Kaufhaus JOH: Das Aus nach über 250 Jahren

Gelnhausen
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Die Sanierung der seit über 250 Jahren bestehenden Kaufhauskette JOH ist gescheitert. Im September werden der Hauptsitz in Gelnhausen, und die vier Filialen in Friedberg, Saalfeld, Zwickau und Gotha geschlossen, alle 300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erhalten in den nächsten Tagen ihre betriebsbedingten Kündigungen.



Die Insolvenzverwalterin Julia Kappel-Gnirs will die Investorensuche in den nächsten Wochen dennoch fortsetzen, um möglicherweise einzelne Standorte retten zu können. Die Schließung der Kaufhäuser hatte der Gläubigerausschuss, dem auch der Gelnhäuser Bürgermeister Thorsten Stolz angehört, am Dienstagabend beschlossen. Als Gründe für den Untergang des Traditionsunternehmens werden sinkende Umsätze, ein zunehmender aggressiver Wettbewerb und die steigende Konkurrenz von Einkäufen im Internet angeführt.

Am kommenden Montag wird voraussichtlich das Insolvenzverfahren eröffnet und ab dann muss das Kaufhaus JOH auch die Personalkosten, die in den vergangenen drei Monaten durch das Insolvenzgeld abgedeckt waren, wieder selbst zahlen. Da sich abzeichne, dass die lang anhaltenden Verluste und die überdurchschnittlich hohen Betriebskosten seit dem Insolvenzantrag am 8. Mai nicht nachhaltig reduziert werden konnten, sei eine Fortsetzung des Betriebs aus eigener Kraft nicht möglich. „Wir haben in der kurzen uns verbliebenen Zeit seit dem Insolvenzantrag alles versucht, um einen oder mehrere Investoren für JOH und seine Standorte zu finden. Aber obwohl es Interessenten gibt, haben wir noch keinen Vertrag abschließen können“, bedauert Kappel-Gnirs.

Ihr Sprecher Pietro Nuvoloni ergänzt, dass für das Weihnachtsgeschäft größere Wareneinkäufe angestanden hätten und das Risiko für diese Investition zu groß gewesen wäre. Stattdessen soll jetzt möglichst bald ein Räumungsverkauf beginnen, um noch möglichst viel Geld in die Kassen zu spülen. Zumindest am Standort in Gelnhausen wirkten die Regale in den vergangenen Wochen allerdings schon ausgedünnt, noch nicht bezahlte Ware könnte von den Lieferanten zudem auch wieder abgelohnt werden.

Über 300 Mitarbeiter betroffen

Auf einer Betriebsversammlung sind die über 80 Mitarbeiter in Gelnhausen gestern Vormittag von der Schließung des Stammsitzes informiert worden. Auch an den anderen vier Standorten wollte Geschäftsführ Peter K. Sudholt und Insolvenzverwalterin Julia Kappel-Gnirs die schlechte Nachricht selbst überbringen. Von seitens des Betriebsrates in Gelnhausen war gestern keine Stellungnahme zu bekommen. „Wir möchten uns dazu noch nicht äußern“, sitzt der Schock über das Ende des Traditionsunternehmens tief. Kritik an der Geschäftsführung, aber auch am Gesamtbetriebsrat, der in Friedberg sitzt, kommt unterdessen von der Gewerkschaft ver.di. „Wir haben darauf gedrängt, dass sich die Mitarbeiter vom Geschäftsführer distanzieren, schließlich hat er das Unternehmen in die Insolvenz geführt“, sei dies laut Gewerkschaftssekretär Wolfgang Thurner aber zumindest von Teilen des Gesamtbetriebsrates in Friedberg abgelehnt worden. „Sie standen wohl unter starkem Einfluss des Geschäftsführers und haben geglaubt, was dieser ihnen erzählt hat“, habe die Gewerkschaft daher bei den Verhandlungen über einen Sozialplan bislang nicht mit am Tisch gesessen. Laut der Insolvenzverwalterin enden die Beschäftigungsverhältnisse der Mitarbeiter unter der Berücksichtigung der Kündigungsfristen, die in einem Insolvenzverfahren für alle Mitarbeiter unabhängig von der Firmenzugehörigkeit auf drei Monate begrenzt ist, spätestens Ende Oktober. Laut Thurner könnte es aber durchaus auch schon früher zu Freistellungen kommen. „Wenn kein Geld mehr da ist, werden die Leute vorher in die Arbeitslosigkeit geschickt“, müssten die Mitarbeiter dann darauf achten, ihre Forderungen dennoch gelten zu machen.

Investorensuche geht weiter

Trotz der gescheiterten Sanierung will die Insolvenzverwalterin versuchen, einzelne Standorte zu retten. Aus dem umgehend nach dem Insolvenzantrag gestarteten Investorenprozess hätten sich eine Vielzahl von Interessenten gemeldet, so Kappel-Gnirs. „Nachdem sich im Investorenprozess die Gespräche auf bestimmte ernstzunehmende Interessenten konzentriert haben, werden wir jetzt in konkrete Verhandlungen zur Übergabe einzelner Standorte einsteigen“, würden sich die Kreditversicherer und Lieferanten weiterhin zu JOH bekennen und den Investorenprozess aktiv unterstützen. Bei der Investorensuche wird allerdings zweigleisig gefahren. Sollte sich tatsächlich jemand finden, bedeutet dies nicht, dass er das Kaufhauskonzept und die Mitarbeiter übernimmt. Möglicherweise besteht auch nur Interesse an einem der Gebäude in den fünf Standorten. Diese wiederum gehören jeweils einer eigenen Immobiliengesellschaft, „die miteinander verbunden sind und an denen Personen aus der Geschäftsleitung beteiligt sind“, war gestern zum offenbar komplizierten Firmengeflecht rund um die Kaufhauskette zu erfahren.

Räumungsverkauf

Der Geschäftsbetrieb an den fünf JOH-Standorten läuft bis zur Betriebsschließung weiter. Die ist für September angekündigt, ein konkretes Datum wurde bislang aber noch nicht genannt. Die fünf Standorte werden vermutlich je nach Verlauf des Räumungsverkaufes zu verschiedenen Zeitpunkten geschlossen. „Die Mitarbeiter kämpfen im Team in den nächsten Wochen mit ihren guten Leistungen und ihrer kompetenten Beratung, um potentielle Investoren vom Kaufhaus JOH zu überzeugen“, sollen laut Kappel-Gnirs alle Möglichkeiten genutzt werden, um den Erhalt der Infrastruktur und der Nahversorgung in den Kommunen zu ermöglichen. Weitere Einzelheiten sollen am Freitag auf einer Pressekonferenz bekanntgegeben werden.


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