Hanau plant Neubau eines Krematoriums

Hanau
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Der Trend zu Feuerbestattungen mit derzeit jährlich rund 1.800 Einäscherungen nimmt auch in Hanau stetig zu, so dass die Kapazität des zudem in die Jahre gekommenen Verbrennungsofens nicht mehr ausreicht. "Wir müssen daher neu bauen. Das wird neben der bestehenden Trauerhalle und nicht mehr in deren Keller geschehen", sagt Stadtrat Thomas Morlock (FDP). Spätestens im Jahr 2023 solle der Neubau beginnen.



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In diesem Zusammenhang blickt er auf die "interessante Geschichte" des Hanauer Krematoriums zurück. Morlock zufolge hat die Brüder-Grimm-Stadt mit der Entscheidung für das Einäschern als weitere Begräbnisform neben der Erdbestattung zu Beginn der 20. Jahrhunderts "mit Weitblick gehandelt". Nicht alle großen Städte verfügten heute über eigene Krematorien. Insofern könne sich Hanau "glücklich schätzen, dieses Angebot für trauernde Angehörige aus eigener Hand anbieten zu können". Seit der Frühgeschichte entwickelten sich Erd- und Feuerbestattung parallel nebeneinander. Das aufkommende Christentum sah ebenso wie das Judentum und später des Islam im Beerdigen des gesamten Körpers die Gewähr dafür, dass nach dem Tod Leib und Seele als Einheit auch im Jenseits weiterleben konnten. Kaiser Karl der Große verbot später, nämlich im Jahr 785, die in seinen Augen heidnische Totenverbrennung – unter Androhen der Todesstrafe. In der katholischen Kirche bestand das Kremierungsverbot bis 1963. Erst im 18. und vor allem 19. Jahrhundert stieg im Zuge zunehmender Säkularisierung (Verweltlichung) wieder das Interesse für Feuerbestattungen. Das hatte unterschiedliche Gründe: Die Bevölkerung in den Städten wuchs und damit auch die Raumnot. Mit hygienischen Vorteilen argumentierten vor allem Mediziner. Der Einfluss des Klerus schwand, so entzog der preußische Staat ihm 1873 die Schulaufsicht und führte 1874 die Zivilehe ein.

Auf der Weltausstellung 1873 in Wien präsentierte der in Padua wirkende Pathologieprofessor Lodovico Brunetti die erste Feuerbestattungsanlage. 1876 eröffnete in Mailand das erste Krematorium in Italien. In Deutschland arbeitete die Firma Siemens in Dresden an einer Feuer-Technologie. Etwa zeitgleich entstanden im aufgeschlossenen Bürgertum private Feuerbestattungsvereine. Auf einen solchen und dessen Finanzierung geht das erste Krematorium in Deutschland zurück, das 1878 in Gotha eröffnet wurde. Es folgten 1891 Heidelberg und 1892 Hamburg. Ein Feuerbestattungsverein gründete sich zudem in Frankfurt; er beeinflusste maßgebend den Start des Kremierens 1912 in der Mainmetropole und in Offenbach.  In Offenbach wurde eines der ersten Krematorien Deutschlands schon 1891/92 errichtet, wegen Widerständen in klerikal-konservativen Kreisen aber erst 1899 genehmigt und auf dem Alten Friedhof in Betrieb genommen.

Auch in Hanau bestanden seit 1910 Bestrebungen ein Krematorium zu bauen, nicht zuletzt durch einen Feuerbestattungsverein. Aber die preußische Gesetzgebung ließ anfangs Öfen für die Feuerbestattung nur in Städten mit mehr als 50.000 Einwohnerinnen und Einwohnern zu. So wurde erst 1930 eine Verbrennungsanlage in die erneuerte, bereits 1847 entstandene Trauerhalle auf dem Hauptfriedhof an der Birkenhainer Straße integriert. Der "Hanauer Anzeiger" berichtet anlässlich der Einweihung am 27. April 1930, dass mit Jacob Ludwig Grimm "einer unserer größten Söhne" schon 1849 als "Vorkämpfer für den Gedanken der Feuerbestattung eingetreten" sei und in der Akademie der Wissenschaften Vorträge über die Verbrennung der Leichen gehalten habe. Das Blatt verweist zudem darauf, dass das Krematorium der Brüder-Grimm-Stadt zu diesem Zeitpunkt "das 96. auf deutschem Boden" sei. Heute sind es ungefähr 150, darunter auch privat betriebene.

Eine alte Urnenwand im hinteren, östlichen Teil des Hauptfriedhofs zeugt von ab 1915 hier Beigesetzten. Deren Leichname wurden offenkundig vor 1930 andernorts eingeäschert. Nach der Kriegszerstörung musste das Hanauer Krematorium 1952 wiederaufgebaut werden. Im November 1993 wurde es wegen zu hohen Schadstoffausstoßes stillgelegt und 2003 nach Umbau und umfassender Modernisierung wieder in Betrieb genommen. Nun steht ein Neubau an, für den die Ausschreibung 2022 erfolgt.

Foto: Eine alte Ansicht der Trauerhalle samt Krematorium im Keller.
Foto: Bauzeichnung des Krematoriums von 1925.
Foto: Seitenansicht der Trauerhalle - die rechte Tür führt zum Krematorium im Keller.
Foto: Eine alte Urnenwand im hinteren, östlichen Teil des Hauptfriedhofs zeugt von ab 1915 hier Beigesetzten. Deren Leichname wurden offenkundig vor 1930 andernorts eingeäschert.


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