Stadt Hanau bewirbt sich um Demokratie-Förderung

Hanau
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"Die Last des Anschlags vom 19. Februar wiegt auch heute, 22 Monate nach den abscheulichen Morden, schwer auf unserer Stadt. Unterkriegen lassen wir uns nicht, sondern haben die Verteidigung unserer Demokratie in die Hand genommen. Wir arbeiten seither konzentriert, mutig und lebensfroh auf den unterschiedlichen Ebenen am Miteinander statt Nebeneinander in unserer Brüder-Grimm-Stadt", so Hanaus Oberbürgermeister Claus Kaminsky (SPD).



Das geschehe, so der OB "nicht immer sofort unter dem Brennglas der Öffentlichkeit. In Hanau ist kein Platz für Rassismus, Gewalt und Menschenfeindlichkeit. Wir stehen gemeinsam ein für Respekt, Toleranz und die Stärkung unserer Demokratie. Das ist kein Sprint und kein Marathon – es ist eine Jahrhundertaufgabe". Das bereits sieben Monate nach den Terrormorden auf den Weg gebrachte "Zentrum für Demokratie und Vielfalt" ist ein Meilenstein. Anfang dieser Woche beschloss die Hanauer Stadtverordnetenversammlung einstimmig, sich für das Millionen-schwere Förderprogramm ‚Nationale Stadtentwicklung‘ des Bundesinnenministeriums zu bewerben. "Der Bund hat mehrfach seine Unterstützung zugesagt. Wir haben Hoffnung, in dieses große Förderprogramm aufgenommen zu werden", so Kaminsky.

Der 19. Februar ist der dunkelste Tag für Hanau in Friedenszeiten. Ferhat Unvar, Mercedes Kierpacz, Sedat Gürbüz, Gökhan Gültekin, Hamza Kurtović, Kaloyan Velkov, Vili Viorel Păun, Said Nesar Hashemi und Fatih Saraçoğlu wurden bei dem rassistischen Anschlag ermordet. Zur Trauer um die Opfer kommen Aufarbeitung und Veränderung. "Als zentraler Ort wird uns das Zentrum für Demokratie und Vielfalt dienen – nicht nur räumlich, sondern auch inhaltlich", erklärt Kaminsky. "Uns als Stadt Hanau ist es wichtig, mit dem Zentrum in Hanau und auch bundesweit ein Zeichen zu setzen. Die unfassbare Tat vom 19. Februar hat über die Grenzen Hanaus und Hessens für Bestürzung, Trauer und Fassungslosigkeit gesorgt. Und auch für Solidarität und Hilfe. Die leisten wir und nehmen sie auch an."

Eine Expertenjury wird im April entscheiden, ob Hanau in das Programm aufgenommen wird. Aufmerksam gemacht wurde die Stadt auf das Förderprogramm durch den langjährigen Projektpartner "NH Projektstadt". Mit dem Bundesprogramm zur Förderung von Investitionen in nationale Projekte des Städtebaus sollen vom Bundesinnenministerium erneut investive sowie konzeptionelle Projekte mit besonderer nationaler beziehungsweise internationaler Wahrnehmbarkeit, mit sehr hoher fachlicher Qualität, mit überdurchschnittlichem Investitionsvolumen oder mit hohem Innovationspotenzial gefördert werden. Die Bundesregierung stellt, vorbehaltlich ihrer Verfügbarkeit, Haushaltsmittel für das Programm bereit. In der letzten Förderperiode waren es in diesem Programm knapp 75 Millionen Euro für verschiedene außergewöhnliche Projekte des Städetbaus. Das Zentrum, mit dem ersten "Salon der Demokratie" in Deutschland soll als Anlaufpunkt für Demokratie, Vielfalt und Zusammenleben in einer modernen Gesellschaft dienen. Die Räume sollen allen Hanauerinnen und Hanauern offenstehen, auch die Vernetzung bestehender Partner in Hanau fördern.

Die Entwicklung des Zentrums für Demokratie und Vielfalt ist weiterhin für die Stadt Hanau von zentraler Bedeutung bei der Aufarbeitung. Auch aus diesem Grund richtete die Stadt Hanau im Oktober 2020 eine eigene Fachstelle für Vielfalt eingerichtet ein, die zum 1. August 2021 eine weitere Aufwertung erfuhr und zum eigenständigen Amt für Demokratie, Vielfalt und Sport weiterentwickelt wurde. "Essenziell ist es, nicht in Einzelprojekten zu denken, sondern eine Gesamtlinie und einen ganzheitlichen Lösungsansatz für die Themen Demokratie und Vielfalt in unserer Stadt für unsere Bürgerinnen und Bürger zu erkennen und umzusetzen", sagt Oberbürgermeister Kaminsky.

Im Büro am Hessen-Homburg Platz 6 arbeiten seit Februar die Förderprogramme Demokratie Leben, das WIR-Programm – Vielfalt und Teilhabe, die DEXT-Fachstelle und das Büro des Ausländerbeirats erstmals unter einem gemeinsamen Dach. "So gewährleisten wir, dass für Bürgerinnen und Bürger, Vereine und Institutionen von Amtswegen das passende Förderprogramm gefunden wird und Projektideen realisiert werden können", betont Kaminsky. Nicht der Bürger suche ein Programm, sondern die Stadt findet für den Bürger. "Dies ist mit Sicherheit eine einmalige Serviceleistung."

"Die Angebote in unserem Haus werden sehr gut angenommen. Nahezu täglich haben wir Vertreterinnen und Vertreter von Vereinen, Organisation, Verbänden und weiteren Institutionen, Ehrenamtliche und andere Interessierte bei uns im Haus, die sich über die verschiedenen Hilfs- und Fördermöglichkeiten innerhalb der Programme informieren und diese auch annehmen", so Amtsleiter Andreas Jäger. Die Räume bieten die Möglichkeit für direkten Austausch – von hier aus werden aber auch Netzwerktreffen organisiert. "Transparenz ist im Wirken für Demokratieförderung eine tragende Säule. So haben wir in diesem Jahr ein erstes Treffen von mehr als 60 Akteuren von Hanauer Vereinen, Verbänden und Organisationen – Pandemie-bedingt als Videokonferenz – durchgeführt. Durch den offenen Austausch gestalten wir in Hanau den Prozess gemeinschaftlich. Die Ergebnisse dieser ersten Runde sind unter anderem in die Bewerbungsunterlagen eingeflossen und werden uns auf dem weiteren Weg wichtige Impulse geben". Selbstverständlich werden wir diesen angefangenen öffentlichen Beteiligungsprozess zu geeigneter Zeit weiter fortsetzen",  so Jäger weiter.

"Sport hat für die Gesellschaft eine verbindende Wirkung. Diese wollen wir noch stärker abbilden – das steckt hinter dem neuen Amtszuschnitt. Die Synergien sind sofort erkennbar und in hervorragenden Projekten nachweisbar", so Jäger, der stellvertretend die Bewerbung Hanaus für die Special Olympics nennt. "Sie werden einen neuen Fokus auf das Thema Inklusion lenken. Dass die HSG Hanau als Handball Drittligist auf dem Trikot für das Bundesprogramm Demokratie Leben wirbt und damit auf Einnahmen zugunsten eines sozialen Projekts verzichtet, sind genau die Synergien, die wir in der Aufstellung des neuen Amts erzielen wollen", sagt Andreas Jäger, der die Kampagne "Sport verein(t)" Hanauer Sportvereine als weiteres gutes Beispiel gelebten Zusammenhalts nennt. "Solidarität und Miteinander – dafür stehen die Hanauer Sportvereine innerhalb unserer Gesellschaft", stellt OB Kaminsky heraus.

Im September 2020 hatten der Magistrat und die Stadtverordnetenversammlung die Gründung des Zentrums beschlossen und sich auf die Suche nach geeigneten Räumen gemacht. Die waren mit dem ehemaligen Commerzbank-Gebäude am Kanaltorplatz gefunden. Aber die Bekämpfung der Corona-Pandemie ist auch in diesem Winter noch nicht so erfolgreich, wie man vergangenes Jahr gehofft hatte. Zurzeit dient das Gebäude als eines von zwei Impfzentren in der Stadt. "Der Gesundheitsschutz der Hanauerinnen und Hanauer hat jetzt oberste Priorität", so der OB. Den durch die Folgen der Pandemie stark geschwächten Sportvereinen und vor allem den Schulen jetzt wieder für längere Zeit eine Turnhalle oder ein Bürgerhaus als Ort wegzunehmen und diese als Impfzentrum umzuwidmen, kam deshalb für den Oberbürgermeister nicht in Frage.

Als klares Bekenntnis zum Zentrum für Demokratie und Vielfalt an der zentral gelegenen Stelle zwischen den beiden Tatorten vom 19. Februar ist zu werten, dass die Stadt Hanau vom ursprünglichen Plan, das Gebäude zu mieten, abrückte und es stattdessen erwarb. Würde die Stadt Hanau in das Bundesförderprogramm Nationale Stadtentwicklung aufgenommen, wäre das "nicht nur ein enormer Schub unserer inhaltlichen Arbeit, bei der wir in der Stadt mit den unterschiedlichsten Gruppen und Verbänden kontinuierlich zusammenkommen", so Andreas Jäger, "es wären auch bauliche Maßnahmen, energetische Sanierung und die Entwicklung des Straßenraums möglich."

"Es wäre fahrlässig, sich nicht um die Förderung zu bemühen. Auch wenn dies bedeuten könnte, dass sich die Eröffnung durch eine verlängerte Planung und Realisierung verschieben könnte. Aber töricht ist sicher der, der glaubt, dass die Verteidigung unserer Demokratie und das Engagement für ein friedliches Miteinander mit einem Enddatum versehen werden könnte", so Oberbürgermeister Kaminsky: "Hanau steht zusammen. Nicht immer laut, aber immer aufrecht."


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