Pflegeberufe brauchen eine stärkere Anerkennung

Hanau
Typographie
  • Smaller Small Medium Big Bigger
  • Default Helvetica Segoe Georgia Times

Mitglieder der SPD-Fraktion haben sich in einem Gespräch mit Karl-Heinz Voit, in der Pflege hoch erfahren und langjähriger Betriebsratsvorsitzenden der Altenpflegezentren des Main-Kinzig-Kreis, über die Situation in Zeiten von Corona ausgetauscht.



pflegespdhanau.jpg

Im Mittelpunkt stand die Bewältigung der umfangreichen Hygieneauflagen für die Bewohnerinnen, Bewohner und alle Mitarbeiter*innen. Durch das vom Land Hessen zu Beginn verhängte strikte Besuchsverbot, waren die Seniorinnen und Senioren absolut isoliert. Durch die fehlenden persönlichen Kontakte mit den Angehörigen und Bekannten fühlten sich viele ausgegrenzt und eingesperrt, berichtete Voit. Die Situation war für die Mitarbeiter*innen außerordentlich belastend; gerade auch im Umgang mit dementiell erkrankten Personen war es nicht einfach, die Schutzmaßnahmen zu vermitteln. Sehr viel Einfühlungsvermögen, Kraft sowie eine verstärkte Einzelbetreuung waren notwendig geworden, da auch jegliche Gruppenarbeiten (Singen, Basteln, Stammtisch, Erzählcafé…) ebenso untersagt waren wie die sonst selbstverständlichen Kontakte untereinander.

Die Essenseinnahme war in den Speisesälen zur Vermeidung von Ansteckungen nur noch sehr eingeschränkt möglich. Da auch die ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer die Einrichtungen nicht mehr besuchen durften, fiel auch diese wichtige Säule der Unterstützung weg. Das führte zu weiteren Belastungen des Pflegepersonals. Die an die Pandemie angepassten Hygiene- und Schutzpläne wurden zügig erstellt und so das Infektionsgeschehen in den Einrichtungen relativ gut gemeistert. Stadt Hanau und Main-Kinzig-Kreis haben schnell gehandelt und einen wichtigen Beitrag zur Bereitstellung von Handschuhen, Schutzmasken und Desinfektionsmitteln geleistet. Hygieneteams informierten und berieten das Leitungspersonal. Große Wertschätzung für die hart arbeitenden Mitarbeiter*innen war von allen Seiten spürbar. Die Angehörigen zeigten in den meisten Fällen großes Verständnis für die strengen Auflagen zum Schutz der der Bewohner*innen und Dankbarkeit für die Arbeit des Personals. Zur allgemeinen Personalversorgung in der Altenpflege führte Karl-Heinz Voit an, dass die Ausbildungszahlen zwar steigen, dass aber bundesweit über 300.000 zusätzliche Arbeitskräfte dringend gebraucht werden. Gerade mit Blick auf die demografische Entwicklung eine enorme Herausforderung für den Gesundheits-standort Deutschland. Kreisweit bedeute das 6.000 bis 7.000 fehlende Stellen. „Dafür muss der Beruf attraktiver werden und die Bezahlung muss sich entsprechend erhöhen,“ forderte Heinz Voit, der seit vielen Jahrzehnten gewerkschaftlich aktiv ist. Positiv konnte Karl-Heinz Voit berichten, dass vier Flüchtlinge, die erst seit 2015 im Land sind, erfolgreich die Ausbildung zur Altenpflegehelferin /zum Altenpflegehelfer abgeschlossen haben und nun eingestellt sind. Alle Anwesenden waren sich einig, dass gute Pflege im Alter Geld kostet; durch den demografischen Wandel gelte es, eine große gesellschaftliche Aufgabe zu bewältigen. „Mitarbeitende in Pflegeberufen“ brauchen Unterstützung und Mittel und kein Mitleid.

Dass sie „systemrelevant“ sind, zeige sich in der aktuellen Lage eindrucksvoll. „Das Image des Berufes aufzuwerten, ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, zu der jeder und jede beitragen kann. Junge Frauen und Männer müssen auch im Freundeskreis stolz berichten können, in der Pflege zu arbeiten ohne bemitleidet oder gar belächelt zu werden.“ Vor allem müsse aber allen bewusst sein, dass die Pandemie-Lage noch längst nicht überwunden ist und wir auch in den kommenden Monaten auf den außerordentlichen Einsatz der Mitarbeiter*innen in der Pflege und das zwingende Verständnis der Gesellschaft für die Hygienemaßnahmen angewiesen sein werden,“ so die Teilnehmenden abschließend.


Ihnen ist etwas Interessantes aufgefallen im Main-Kinzig-Kreis? Schreiben Sie uns an info@vorsprung-online.de