleidners Tochter Katharina Urban.

„Rudi Lechleidner ist mit Abstand die größte Klublegende beim TV Gelnhausen und hat wie kein anderer für den Aufschwung des Handballsports in unserer Region gesorgt. Wir sind stolz und dankbar, dass unsere Idee bei der Stadt und dem Kreis auf offene Ohren gestoßen ist. Der TV Gelnhausen hat sich schon immer gegen Rassismus eingesetzt. Ohne aber jemals genauer darüber reflektiert zu haben, warum dieses Thema stets eine Rolle gespielt hat. Wahrscheinlich hat Rudi auch dazu einen großen Beitrag geleistet. Wir sehen die Hallenumbenennung daher auch als Verpflichtung an, uns in Zukunft verstärkt für Vielfalt der Kulturen einzusetzen. Auch wenn Rudi das nicht mehr erleben kann, so können wir auf diesem Wege unserer Dankbarkeit ihm gegenüber Ausdruck verleihen“, sagt Corinna Müller, Geschäftsführerin des TV Gelnhausen.

Der am 13. November 1949 geborene Lechleidner begann als Sohn einer Deutschen und eines Amerikaners als Achtjähriger in der Handball-Abteilung seines Heimatortes Büdingen-Vonhausen in der Nähe von Gelnhausen seine sportliche Karriere. Über den TV Niedermittlau kam der Linkshänder zur Turnerschaft Steinheim, für die er in der 1. und 2. Bundesliga spielte. Anfang der 70er Jahre verpasste der gelernte Heizungsbauer mit Borussia Fulda zweimal knapp den Aufstieg in die 1. Bundesliga. Als Erstliga-Spieler des TSV Karlsruhe-Rintheim wurde Lechleidner vom damaligen Bundestrainer Vlado Stenzel in die Nationalmannschaft berufen. Beim Ostsee-Pokal in Schweden bestritt das Rückraum-Ass drei Länderspiele gegen UdSSR, Norwegen und das Team des Gastgebers. Stenzel, der das Team der Bundesrepublik Deutschland 1978 zum WM-Titel führte, nahm den beruflich stets stark eingespannten „Kanonier“ dann aber doch nicht zu Olympischen Spielen 1976 nach Montreal mit.

Nach einem weiteren Bundesliga-Jahr bei der TSG Oßweil und einem weiteren Intermezzo in Fulda begann 1980 die Zeit, in der Rudi Lechleidner beim TV Gelnhausen zu einer sporthistorischen Figur wurde. Die damaligen Klubverantwortlichen lockten den Inhaber einer Heizungsbaufirma mit dem Angebot von beruflichen Perspektiven zum TVG, mit dem die Führungspersönlichkeit Lechleidner dann von der B-Klasse bis in die Regionalliga aufstieg. Als die Gelnhäuser am 14. Mai 1988 durch einen 15:11-Sieg im Entscheidungsspiel beim TuS Dansenberg in die 2. Bundesliga aufstiegen, spielte der Namensgeber der Großsporthalle zwar schon vornehmlich in der zweiten Mannschaft, trug aber auch noch sporadisch zu diesem herausragenden Erfolg bei.

Am 23. April 1993 ging die eindrucksvolle Karriere des temperamentvollen Ausnahmekönners mit einem Abschiedsspiel gegen die deutsche Weltmeistermannschaft von 1978 zu Ende. Die Gelnhäuser Großsporthalle war proppenvoll und die Fans verabschiedeten ihr Idol mit stehenden Ovationen. Fast auf den Tag genau 30 Jahre später heißt diese Halle nun „Rudi-Lechleidner-Halle“. Und das Wirken des Ausnahmesportlers findet nun eine Fortsetzung und geht damit weit über seinen Tod hinaus.

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Rudi Lechleidner im Trikot des TV Gelnhausen.

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Von links: Thorsten Stolz (Landrat Main-Kinzig-Kreis), Katharina Urban geb. Lechleidner (Tochter von Rudi Lechleider) mit ihren beiden Kindern sowie Daniel Glöckner (Bürgermeister Gelnhausen) und Corinna Müller (Geschäftsführerin TV Gelnhausen Handball GmbH).


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