Nur zehn Personen wollten für die AfD in Hanau kandidieren

Hanau
Typographie
  • Smaller Small Medium Big Bigger
  • Default Helvetica Segoe Georgia Times

Die AfD nimmt in einer Pressemitteilung nun noch einmal selbst dazu Stellung, warum die Partei bei der Kommunalwahl nicht in Hanau antritt (wir berichteten).



„Ja, natürlich kann man diese Frage beantworten!“ So beginnt Ortssprecher Harald Walter seine Stellungnahme. Und weiter: „Ich will nicht ausweichen, mit einem erlogenen Hinweis auf die Pandemie oder ähnliches. Nein, die Sache ist zu ernst. Nach dem hessischen Kommunalwahlrecht bekommen Parteien nicht automatisch alle Mandate, die nach dem Wahlergebnis der Partei zustehen. Erst wenn man eine Mindestanzahl an Menschen auf der Liste hat, bekommt man die volle Abgeordnetenzahl. In Hanau liegt diese Mindestzahl bei 20 Personen. Nun haben wir zwar um die 6.000 Wähler in Hanau und auch einige Rechtsanwälte und Ärzte und andere Hanauer Persönlichkeiten auf unserer Spendenliste. Allerdings ist der öffentliche Druck aus der sogenannten 'Zivilgesellschaft' so groß, dass sich viele unserer Sympathisanten nicht trauen, offen zu uns zu stehen. Selbst die Suche nach Kandidaten außerhalb der Partei hat nur zu insgesamt 10 Menschen geführt, die den Mut hatten, eine in der Bevölkerung vorhandene Opposition im Parlament abzubilden. So standen wir bei der Aufstellungsversammlung vor der Frage: Treten wir an, mit dem Wissen, dass 50 Prozent unserer Wählerstimmen nicht gewertet werden?“

Der stellvertretende Sprecher Mehmet Baysöz ergänzt: „Im Kern ging es um die Frage: Sind die Kommunalwahlen gleich und frei? Sollen wir das Spiel mitspielen und uns dann mit den halben Mandaten verspotten lassen? Oder müssen wir nicht die Wahrheit aussprechen, dass wir der Gewalt gewichen sind? Wenn beispielsweise die sogenannte Antifa, die unsere Infostände und Veranstaltungen belagert, personell und finanziell mit den Jugendorganisationen der Altparteien verwoben sind, und auch der DGB Gegenkundgebungen mit allen Mitteln unterstützt, dann ist es eben keine freie und gleiche Chance für die Opposition. Die Wahl ist von vorneherein keine demokratische Wahl mehr. Gewalt, Nötigungen und Straftaten gegen die Opposition verfälschen das Wahlergebnis. So entschied der Vorstand, nicht anzutreten.“

Dazu der Hanauer Landtagsabgeordnete Walter Wissenbach: „Für mich persönlich haben letztlich die Umstände um die Aufstellungsversammlung den Ausschlag gegeben. Die eigentlich parteiinterne nicht öffentliche Veranstaltung wurde von der Landespolizei als derart gefährdet eingestuft, dass die Polizei das Umfeld mit starken Kräften gesichert hat und so um die Reinhardskirche mehr Beamte eingesetzt waren als Mitglieder in der Kirche waren. Nach dem bei den letzten öffentlichen Versammlungen bei verharmlosend 'Rangeleien' genannten Situationen teils Störer und teils auch unsere Gäste zu Boden gingen, wollte die Polizeiführung auf Nummer sicher gehen. Dass das massive Sicherheitsaufgebot auch unsere Mitglieder verunsichert, ist sicher nicht beabsichtigt, allerdings haben mehrere potentielle Kandidaten im Angesicht des Polizeiaufgebots aufgegeben. Nimmt man die Straftaten der Linksextremen - auch wenn die Presse es nicht wahrhaben will, es haben im Main-Kinzig-Kreis Autos gebrannt, wurde des Nächtens die Privathäuser von Funktionären angegriffen, wurden Aktivisten bespuckt und Reifen zerstochen - zusammen mit den Repressionen des Staates gegen Oppositionelle - da wird hier ein Rektor ins Schulamt bestellt um ihm seine Kandidatur auszureden und dort ein Facharbeiter eines Kommunalbetriebes zu seinem Vorgesetzen gerufen - dann leben wir in einem Klima der Gewalt, in dem politische Arbeit nicht möglich ist. Mitten in Europa wird durch blanke Gewalt, Isolationsangst und unendliche Graustufen dazwischen ein Wahlergebnis herbeigeführt. Man soll mit Vergleichen zu Scheindemokratien wie in Russland, Weißrussland oder der Türkei vorsichtig sein. Allerdings kann ich Menschen verstehen, die Parallelen ziehen.“

Harald Walter schließt den Bericht: “In diesem Zusammenhang kann man auch die Arbeit des Oberbürgermeisters der Stadt Hanau beurteilen. Herrn Kaminskys Aufgabe wäre es, alle Hanauer zu vertreten. Auch die 40 Prozent, die nicht zu Wahl gehen und die Coronamaßnahmenskeptiker und eben auch die 16 Prozent, die AfD gewählt haben. Wenn der Oberbürgermeister einen solchen Verfall der Sitten sieht, der offensichtlich zu einer falschen Zusammensetzung des zukünftigen Stadtparlaments führt, wäre ein Machtwort auch in Richtung seiner Jusos möglich gewesen. Wenn der gleiche OB statt auszugleichen noch Öl ins Feuer schüttet und einseitige Pressemitteilungen schreibt und Räume kündigt und Infostände aus fadenscheinigen Gründen nicht erlaubt, macht er sich nicht mitschuldig? Was nutzen all die Sonntagsreden für Toleranz, Vielfalt und Demokratie, wenn es keine wirkliche Opposition geben darf. Natürlich sind wir traurig. Traurig keine Liste zu haben, aber noch viel trauriger über den Zustand unseres Landes."


Ihnen ist etwas Interessantes aufgefallen im Main-Kinzig-Kreis? Schreiben Sie uns an info@vorsprung-online.de