Schlossplatz: Magistrat für Baugesellschaft und Terramag

Hanau
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"Wir haben einen Partner gesucht, der mit gutem Gespür für diesen bedeutsamen Standort einen überzeugenden Gestaltungs- und Nutzungsvorschlag für eine zeitgemäße und zukunftsorientierte Quartiersentwicklung unterbreitet. Wir sind uns nach eingehender Prüfung aller eingereichten Konzepte sicher, dass uns dies mit der Bietergemeinschaft Terramag und Baugesellschaft Hanau gelungen ist," macht Hanaus Oberbürgermeister Claus Kaminsky (SPD) deutlich, dass der jetzt ausgewählte Entwurf für die künftige Gestaltung rund um den Schlossplatz und das Kanzleigebäude den Magistrat in jeder Hinsicht überzeugt hat, so dass das Votum klar zugunsten der Bietergemeinschaft ausgefallen ist.



"Das von uns ausgewählte Konzept punktet in seiner Gesamtheit am stärksten und ich gehe davon aus, dass die Stadtverordnetenversammlung am 23. September unserer Entscheidung folgt."

Kaminsky erinnerte daran, dass es der Stadt an dieser Stelle nie darum gegangen ist, ein Grundstück mit maximalem Gewinn zu veräußern, sondern "dass unser Fokus immer auf einem attraktiven Nutzungsmix lag, von dem die gesamte Altstadt profitieren kann." Auch die Erkenntnis, dass Hanau mit seiner Abfolge von fünf Plätzen vom Areal am Kanzleigebäude bis zu dem derzeit im Umbau befindlichen an der Wallonisch-Niederländischen Kirche über einen städtebaulich besonderen Schatz verfügt, soll künftig berücksichtigt bleiben. Diese Platzfolge gilt es nach den Worten des Oberbürgermeisters gebührend zu pflegen.

Ganz in der Tradition des Wettbewerblichen Dialogs, der seinerzeit für die neue Innenstadt den kreativen Planungsprozess mit einer gesicherten Finanzierung und Realisierung zusammengeführt hat, habe sich die Stadt bei der Neugestaltung des Schlossplatzes für den Weg der Konzeptvergabe entschieden. "Dabei handelt es sich aber mitnichten um einen Ideen- oder Architektenwettbewerb", will der OB nach eigenen Worten mit einem Grundirrtum aufräumen. Die anschließende Realisierung sei wie seinerzeit beim WeDi Teil des Anforderungsprofils gewesen. Daraus lasse sich auch die hohe Bedeutung des Nutzungskonzepts (30 Prozent) und der Vertragsstruktur (15 Prozent) in der Bewertungsmatrix ableiten. "Wir wollen nicht nur planen und diskutieren, sondern eine nachhaltige und wirtschaftlich tragfähige Konzeption sowohl für den Neubau als auch für das zu sanierende Kanzleigebäude."

Die von Anfang bekannten Kriterien der Bewertungsmatrix umfassen neben dem Nutzungskonzept und der Vertragsstruktur mit insgesamt 45 Prozent auch das städtebauliche Konzept und das Architekturkonzept/Denkmalschutz mit jeweils 15 Prozent. Dabei unterstützt der Hanauer Architekt Rainer Krebs die Stadt bei der Beratung über städtebauliche Gewichtung und Architektur. Er und Stadtentwickler Martin Bieberle sagen, dass für die Beurteilung des Schlossplatzes die Zäsur der Kriegszerstörung 1945 entscheidend sei und nicht der städtebauliche und architektonische Zustand zuvor. Mittlerweile sei die Hanauer Altstadt als Ensemble denkmalgeschützt. Mit dem 2003 eröffneten Congress Park Hanau habe sich der östliche Schlossplatz "modern weiterentwickelt", nun gehe es auf der Westseite entsprechend weiter.

Eine klare Absage erteilt der OB vor diesem Hintergrund der historisierenden Bebauung, wie sie der Entwurf des Projektentwicklers KCI vorsieht und für den der Sprecher des Vereins Stadtbild Deutschland, Reinhard Hühn, öffentlich eintritt. "Auch wenn ich durchaus nachvollziehen kann, dass die von dem Architekten Olaf Gerstner entwickelten Bilder unseren Wunsch nach der vermeintlich guten alten Zeit bedienen, wird es mit mir keinen Nachbau der Vergangenheit und aufgekleisterte Fassaden für unsere Stadt geben." Kaminsky dankt dem Investor und dem Architekten ausdrücklich für die Impulse, die deren Entwurf gegeben haben, denn sie hätten durchaus den Blick dafür geschärft, "was wir haben wollen und was wir nicht wollen."

Kritisch sieht er allerdings den öffentlichen Umgang des Vereins Stadtbild mit dem Sieger-Entwurf und den Versuch, durch polemisierende Attacken die Mitbewerber zu diskreditieren. "Mir ist bewusst, dass sich bisher nur der Verein und hier sein Sprecher Herr Hühn geäußert haben, die sachlich betrachtet nicht einmal Verfahrensbeteiligte sind", so der OB und greift exemplarisch zwei Punkte auf, die er nach eigenen Worten so nicht im Raum stehen lassen will. Zum einen stellt er die grundsätzliche Frage, ob es wirklich im Interesse der Hanauer Bürgerinnen und Bürger sein kann, wenn sich hinter dem Etikett "Verein Stadtbild – Ortsverband Hanau" Offenbacher und Frankfurter Mitglieder verbergen, um dem demokratisch gewählten Souverän der Stadt eine Meinung zu diktieren.

Dass der Verein aber bei der Verteidigung eines Entwurfs, der gerade beim hoch gewichteten Nutzungskonzept nur eine wenig befriedigende Lösung liefere, hergehe und versuche, ein traditionsreiches, in Hanau seit Jahrzehnten verwurzeltes Unternehmen in Misskredit zu bringen, habe nichts mehr mit konstruktiver Kritik zu tun. "Wir im Magistrat sehen in der Ansiedlung der Tanzschule Berné, die für uns mit ihrem wirtschaftlichen Konzept über jeden Zweifel erhaben ist, ein höchst attraktives Element zur Belebung des Schlossplatzes und des Quartiers. Der Standort und die gesamte Altstadt wird davon profitieren," erinnert der OB daran, dass die Besitzerin der Tanzschule, Ute Berné seit vielen Jahren an einem weitaus schwierigeren Standort überaus erfolgreich ihr Institut führt und ausgebaut hat. "Die Tanzschule ist ein Magnet für Menschen aller Altersgruppen."

Zum Abschluss ruft OB Kaminsky einen weiteren Aspekt des WeDi in Erinenrung, "den die meisten schon vergessen haben – nämlich, dass mit der Vergabe die richtige Arbeit erst losgeht." Erst im öffentlichen Diskurs sei aus den HBB-Entwürfen das geworden, was heute sicht- und erlebbar sei. "Angefangen von der großen Plantane an der Hammerstraße über die Fassadengestaltung der fünf Baukörper bis hin zu der Baukante gegenüber des Ypsilon-Hauses und zur konkreten Ausgestaltung des ZOB gab es viele Weiterentwicklungen in den Ursprungsentwürfen, die erst durch die aktive Bürgerbeteiligung hinzugekommen sind und das Gesamtpaket deutlich verbessert haben." Das werde am Schlossplatz ganz genau so passieren, macht Kaminsky deutlich, dass bereits in dem seit einem Jahr laufenden Prozess der Konzeptvergabe viele Details in den Entwürfen verändert worden sind, und kündigt für das erste Quartal 2020 die Einbindung der interessierten Öffentlichkeit. "Auch an dieser Stelle eröffnet der ausgewählte Entwurf der Bietergemeinschaft Terramag und Baugesellschaft alle notwendige Optionen, die für einen solchen Veredelungsprozess gegeben sein müssen."

Hintergrund – Was ist eine Konzeptvergabe?
Die Stadt hat sich entschlossen, über die Veräußerung des Grundstücks "Haus des Handwerks" und die Bestellung eines Erbbaurechts am Kanzleigebäude nicht auf der Grundlage des höchsten Kaufpreisgebots zu entscheiden, sondern auf der Basis des besten Konzepts für Städtebau, Architektur und Nutzung. Die Bewertungskriterien hat die Stadtverordnetenversammlung beschlossen, der Kaufpreis und der Erbbauzins wurden vorab auf der Grundlage einer Wertermittlung durch den Gutachterausschuss für alle Bieter gleich festgesetzt. Das Auswahlverfahren ist kein förmliches Vergabeverfahren, da es nicht auf die Vergabe eines öffentlichen Bauauftrags abzielt. Es ist auch kein Architektenwettbewerb, bei dem ein Entwurf von einer Jury mit einem Preis bewertet wird. Das Verfahren ist auf den Abschluss eines Vertrages gerichtet, in dem sich der Vertragspartner verbindlich zu Bau und Nutzung entsprechend der angebotenen Lösung verpflichtet. Bei der Auswahlentscheidung haben die Gremien nicht nur die Bewertungskriterien, sondern auch die Teilnahmebedingungen und Mindestkriterien - zu denen auch der Wohnanteil von 30 % der Geschossfläche gehörte - zu berücksichtigen. Die Angebote sind nach gleichen Kriterien fair und diskriminierungsfrei zu bewerten.


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