„Die aktuelle Lage ... es ist einfach nur verrückt. Wir wissen nicht, wie das noch weitergeht!“ Mitte September ist die Zeit, an der die NES-Schule in Beirut – lokaler Partner des Gelnhäuser Vereins für Entwicklungszusammenarbeit, Helping Hands e.V. – das neue Schuljahr beginnt. Auch in diesem Jahr, der Furcht zum Trotz. Ganze vier Tage konnte Unterricht stattfinden. Dann begann die Bombardierung der libanesischen Hauptstadt.
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„Es ist wie im Erdbeben“, berichtet M. Mshantaf, Schulleiterin der NES. „Unvorstellbar! In Dahiyeh, entlang der Straße zum Flughafen, sind die Gebäude dem Erdboden gleichgemacht. Und im Süden, die Dörfer sind alle völlig zerstört, dort ist nichts mehr, nichts!“
In nur wenigen Tagen sind tausende Zivilisten getötet worden, darunter Hunderte von Kindern; über eine Million mussten bereits fliehen, das sind 20% der Bevölkerung. Viele kommen bei Verwandten unter, andere finden in den staatlichen Schulen eine Unterkunft – wenn sie Glück haben.
„Tausende von Menschen sind auf der Straße, leben in ihren Autos. Und die Syrer, sie werden in den staatlichen Unterkünften abgewiesen und haben keine andere Wahl, als auf der Straße zu schlafen, es bricht einem wirklich das Herz! Jetzt wird es Herbst, es fängt an zu regnen. Deshalb verteilen wir jeden Tag warme Mahlzeiten an die Familien auf den Straßen. Wir haben auch Matratzen und Kissen verteilt an die Familien, die Verwandte aufgenommen haben; da leben jetzt teilweise 15 bis 20 Personen in einer kleinen Wohnung.“
Aber über aller Hilfsbereitschaft schwebt unaufhörlich die Angst. Die schreckliche Furcht, dass die Geflüchteten vielleicht der Hisbollah angehören und man damit selbst Zielscheibe der nächsten Bombardierung wird. Auf diese Art wurden schon Hunderte von Unbeteiligten zu Opfern. Daher trauen die meisten Menschen sich nicht, Fremden eine Zuflucht zu bieten. „Es ist eine sehr kritische Zeit. Es ist wirklich sehr, sehr gefährlich. Wir müssen sehr weise sein. Natürlich helfen wir, so viel wir können, wie auch immer wir können.“
Und da hat die NES-Schule schon einen Plan: Im Nachmittagsprogramm sollen möglichst viele Kinder aus den Flüchtlingsunterkünften aufgenommen werden. „Damit ihre Bildung nicht so lange unterbrochen wird“, erklärt Mshantaf. „Denn selbst wenn es einen Waffenstillstand gibt, können diese Familien erst in vielen Monaten die Flüchtlingsunterkünfte verlassen, denn sie haben keine Häuser mehr, in ihren Dörfern ist ja alles dem Erdboden gleich, da ist nichts mehr übrig.“
Bisher ist zwar noch nicht klar, wann die Schulen wieder öffnen dürfen. Aber sobald vom Bildungsministerium die Erlaubnis kommt, ist die NES bereit: „Wir überlegen, in zwei Schichten zu öffnen. Es ist zu riskant, 360 Kinder auf einmal in der Schule zu haben. Aber wenn nur die Hälfte der Kinder im Gebäude sind, dann können wir schnell genug evakuieren.“
Eine Herausforderung bleibt: In dieser Situation ist keine Familie in der Lage, auch nur einen geringen Betrag fürs Schulgeld zu bezahlen – vor allem nicht die Familien, die noch für ein Dutzend geflüchtete Verwandte alle Ausgaben begleichen müssen, und schon gar nicht die geflüchteten Familien selbst. Noch weiß die Schulleiterin nicht, wie sie Ende des Monats die Gehälter der Lehrer bezahlen soll. Aber weder für sie noch für das restliche Personal an der NES ist das ein Grund, aufzugeben oder die Hoffnung zu verlieren.
„Das ist eins, was wir tun können: Bildung anbieten; unsere Schule tagsüber öffnen und Kindern die Möglichkeit zum Lernen geben.“
Wenn Sie mit dazu beitragen wollen, dass Kinder im Libanon auch in dieser Kriegssituation weiterhin Bildung erhalten und einen Zufluchtsort haben, dann spenden Sie bitte mit Vermerk „Libanon“ auf das Konto von Helping Hands e.V. (IBAN DE56 5075 0094 0000 022394) bei der Kreissparkasse Gelnhausen oder online: https://helpinghandsev.org/spenden/. Weitere Informationen online (https://helpinghandsev.org) oder per Telefon (06051 832892).