Hanau: Ukraine-Sammelstelle benötigt Spenden und Freiwillige

Hanau
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Auf den ersten Blick scheint die Ukraine-Spendensammelstelle der Stadt Hanau am Hauptbahnhof recht unübersichtlich. Auf den zweiten Blick stellt man aber fest, dass in dieser großen Halle alles ziemlich durchdacht, geordnet und perfekt organisiert ist. Das Deutsche Rote Kreuz, das die Einrichtung im Auftrag der Stadt Hanau betreut und die vielen - zumeist freiwilligen - Helferinnen und Helfer, leisten hier hervorragende Arbeit.



Dabei gilt eins: Auch wenn die Zahl der ankommenden Flüchtlinge aktuell etwas abnimmt, werden weiterhin dringend Spenden und ehrenamtliche Hilfe benötigt.

Erstaunlich ruhig geht es in der ehemaligen Lagerhalle des Bahnhofgeländes zu. Und mehr als geordnet. Von Schlussverkaufs-Chaos, wie man das aus Deutschland in früheren Zeiten kannte, ist hier nichts zu spüren. Die Geflüchteten -zumeist Mütter mit Kindern – warten geduldig in der Schlange auf den Einlass. Die Mütter oft mit besorgten Gesichtern. Die Kinder teils mit großen, teils aber auch mit traurigen Augen. Man kann wohl nur erahnen, was sie in den letzten Wochen alles gesehen und erlebt haben. Und man kann nur erahnen, was es für diese Kinder bedeutet, ohne Vater in einem fremden Land angekommen zu sein, dessen Sprache sie nicht verstehen und in dem sie auf viele Verwandte und Freunde verzichten müssen.

Da mag der Besuch in der großen Halle eine willkommene Abwechslung sein. Denn schließlich gibt es hier kaum etwas, was es nicht gibt. In verschiedene Abteilungen ist der Bereich geordnet. Einen großen Teil der Fläche nimmt die Bekleidung ein. Manche Flüchtlinge hatten ja das Glück, mit dem eigenen Auto und entsprechendem Gepäck über die Grenze zu kommen. "Aber die meisten haben halt nur das, was sie am Leib tragen oder in einen kleinen Koffer passte", berichtet Stefan Betz, Geschäftsführer des DRK-Kreisverbandes Hanau. Vor allem Kinderkleidung sei deshalb gefragt. Bekleidung für erwachsene Männer wird hingegen – verständlicherweise - selten benötigt.

In kleinen Gruppen werden die Bedürftigen eingelassen. Genau 20 Minuten hat jede Gruppe, um das Nötigste auszuwählen. Ein recht strenges Reglement. "Aber es erlaubt uns, vielen Menschen die Möglichkeit zu geben, sich zu versorgen – und das ohne Gedränge in einer recht entspannten Atmosphäre", berichtet Andrea Pauly von der DRK-Öffentlichkeitsarbeit. Umkleidekabinen sind allerdings Fehlanzeige. Zeit, Kleidung langwierig anzuziehen und auszuprobieren ist ohnehin nicht vorhanden. "Aber die Mütter haben ein gutes Auge" berichtet Ramona Raingold, die als DRK-Mitarbeiterin mit Pierre Jakob die Spendenausgabe organisiert und nebenbei noch bei Bedarf dort dolmetscht. "Und wenn sie zu Hause feststellen, dass etwas doch nicht passt, bringen sie es wieder zurück". Das habe sich prima eingespielt. An drei Vormittagen in der Woche, montags, mittwochs und freitags jeweils zwischen 10 Uhr bis 13 Uhr ist die Ausgabe für die Geflüchteten geöffnet. Das reicht dank der perfekten Organisation derzeit aus, um die Nachfrage abzudecken.

Neben Bekleidung sind es vor allem Dinge des täglichen Bedarfs, die gefragt sind. Insbesondere Hygieneartikel und haltbare Lebensmitte. Auf Paletten und in großen Kisten werden die Sachen - vorher von vielen fleißigen Helfern sortiert - angeboten. Für diejenigen, die nicht mehr in Aufnahmeeinrichtungen leben, sondern bereits eine feste Bleibe gefunden haben, gibt es auch Haushaltsartikel wie Besteck und Geschirr oder haltbare Nahrungsmittel. Für die Kinder wiederum gibt es große Kisten mit Spielsachen oder Mal- und Kinderbüchern. "Probleme wegen der Sprache gibt es hier kaum", erklärt Ramona Raingold, "viele Spiele erklären sich von selbst und Bilderbücher versteht man auch ohne Text." Besonders beliebt bei den Jüngsten: Die große Kiste mit den Kuscheltieren. Hier darf sich jedes Kind eins aussuchen – als kleinen Trostspender in chaotischen Zeiten.

Die Sachspenden stammen fast komplett von Bürgerinnen und Bürgern der Stadt und der Region. Allerdings hat das Spendenaufkommen aktuell etwas nachgelassen, so Betz, was aber keine Besonderheit und nachvollziehbar ist. Wenn die Spielzeugkiste zu Hause ausgeräumt ist, war es das halt erstmal. Dennoch hofft das DRK weiterhin auf Spenden aus der Bevölkerung. Aktuell herrscht ein besonders großer Bedarf bei Hygieneartikeln, wie Windeln, Duschgel, Pflegeprodukten sowie Kinderkleidung (vor allem für den Sommer), Handtüchern und Bettwäsche.

Den jeweiligen Bedarf kann man auf der Bedarfsliste im Internet bei wwww.hanau-engagiert.de unter "Sachspenden" oder auf der Homepage des DRK-Kreisverbandes www.drk-hanau.de jeweils unter "Aktuelles" in den Meldungen zur Sammelstelle nachlesen. Angenommen werden die Spenden jeweils montags, mittwochs und freitags von 10 Uhr bis 18 Uhr, sowie dienstags, donnerstags und Samstag von 10 bis 16 Uhr. Die Einfahrt zur Sammelstelle mit der Anschrift "Am Hauptbahnhof 14 D" befindet sich rechts neben der Einfahrt zum städtischen Wertstoffhof und ist ausgeschildert.

Weiterhin Bedarf hat das DRK aber auch an ehrenamtlichen Helfern. Zum einen bei der Begleitung der Geflüchteten durch die Halle. Das klappt trotz Sprachproblemen recht gut. Auf Englisch, mit Händen und Füßen oder mit Hilfe der Dolmetscher. Wer sich das aber nicht zutraut, ist genauso willkommen. "Wir brauchen immer wieder Unterstützung im rückwärtigen Bereich, bei der Annahme und dem Sortieren der angenommenen Spenden," erklärt DRK-Ehrenamtskoordinatorin Nicole Schnee "da helfen auch schon wenige Stunden in der Woche."

Die Geflüchteten seien jedenfalls froh und dankbar für diese Unterstützung. Allerdings ist auch eins klar: "Viele möchten natürlich so schnell wie möglich wieder in die Heimat zurückkehren", so Betz. Aber oftmals sei das gar nicht möglich, weil ihre alte Heimat zerstört ist oder dort noch oder schon wieder gekämpft wird. Und wie es weiter geht, weiß schließlich niemand.

Die Ungewissheit ist wohl das größte Problem, das die Geflüchteten belastet. Aber angesichts der spendenwilligen Hanauer und der ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer in der Sammelstelle und vielen anderen Bereichen der Stadt haben die Ukrainer zumindest eine Gewissheit: Sie stehen nicht allein.

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Sie haben die Sache voll im Griff: DRK-Kreisgeschäftsführer Stefan Betz (rechts) mit Hilfskräften in der großen Ukraine-Sammelstelle am Hauptbahnhof.

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Trostspender in schwierigen Zeiten: Aus einer großen Gitterbox darf sich jedes Kind ein Kuscheltier aussuchen.


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