Eine starke Frau: Sascha Raabe besucht Roswitha Hassenzahl

Hanau
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„Meine ganze Habe, die passt hier in den kleinen Beutel“, sagt Roswitha Hassenzahl. Ihr Leben könnte einen ganzen Roman füllen.



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Es ist eine Geschichte von einer Frau, die sich nie unterkriegen ließ. Eine Frau, die sich beruflich immer wieder neu erfinden musste. Eine Frau, die der Kinder wegen die Schläge ihres Mannes erduldete, bis sie den Mut fasste, ihr Leben in die Hand zu nehmen. „Ich habe nie aufgegeben. Ich werde nie aufgeben“, sagt die 77-Jährige.

Dr. Sascha Raabe zeichnete als „lebendiger Adventskalender“ im Rahmen der Aktion von Pfarrerin Gesine Krotz eine sehr bewegende Lebensgeschichte auf. „Roswitha Hasenzahl ist eine unfassbar starke Frau. Sie hatte ein sehr schweres Leben, das sie beeindruckend gemeistert hat, dabei nie Kraft und Leidenschaft verloren“, fasste der SPD-Bundestagsabgeordnete nach dem Gespräch mit der Seniorin, „die ein Vorbild für andere Frauen ist“, zusammen.

„Ich habe meine Geschichte noch niemanden erzählt“, sagte Roswitha Hassenzahl am Ende. 1942 als eines von acht Kindern der Familie in Hanau geboren – das Leben in der Nachkriegszeit war kein einfaches. Der Vater Kriegsveteran, über den die Nachbarn sagten, er könne Kinder machen, aber nicht arbeiten gehen. Die kleine Roswitha litt unter dieser „Schande“. Nach der 9. Klasse musste sie, obwohl sehr wissbegierig, die Schule verlassen, um Geld zu verdienen. Mit 13 ging es in die Lederfabrik nach Großauheim. Eine Goldvergiftung beendete den Job  in einer metallverarbeitenden Fabrik in Weiskirchen. Bei der Vacuumschmelze Hanau habe sie „hart für gutes Geld“  gearbeitet. Dem Vater war es nicht genug. Er fädelte eine Ehe ein. Das Angebot: Eine Frau, die hart arbeiten kann. „Ich wollte ihn nicht. Ich kannte ihn nicht“, erinnert sich Hassenzahl an den Beginn eines langen Martyriums namens Ehe.

An der gemeinsamen Hühnerfarm verlor ihr Mann das Interesse. Als Ehepaar fanden die Hassenzahls eine Hausmeisterstelle in einer Schule in Großauheim, wo sie in Eigenregie den Dachboden in zusätzlichen Wohnraum für die drei Kinder umwandelte. Sie machte die Arbeit. Ihr Mann widmete sich dem Alkohol. „Er sprach nicht mehr mit mir. Er trieb sich rum. Er schlug mich. Er tyrannisierte mich. Nachts bin ich oft geflüchtet. Die Polizei war oft da“, erinnert sie sich: „Ich bin immer nur weggerannt, weggerannt.“ Bis sie einen Selbstverteidigungskurs belegte und den Mut fasste, dem Grauen ein Ende zu setzen. 1980 reichte sie die Scheidung ein. Ihr Mann plünderte ihre Ersparnisse. Den Job als Hausmeister verlor sie, weil sie über keine handwerkliche Ausbildung verfügte. Doch Roswitha Hassenzahl gab nicht auf: Im Krankenhaus fand sie einen neue Stelle in der Kantine, arbeitete sich zur Stations-Assistentin hoch. Dem neuen Glück setzte die Gesundheit ein Ende: Bandscheibenschaden, Schlaganfall, Rollstuhl. „Das war’s mit der Arbeit, leider“, sagt sie.

Seit einem Jahr lebt die gebürtige Hanauerin im Wohnstift, genießt die Ruhe, nutzt die vielfältigen Angebote. „Die späte Emanzipation von Roswitha Hassenzahl sollte ein Vorbild für andere sein, ihr Leben verdeutlicht den besonderen Willen der Nachkriegsgeneration“, zeigte sich Raabe beeindruckt.


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