Ex-Landrat Eugen Kaiser vor 75 Jahren im KZ umgekommen

Hanau
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Landrat Thorsten Stolz (SPD) und Oberbürgermeister Claus Kaminsky (SPD) erinnern an Eugen Kaiser, der am 3. April 1945, vor 75 Jahren, im Konzentrationslager Dachau umkam. Der verdiente Landrat des Kreises Hanau wurde mit der Machtübertragung an die Nationalsozialisten 1933 aus dem Amt entlassen, lebte mit seiner Familie in großer Not in Frankfurt, ehe er nach dem gescheiterten Attentat auf Hitler in der "Aktion Gitter" 1944 in das KZ nach Bayern verschleppt wurde.



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Am 28. Oktober 1879 in Cleversulzbach bei Heilbronn geboren, absolvierte Kaiser nach der Schulzeit 1893-1896 eine Gartenbaulehre in Neckarsulm und arbeitete danach als Gärtnergehilfe in Essen, Ulm, Frankfurt, Hamburg, Berlin und Wiesbaden. 1898 wurde er Mitglied der SPD und übernahm 1906-1910 die Gauleitung des Gärtnerverbands für Süddeutschland. 1907 heiratete er Margarethe Falk, das Paar hatte zwei Kinder. Nach dem Besuch der Gewerkschaftsschule wurde Kaiser 1910 Arbeitersekretär in Frankfurt am Main, war von 1909-1921 Vorsitzender der dortigen SPD und von 1919 an Mitglied der Stadtverordnetenversammlung. 1920 avancierte er für den Wahlkreis Hessen-Nassau zum Mitglied des Reichstags in Berlin bis 1924. Im Jahr 1922 wurde ihm das Amt des Landrats des Kreises Hanau übertragen, zugleich wirkte er als Polizeidirektor.

Stolz und Kaminsky betonen, dass sich Kaiser "als aufrechter Sozialdemokrat vor allem für die kleinen Leute, den Acht-Stunden-Tag, die Invaliden- und Arbeitsunfähigkeitsrente, soziale und wirtschaftliche Einrichtungen, den Bau von Schulen und Wohnungen, den Ausbau von Gas-, Wasser- und Stromleitungen in Stadt und Kreis engagierte." Der Hanauer Anzeiger schrieb am 1.3.1933 über Kaiser: "In seiner mehr als 10-jährigen Tätigkeit als Landrat hat er es verstanden, sich durch sachliches Arbeiten Anerkennung und Beliebtheit bis in die Kreise seiner politischen Gegner zu schaffen". Zu diesem Zeitpunkt war er von den neuen rechten Machthabern bereits "aus politischen Gründen bis auf weiteres beurlaubt" und wenig später in den "einstweiligen Ruhestand" versetzt worden.
"Die Familie musste die Dienstwohnung im Hanauer Landratsamt aufgeben und zog nach Frankfurt, wo mein Großvater durch den Anbau von Kartoffeln, Gemüse und Obst den Lebensunterhalt mehr schlecht als recht bestritt", erzählt sich seine Enkelin Stefanie Buch, die heute in Riedstadt lebt. Sie vermutet, dass Kaiser Kontakte zu den Widerstandskreisen um Wilhelm Leuschner hatte, denn 1944 wurde er in "Schutzhaft" genommen und am 16. September 1944 in das KZ Dachau verschleppt.

Bis vor kurzem war davon ausgegangen worden, dass Kaiser auf dem Todesmarsch aus dem KZ am 4. April 1945 umkam. Im 2013 vom Archivar der Gedenkstätte Albert Knoll ausgewerteten Totenbuch des Krankenreviers, das bis 22. Mai 1945 geführt wurde, konnte allerdings festgestellt werden, dass Kaiser bereits einen Tag früher, am 3. April 1945, auf Block 7 in der Krankenstube für Infektionskrankheiten an Fleckfieber zu Tode kam. Stolz und Kaminsky sind sich einig: "Kaisers Lebens- und Leidensweg muss uns anhalten, die dunklen zwölf Jahre des sogenannte Dritten Reichs immer wieder bewusst zu machen, sich gegen jegliche Formen von faschistischen Bestrebungen und für die freiheitlich-demokratischen Grundwerte zu engagieren." Heute existieren in Hanau, Bruchköbel, Erlensee, Maintal, Nidderau und Schöneck Eugen-Kaiser-Straßen. Vor dem einstigen Hanauer Landratsamt in der Eugen-Kaiser-Straße erinnert eine Gedenkplakette an den einstigen Landrat. Er ist auch Namensgeber für die berufsbildende Eugen-Kaiser-Schule in Hanau, worauf Schulleiterin Martina Schneider und ihre Vorgängerin Claudia Borowski, heute ehrenamtliche Hanauer Stadträtin, besonders stolz sind: "In der Schule werden auch GärtneriNNen im eigentlichen Metier Kaisers ausbildet. Ein Beispiel des großen Engagements unserer SchülerINNen und LehrerINNen zeigt sich im Sinnesgarten an der Lortzingstraße". Kaisers Name ist auch am Denkmal für 96 unter dem NS-Regime ermordete Abgeordnete vor dem Berliner Reichstag aufgeführt.

Foto: Eugen Kaiser, 1879-1945. (Quelle: Medienzentrum Hanau / Bildarchiv)


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