„Wirtschaftlichkeit? Das ist die Voraussetzung, sonst würden wir das gar nicht machen.“ Martin Berg sagt das mit fester Stimme.
Keine Frage, er meint das sehr ernst. Dabei ist Wirtschaftlichkeit nun wirklich nicht selbstverständlich, wenn es um gesellschaftliches Engagement geht. In diesem Fall offensichtlich doch. Die Rede ist vom Hanauer „Mittendrin-Unverpackt“-Laden in der Römerstraße, der im vergangenen Dezember seine Pforten öffnete – ein Projekt des Behinderten-Werks Main-Kinzig (BWMK).
An diesem Tag sind Vertreter der Mittelstands- und Wirtschaftsunion Hanau (MIT) zu Gast, um sich vor Ort ein Bild davon zu machen, wie Wirtschaftlichkeit und Sozialarbeit zusammengehen. Eine tägliche Gratwanderung, wie BWMK-Vorstand Berg einräumt – aber offensichtlich möglich, wenn das Konzept stimmt und die Beteiligten Gestaltungswillen und gesellschaftliches Engagement zeigen.
Erprobt in Gelnhausen
Das Unverpackt-Konzept ist bereits in Gelnhausen erprobt und einfach erklärt: Die Kunden bringen eigene Behältnisse mit, in die die über 250 angebotenen Produkte – etwa Lebensmittel wie Hülsenfrüchte, getrocknete Kräuter, Getreide, Nudeln sowie Seifen, Kosmetik und Waschmittel – abgefüllt werden. Vieles davon gibt es in „Bio“-Qualität. Die Edelpilze stammen beispielsweise von der BWMK-Tochterfirma Grün & Grün, die Eier vom Hofgut Marjoß, das ebenfalls vom Behindertenwerk betrieben wird.
„Ein beeindruckendes Beispiel dafür, wie man Wirtschaft und Nachhaltigkeit unter einen Hut bringt“, so MIT-Hanau-Vorsitzende Srita Heide. „Die Produkte stammen weitgehend aus der Region, Verpackungsmüll fällt praktisch nicht an und am wichtigsten: Die Inklusion von Menschen mit körperlichen oder geistigen Handicaps – also ihre Teilhabe auch am alltäglichen Wirtschaftsleben – wird hier vorbildlich praktiziert.“ Und es ist noch etwas anderes, das die Hanauerin beeindruckt: „Umweltschutz wird oft ideologisch als reiner Verzicht propagiert. Der Unverpackt-Laden beweist, dass neue Wege auch höchst pragmatisch, mit viel Spaß und gewinnorientiert beschritten werden können.“
Es herrscht ein Kommen und Gehen
Dass die Hanauer das Angebot gut annehmen, zeigt sich nicht zuletzt daran, dass sich während des Gesprächs immer wieder Mitglieder der MIT-Gruppe nach draußen verabschieden, um den auf Grund der Corona-Abstandsregeln vor der Tür wartenden Kunden Platz zu machen. Es herrscht ein Kommen und Gehen – ein Segen für jeden Einzelhändler. Als Konkurrenz zu anderen Lebensmittelgeschäften oder gar den Marktbeschickern sieht Martin Berg den Unverpackt-Laden übrigens nicht. „Wir verstehen uns mehr als nachhaltige Ergänzung.“ Srita Heide sieht das ebenfalls als Gewinn für Hanau: „Je vielfältiger das Angebot, desto attraktiver die Stadt für Bürger und Wirtschaft. Und das auch noch mit sozialem Engagement und Umweltschutz. Mehr Nutzen für alle geht nicht.“
Die Mittelstands- und Wirtschaftsunion (MIT) ist mit rund 25.000 Mitgliedern der größte parteipolitische Wirtschaftsverband in Deutschland. Die MIT setzt sich für die Prinzipien der Sozialen Marktwirtschaft und für mehr Unternehmergeist in der Politik ein.