Rechtsauffassung zum Bürgerbegehren

Großkrotzenburg
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Eine Vertrauensperson der Initiativgruppe „Zukunftssicheres Großkrotzenburg“ hat in einem Leserbrief die Meinung vertreten, dass der von der Gemeindevertretung am 28. Februar gefasste Beschluss nicht die Voraussetzungen erfülle, nach denen ein Bürgerentscheid entfällt (§ 8b Abs. 4 Satz 3 HGO).



Die mit dem Bürgerbegehren verlangten Maßnahmen müssten (uneingeschränkt) beschlossen werden. Sobald - wie im vorliegenden Fall - Konkretisierungen und Ergänzungen beschlossen würden, wäre das Bürgerbegehren in unzulässiger Form abgeändert. Des Weiteren sei die Gemeindevertretung verpflichtet, über die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens zu entscheiden (§ 8b Abs. 4 Satz 2 HGO). Eine Untätigkeitsklage werde geprüft. Der Vorsitzende der Gemeindevertretung Bernd Kurzschenkel hat dies zum Anlass genommen, den für die Kommunalverfassung zuständigen Abteilungsleiter beim Hessisches Ministerium des Innern und für Sport Herrn Ministerialdirigent Graf um eine rechtliche Würdigung der von der Initiativgruppe vertretenen Auffassung gebeten.

Ministerialdirigent Graf hat wie folgt geantwortet:

„Die an mich herangetragenen Fragen beantworte ich wie folgt:

1. Hinsichtlich der Frage, ob der Beschluss der Gemeindevertretung vom 28. Februar 2020 eine Entscheidung nach § 8 b Abs. 4 Satz 3 HGO getroffen hat, hatte ich einem der Initiatoren des Bürgerbegehrens mitgeteilt, ‚dass nach § 8 b Abs. 4 Satz 3 HGO der Bürgerentscheid entfällt, wenn die Gemeindevertretung die Durchführung der mit dem Bürgerbegehren verlangten Maßnahmen beschließt.‘ Von einem förmlichen „Abhilfebeschluss“‘ ist in der Vorschrift nicht die Rede. Das Bürgerbegehren verfolgte das Ziel, dass die Gemeinde Großkrotzenburg und die Stadt Hanau ‚gemeinsam den Auftrag für die Erstellung einer ergebnisoffenen Studie erteilen, in der die Möglichkeiten einer interkommunalen Zusammenarbeit zwischen Großkrotzenburg und Hanau aufgezeigt werden‘. Nach dem mir vorliegenden Beschlussantrag der CDU-Fraktion, der nunmehr in der Gemeindevertretung beschlossen wurde, wird der Gemeindevorstand beauftragt, ‚mit dem Magistrat der Stadt Hanau ... Verhandlungen mit dem Ziel aufzunehmen, einen gemeinsamen Auftrag für die Erstellung einer Studie zur interkommunalen Zusammenarbeit... erstellen zu lassen’. Ich kann nicht erkennen, inwieweit der jetzt getroffene Beschluss der Gemeindevertretung hinter der Intention des Bürgerbegehrens zurückbleibt. Die Gemeindevertretung hat das Verwaltungsorgan nunmehr beauftragt, mit der Stadt Hanau über die Möglichkeit der vom Bürgerbegehren geforderten IKZ-Machbarkeitsstudie zu verhandeln. Mehr kann die Gemeindevertretung aktuell nicht tun, um dem Anliegen des Begehrens gerecht zu werden. Der Umstand, dass die Gemeindevertretung zusätzlich noch den weiteren Auftrag erteilt hat, neben Hanau auch noch weitere Kommunen für eine IKZ in Betracht zu ziehen, tangiert die Intention des Bürgerbegehrens nach meiner Einschätzung nicht. Ich kann dem Wortlaut des Begehrens nicht entnehmen, dass andere IKZ-Partner als Hanau ausgeschlossen werden sollten.

2. Wenn die Gemeindevertretung die Durchführung der mit dem Bürgerbegehren verlangten Maßnahmen beschließt, bedarf es nach meiner Auffassung einer gesonderten Entscheidung der Gemeindevertretung über die Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens nicht (mehr). Einer Gemeindevertretung ist es unbenommen, im Sinne eines Bürgerbegehrens zu entscheiden, selbst wenn die Vertretung die rechtlichen Voraussetzungen des Bürgerbegehrens nicht für gegeben hält. Für einen Rechtsstreit auf nachträgliche Feststellung der Zulässigkeit des Bürgerbegehrens fehlt es meiner Auffassung nach an einem Rechtsschutzbedürfnis. Der Umstand, dass die Gemeindevertretung erst nach einem länger währenden politischen Prozess und der Einholung von rechtlichen Stellungnahmen zur Zulässigkeit des Bürgerbegehrens letztlich erst mit Beschluss vom 28. Februar 2020 dem Begehren Rechnung getragen hat, steht dem nicht entgegen. Es liegt im Wesen politischer Entscheidungen, dass diese mitunter erst nach längeren und intensiven Diskussionen der politisch Verantwortlichen getroffen werden.“

Bürgermeister Thorsten Bauroth und der Vorsitzende der Gemeindevertretung Bernd Kurzschenkel stellen fest, dass diese Auskunft die von der Gemeindevertretung vertretene Rechtsauffassung ohne Einschränkung stützt, nach der diese mit ihrem Beschluss vom 28. Februar die Durchführung der mit dem Bürgerbegehren verlangten Maßnahmen beschlossen hat und somit der Grund für die Durchführung eines Bürgerentscheids entfällt sowie eine Beschlussfassung über die rechtliche Zulässigkeit des Bürgerbegehrens nicht erforderlich ist.


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