Friedhöfe zählen nun auch zum Immateriellen Kulturerbe

Hanau
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Die Seitzsche Kapelle auf dem Hauptfriedhof ist die wohl eindrucksvollste Grabstätte auf Hanaus Friedhöfen, die reich an insgesamt 90 Kulturdenkmälern sind.



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2018/19 hat der städtische Eigenbetrieb Hanau Infrastruktur Service (HIS) das imposante neuromanische Bauwerk mit einem Aufwand von rund 120.000 Euro sanieren und 48 Urnenkammern einbauen lassen, wovon die erste seit vorigem Sommer belegt ist. "Diese Denkmäler sind Bestandteil unseres kulturellen Erbes", hebt Stadtrat Thomas Morlock hervor. Mehr noch: Die deutsche Friedhofskultur zählt zum sogenannten Immateriellen Kulturerbe.

Entsprechend stolz sind Alexandra Kinski und Thomas Asbach von der Spitze der Hanauer Friedhofsverwaltung auf das große Schild, das am Haupteingang des Hauptfriedhofs seit Neuestem auf die Auszeichnung hinweist. Betriebsleiter Markus Henrich verweist darauf, dass HIS sich die Pflege der Friedhöfe jährlich rund 1,1 Millionen Euro Euro kosten lässt. Und Stadtrat Morlock unterstreicht, wie angebracht diese Investitionen für die Identität der Menschen ist: "Hanaus Friedhöfe sind wertvolle Orte der Erinnerung und Stille. Ihre Gräber können Geschichte und Geschichten erzählen."

In das bundesweite Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes sind die Friedhöfe auf Empfehlung der Deutschen Unesco-Kommission in diesem Jahr gekommen. Dazu gehören beispielsweise auch die deutsche Brotkultur, die Falknerei, die Genossenschaftsidee, das Hebammenwesen, das Märchenerzählen, Posaunenchöre und das Skatspielen. Das Immaterielle Erbe der Friedhöfe umfasst die "lebendigen Ausdrucksformen, die von menschlichem Wissen und Können getragen, von Generation zu Generation weitervermittelt und stetig neu geschaffen und verändert werden", so die deutsche Unesco-Kommission. In Bezug auf die Friedhofskultur betreffe dies zwei große Themenfelder: "Zum einen geht es darum, was wir auf dem Friedhof tun: trauern, erinnern und gedenken sowie gestalten, pflegen und bewahren." Zum anderen würdige die Ernennung zum Erbe den "vielfältigen Wert der Friedhofskultur für unsere Gesellschaft: kulturell, sozial oder historisch, aber auch in Bezug auf Klima- und Naturschutz, gesellschaftliche Integration oder nationale Identität".

Mit Friedhofskultur in Deutschland sind Friedhofsgestaltung, Bestattungspraxis sowie Trauer- und Erinnerungsrituale gemeint. Den Kulturraum Friedhof prägen dabei nicht nur kommunale oder christliche Orte, sondern auch jüdische Friedhöfe und muslimische Grabfelder, ebenso Gräber und Gedenkstätten für Kriegsopfer. Die unter Denkmalschutz stehende Seitzsche Kapelle entstand zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Zur damaligen Zeit entsprach es bei Wohlhabenden dem Trend, "Gruft und Andachtsräume für familiäre Treffen in repräsentativen Bauten zu verbinden", wie der Denkmaltopographie für die Kulturdenkmäler in Hessen zu entnehmen ist.

Die Familien Seitz, Körbel und Traxel bestatteten hier ihre Verstorbenen, Marie Seitz war 1909 die erste. 2014 übertrug Klaus Traxel das Grufthaus per Vertrag an die Stadt Hanau. Seither ist sie verpflichtet das Denkmal zu erhalten. Die 34 Quadratmeter messende kleine Kolumbariumskirche besticht durch ihr architektonischen Charakteristika: Quadermauerwerk, bleigefasste Farbglasfenster, gewölbte Holzdecke, Christusstatue gegenüber dem Eingang und bronzene Zugangstür mit Löwenkopfbesatz. Die neuen Urnenwände bestehen aus einem Edelstahl-Korpus, der mit hellem Flex-Sandstein verkleidet wurde. Die indirekte Beleuchtung in den Gedenknischen sorgt für ein stimmungsvolles Ambiente.

Foto: Die Seitzsche Kapelle, das herausragende unter 90 Kulturdenkmälern auf Hanaus Friedhöfen.
Foto: Alexandra Kinski und Thomas Asbach haben den Hinweis auf das "Immaterielle Erbe" deutlich sichtbar an der Friedhofsverwaltung anbringen lassen.
Fotos: Stadt Hanau


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