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Hanau
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Mit einer Kunstaktion von Sanja Zivo startet die zweite Veranstaltungswoche der "Internationalen Wochen gegen Rassismus" 2020 in Hanau.



Unterstützt von der Arbeiterwohlfahrt (AWO) Hanau, "Demokratie leben" und der Stadt Hanau bittet die Künstlerin um kreative Botschaften der Hanauerinnen und Hanauer. Am Montag, 16. März, Mittwoch, 18. März, und Samstag, 21. März, wird Sanja Zivo jeweils von 12 bis 13.15 Uhr auf dem Marktplatz präsent sein, wo eine "Botschaftswand" auf die Beiträge der Passantinnen und Passanten wartet. Von 13.30 bis 15 Uhr findet die Aktion an diesem Tagen am Hauptbahnhof statt.

Ihre Aktion trägt den Titel "Alle Menschen werden Brüder/Schwestern". "Die Wissenschaften erkennen keine Grenzen" – schrieb Jacob Grimm 1853, "Kunst ebenso!" – schrieb Sanja Zivo 2019. Sie lädt dazu ein während der Internationalen Wochen gegen Rassismus 2020 eine Botschaft von Frieden, Freiheit, Freundschaft, Verständnis, Vielfalt und Liebe aus Hanau zu senden. Für sie kann Kunst und Kreativität eine effektive Möglichkeit der Kommunikation sein und "vielfältige Kulturen bereichern unser Leben." Sie hofft. "gemeinsam machen wir Hanau bunter!" Ihre Botschaftswand ist von 16. bis 29. März auf dem Marktplatz und am Hauptbahnhof zugänglich und kann beschriftet werden.

Abgesagt werden muss leider der für Montag, 16. März, im DGB-Haus angekündigte Gesprächsabend mit Edith Erbrich "Als Kind gefangen im KZ Theresienstadt". Die Zeitzeugin ist leider verhindert.  Die Veranstaltung soll Ende des Jahres nachgeholt werden. Der Donnerstag, 19. März, steht in Hanau stets im Zeichen der Gedenkveranstaltungen. Denn kurz vor Ende des Zweiten Weltkriegs schlug der von NS-Propagandaminister Goebbels ausgerufene "totale Krieg" mit aller Härte auf Hanau zurück. Vor 75 Jahren, am 19. März 1945, ging das alte Hanau unter. Mehr als 2.000 Menschen kamen bei einem alliierten Luftangriff ums Leben.

Es beginnt um 4.20 Uhr mit der Gedenkandacht in der Marienkirche mit Glockenläuten, um 9 Uhr folgt die Katholische Gedenkmesse in Mariae Namen und um 16 Uhr beginnt die Gedenkstunde in der Trauerhalle auf dem Hanauer Hauptfriedhof mit anschließender Kranzniederlegung. Um 18 Uhr startet der Gedenkgottesdienst mit Versöhnungsgebet im Innenhof der Wallonisch-Niederländischen Kirche.

Am Freitag, 20. März, heißt es ab 18.30 Uhr (Einlass 18 Uhr) "Grenzgänger und andere Rassisten" in der Thalia Buchhandlung im Forum. Der Hanauer Schriftsteller Gerhard Roth liest - bissig, bösartig, bestürzend. Er ist sicher: "Auch in unserem Alltag hat sich bewusst oder unbewusst rassistisches oder ähnliches Gedankengut breitgemacht." Er hat seine Gedanken dazu in Texte und Lyrik geformt.

Auch am Freitag, 20. März lädt der Hanauer Kulturverein ein in die Remisengalerie in Schloss Phiippsruhe. Dort heißt es ab 20 Uhr (Einlass 19 Uhr) "Mensch Nazi" – Lieder und Lesung von und mit Stephan Krawczyk.

Sind Neo-Nazis Monster oder Menschen? Welche Pfade führen in den Sumpf der rechten Szene? Und was muss auf den Wegweisern stehen, die aus dem Dickicht dumpfen Deutschtums, tragischer Heldenträume und Versagerängsten wieder herausführen? So die Fragestellung von Stephan Krawczyk in seinem Programm "Mensch Nazi". Mit einfühlsamen Texten versucht er den Ursachen auf den Grund zu gehen und ermutigt zum Nachdenken und Widerstand. Für Stephan Krawczyk sind Freiheit, Sprache und Musik eine dringende Notwendigkeit in einer gelebten Demokratie. Der Jazzclub Hanau lädt ebenfalls am Freitag ein zu einem Konzert des Klezmer Freilach Ensemble, Beginn ist um 21 Uhr (Einlass 20.00 Uhr) im Jazzkeller in der Philippsruher Allee 22.

Klezmer-Musik ist traditionelle Volksmusik, deren Wurzeln in der Folklore Osteuropas liegen, verschmolzen mit dem typischen Klang jiddischer Lieder. Hinzu kommen vielfältige Einflüsse aus Nordamerika, vor allem ausdrucksstarker und zum Teil auf Improvisation beruhender Stilrichtungen wie Gospel, Blues und Jazz. Die ausgelassene, meist sehr fröhliche Musik wurde oft an Festen wie Hochzeiten und Feiertagen gespielt. Das Wort "Klezmer" kommt aus dem hebräischen "clei zemer" und beschreibt die Einheit von Musiker, Instrument und Lied.

Aufstehen gegen Rassismus ist die Überschrift für die "Stammtischkämpfer*innen gegen Rassismus", zu denen am Samstag, 21. März, und am Samstag, 13. Juni, jeweils von 11 bis 17 Uhr in die Volkshochschule (VHS) Hanau am Ulanenplatz eingeladen wird. Veranstalter sind gemeinsam VHS, der DGB Südosthessen und die VVN-BdA Main-Kinzig Wer kennt das nicht: In Diskussionen mit Arbeitskolleg*innen oder beim Grillen mit dem Verein fallen Sprüche, die uns die Sprache verschlagen. Später ärgern wir uns, denken, da hätten wir gerne den Mund aufgemacht. Aus diesem Grund wollen die Veranstalter Menschen darin bestärken, die Schrecksekunde zu überwinden und deutlich zu machen: Das nehmen wir nicht länger hin! Stammtisch ist überall: An der Kasse des Bio-Supermarktes, in der Bahn oder in der Uni-Lerngruppe. Aber wir sind auch überall und können durch Widerspruch ein Zeichen setzen, unser Umfeld beeinflussen und Unentschlossenen ein Beispiel geben.

In den Stammtischkämpfer*innen-Seminaren werden Strategien aufgezeigt, die es ermöglichen, den Parolen der Rassisten entgegen zu halten. Es werden gängige rechte Positionen untersucht und es wird geübt Hemmschwellen abzubauen, damit Menschen in Zukunft öfter und gezielter kontern können. Im Bistro Ellis am Johanneskirchplatz werden am Samstag, 21. März, von 20 Uhr an (Einlass 19 Uhr) Maren Sequens und Uta Desch "Chansonnige Songs & anderes Protest-geschlager" anstimmen. Die beiden Aschaffenburger Sängerinnen und Liedermacherinnen präsentieren mit gefühlvollem Gesang und begleitet von Gitarre und Ukulele fast ausschließlich eigene deutschsprachige Lieder. Ihre eingängigen Kompositionen kommen mal emotional und sehr persönlich daher, sind mal satirisch-bissig und voller Protest, mal balladenhaft und melancholisch, doch eines sind sie immer: völlig authentisch. "Die goldenen Zwanziger:" Ein literarisch- musikalischer Streifzug in einer Sprachstifter-Benefiz-Soiree des Lions Club Maintal stand für Sonntag, 22. März, auf dem Programm, wurde aber kurzfristig abgesagt. Hier gibt es bereits einen Ersatztermin: 24. Januar 2021.

Am "Frei(R)Baum" ·am Hafentor heißt es auch während der diesjährigen Wochen gegen Rassismus wieder "Zusammenschweißen" oder "Vielfalt in Verbindung". Diese Aktion wird organisiert von Joachim Harbut und· Klaus-Jürgen Guth Gemeinsam wird weiter zu diesem Thema an dem Gemeinschaftsobjekt am Hanauer Hafentor gearbeitet und es werden neue Elemente gestaltet. Jeder kann   sich einbringen mit seinem Teil zu einer Gemeinschaft: unterschiedliches Material wie Schrott, Glas, vermeintlich wertlose Dinge des Alltags bringen Menschen zusammen. Im Miteinander entstehen neue menschenwürdige Verbindungen, Unterschiedlichkeiten werden respektvoll eingesetzt, um aus Einzelteilen ein gemeinsames Ganzes zusammen zu fügen. Nicht alles kann geschweißt werden, manches wird genietet, geklammert, geschraubt. In Kommunikation zwischen den Menschen und dem Material wird der Weg der Verbindung, des Aufbaus des Kunstobjektes gesucht und umgesetzt. So werden menschliche und materielle Grenzen überwunden gegen den Rassismus.

Infos und Termine bei den Künstlern: www.klausjuergenguth.com und www.harbut.de.


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