Hanauer Straßenbahn: Knapp 44.000 9-Euro-Tickets verkauft

Hanau
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Die Hanauer Straßenbahn (HSB) hat von Mai bis August knapp 44.000 9-Euro-Tickets verkauft. „Damit war das vergünstigte, bundesweit gültig Nahverkehrsticket auch bei uns ein Preis-Renner“, bilanziert Stadtrat Thomas Morlock (FDP) zufrieden. Endlich sei „der ÖPNV mal in aller Munde gewesen“, fast alle könnten mit dem Begriff 9-Euro-Ticket etwas anfangen. Nun wäre es zu begrüßen, wenn mit finanzieller Hilfe von Bund und Land diese „einmalige Ausgangschance“ genutzt werde, indem „so rasch wie möglich ein Nachfolge-Fahrschein folgt“.



Mindestens genauso notwendig sei aber, im Sinne von Klima- und Verkehrswende „die Investitionen in den ÖPNV-Ausbau massiv aufzustocken“, so Morlock weiter. Seine weitere Bewertung: „Das 9-Euro-Ticket war eine schöne Aktion zur temporären Steigerung der ÖPNV-Nutzung. Aber Busse und Bahnen als wesentliche Elemente zur Verkehrswende bedürfen einer nachhaltigen, verlässlichen Finanzierung durch öffentliche Mittel und durch Fahrgeldeinnahmen der Nutzer“.

Der Stadtrat beklagt „die grundsätzliche strukturelle Unterfinanzierung des ÖPNV insbesondere in Hessen“. Das derzeitige Finanzierungssystem gewährleiste nicht einmal den Erhalt des bisherigen Angebots. „Ein Ausbau der Leistungen des ÖPNV, speziell lokaler Busverkehre, als notwendiger Beitrag zur Verkehrswende ist unter diesen Bedingungen ebenso wenig zu schaffen wie der Umstieg auf alternative Antriebe“, fürchtet er. Unter den bestehenden bundes- und landesweiten Finanzierungsbedingungen sei „auch in Hanau das bisherige Angebot kaum aufrecht zu erhalten“. Denn die Querfinanzierung der HSB über die Erträge der Stadtwerke und der Baugesellschaft habe „ihre Grenzen erreicht“.

Das 9-Euro-Ticket habe nichtdestotrotz „im Grundsatz ökologische Vorteile vor Augen geführt“. So wirkte es sich nach Angaben des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV), dem auch die HSB angehört, binnen 92 Tagen positiv auf das Klima aus: Demnach verringerten die eingesparten Autofahrten dank bundesweit verkaufter 52 Millionen 9-Euro-Tickets in diesem Zeitraum den Kohlendioxid-Ausstoß um rund 1,8 Millionen Tonnen. Das Niveau des Verkehrsstaus in zwei Dutzend großen deutschen Städten ist im Sommer des 9-Euro-Tickets um teils mehr als zehn Prozent zurückgegangen, ergaben Untersuchungen des Navigationsgeräte-Herstellers Tomtom. Darüber hinaus hat das Institut der deutschen Wirtschaft errechnet, dass das 9-Euro-Ticket „bremsend“ auf die Inflation gewirkt habe.

Bei der HSB hat das beliebte Ticket dazu geführt, dass die Fahrgastzahlen „das Niveau der Vor-Corona-Zeit wieder erreicht hat, wenn auch möglicherweise nur vorübergehend“, erklärt Geschäftsführer Thomas Schulte. Vor allem die Zubringer-Buslinien zum Hanauer Hauptbahnhof seien „noch stärker ausgelastet gewesen als sowieso üblich“. Die HSB hat deshalb von Beginn an ihre Gelenkbusse, wo es möglich war, noch häufiger eingesetzt.

Schulte sieht hier einen Zusammenhang mit der spürbar höheren Nachfrage vor allem im Freizeitverkehr, die der RMV verbundweit festgesellt hat. „Unsere Busse haben die schnellen Regionalexpress-Zugverbindungen bedienen helfen“, die weiter in besonders attraktive Regionen führen. Damit sehe die HSB zugleich ihren eigenen Kurs bestätigt, dass „auch im wohnortnahen Freizeitverkehr Wachstumschancen für den Stadtbusverkehr in Hanau liegen“. Die HSB bewirbt seit einigen Monaten verstärkt ihre Angebote „Wandern und Erleben“ sowie „Schöne Orte“, bei denen es um Sehenswürdigkeiten in der Brüder-Grimm-Stadt geht.

Bestätigt sieht sich Schulte zudem im Kurs der HSB möglichst viele Vertriebswege für Fahrscheine anzubieten: Von den 44.000 verkauften 9-Euro-Tickets erwarben Fahrgäste fast 20.000 in den Bussen. Mit einigem Abstand folgen rund 12.600 in der RMV-MobilitätsZentrale am Freiheitsplatz. Rund 10.000 Mal waren die Fahrkartenautomaten an Markt- und Freiheitsplatz das Ziel der 9-Euro-Ticket-Kundschaft. Annähernd 2000 kamen im E-Ticket-System des RMV hinzu.

„Spannend wird jetzt die Antwort auf die Frage, zu welchem Preis ein Nachfolgeticket den deutschen ÖPNV stärken wird“, meint Stadtrat Morlock abschließend. Nach einer repräsentativen Umfrage eines Forscherteams der Technischen Universität München ist die Bevölkerung im Durschnitt bereit rund 48 Euro monatlich zu zahlen – also mehr als fünfmal so viel wie im Sommer 2022.


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