Angehörige erneuert Vorwürfe: Warum wurde Tobias R. nicht überprüft?

Hanau
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Fünf Monate nach den rassistischen Morden in Hanau hat Ajla Kurtovic, deren Bruder Hamza am 19. Februar 2020 eines der Opfer war, erneut eine lückenlose Aufklärung der Tat von Tobias R. gefordert. Am Donnerstagabend war sie in der ZDF-Fernsehsendung „Dunja Hayali“ zu Gast und sprach mit der Moderatorin Dunja Hayali, dem Bundestagsabgeordneten Cem Özdemir (Grüne) sowie Christian Heinz (CDU), Vorsitzender des Innenausschusses im Hessischen Landtag, über die bis dato mangelhafte Aufklärung der Terrornacht.



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„Das Schlimmste für mich und meine Familie war, dass wir in der Tatnacht hingehalten wurden“, sei ihnen zunächst gesagt worden, dass ihr Bruder leicht verletzt in ein Krankenhaus gebracht worden sei. Um sechs Uhr morgens sei ihnen dann mitgeteilt worden, dass es keine Überlebenden gebe und ihr Bruder verstorben sei.

„Die Mordkommission war um 1.15 Uhr vor Ort im Krankenhaus und hat die polizeiliche Leichenbeschauung durchgeführt. Dabei wurde mein Bruder, der blaue Augen hat, dunkelblond und hellhäutig ist, als südländisch-orientalisch beschrieben“, habe die Familie eine Woche lang nicht gewusst, wo ihr Bruder aufbewahrt werde, „wo er ist, was mit ihm passiert ist, einfach gar nichts“.

Im Nachhinein hätten sie dann erfahren, dass die Staatsanwältin in Hanau die Obduktion angeordnet habe, obwohl sie gar nicht mehr zuständig gewesen sei. Und die Obduktion sei durchgeführt worden, obwohl noch kein richterlicher Beschluss vorgelegen habe. „Wir hatten keine Chance, uns von meinem Bruder würdevoll zu verabschieden“, so Kurtovic in der ZDF-Sendung.

Was sie besonders belaste: „Ich stelle mir die Frage: Hätte man nicht rechtzeitig handeln können? Der Täter hätte niemals eine Waffe bekommen dürfen. Stattdessen wurde ihm der Waffenschein auch noch verlängert und erweitert. Wir reden ihr von einem Täter, der den Generalbundesanwalt angeschrieben hat, die Staatsanwaltschaft Hanau“, erinnerte sie an die Schreiben, die Tobias R. selbst an die Behörden verfasst und auch in seinem Manifest erwähnt hat. „In einer Anzeige stand drin, das sei die dritte und finale Anzeige. Er verweist auf seine Homepage, das Manifest war über zwei Wochen online und jetzt reden wir von einem Täter, der sich unter dem Radar bewegt habe. Ich kann das nicht nachvollziehen“, hätte es aus ihrer Sicht genügend Anhaltspunkte gegeben, um Tobias R. zu überprüfen.

„Warum solche wichtige Signale nicht wahrgenommen werden?“, lautet eine weitere bislang unbeantwortete Frage von Kurtovic, die - wie alle anderen Angehörigen der Opfer auch – von ihrer Hauptforderung nicht abrückt: „Wir wünschen uns eine lückenlose Aufklärung.“


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